US-Zinserwartungen Der große Sprung nach oben

Erhöht die US-Notenbank die Zinsen doch schon im März? Ja, fürchten die allermeisten Investoren. Die Rendite von zweijährigen US-Staatsanleihen ist auf den höchsten Stand seit 2009 gestiegen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Investoren wetten auf den nächsten Zinsschritt. Quelle: dapd

Frankfurt Anfang Dezember war William Dudley noch vorsichtig. Kurz nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten betonte der einflussreiche US-Notenbanker, es sei noch zu früh, um über eine schnellere Gangart bei den US-Zinsen zu entscheiden. Kurz danach erhöhte die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) dennoch den Leitzins um einen viertel Prozentpunkt auf ein Band zwischen 0,50 und 0,75 Prozent. Doch jetzt wird der Ton des ständig stimmenberechtigten Mitglieds im geldpolitischen Ausschuss der US-Notenbank schärfer: Dem Nachrichtensender CNN sagte er am späten Dienstag, dass die Argumente für steigende Zinsen seit der Präsidentenwahl im November viel „überzeugender“ geworden seien.

Damit wirbelt Dudley die Märkte kräftig durcheinander. Gemessen an den am Terminmarkt gehandelten sogenannten Fed Fund Futures erwarten jetzt mehr als 80 Prozent der Händler, dass die Fed den Leitzins schon am 15. März erneut anheben wird. Am Dienstagmorgen waren es nur 50 Prozent gewesen.

Auch an den Anleihemärkten steht der März-Termin plötzlich im Fokus. Der Kurs der zweijährigen US-Anleihe fiel, und die Rendite ist im Gegenzug auf fast 1,3 Prozent geklettert. Damit liegt sie so hoch wie zuletzt im August 2009 und damit kurz nach der Finanzkrise. Mitte Dezember – kurz nach der letzten Zinserhöhung der Fed – war die Rendite zwar schon einmal auf bis zu knapp 1,3 Prozent geklettert, sackte danach aber wieder auf bis zu 1,15 Prozent ab.

Dabei ist Dudley zwar der bedeutendste, aber nicht der einzige US-Notenbanker, der den März-Termin indirekt ins Spiel bringt. Auch John Williams, Chef der Fed von San Francisco, betonte, bei der Fed-Sitzung im März sollte eine Zinserhöhung auf jeden Fall erwogen werden. Zuvor hatte schon der Präsident der Notenbank von Dallas, Robert Kaplan, erklärt, die Fed solle die Zinsen „lieber früher als später“ erhöhen ohne übermäßig auf die Erwartungen an den Märkten zu achten.

US-Notenbankchefin Janet Yellen hatte sich dazu zuletzt Mitte Februar während ihres Rechenschaftsberichts vor dem US-Senat geäußert. Sie betonte, dass auf den nächsten Sitzungen mit weiteren Zinsschritten zu rechnen sei, sollten sich die Daten zu Arbeitsmarkt und Inflation weiter verbessern. Damit hielt sich Yellen alle Türen offen. Angesichts der Unsicherheit um Trumps Fiskalpolitik hatten Investoren aber mehr Zurückhaltung erwartet, zumindest so lange, bis Trump Details zu seinen Plänen veröffentlicht. Vor der Rede von Yellen hatten Händler an den Terminmärkten dem März-Termin für die nächste Zinserhöhung ein Wahrscheinlichkeit von weniger als 30 Prozent eingeräumt.


US-Zinskurve wird flacher

Die erwarteten Details zu seiner Politik blieb der umstrittene US-Präsident auch in seiner ersten Rede am späten Dienstag vor dem US-Kongress schuldig. Zur Geldpolitik sagte Trump gar nichts. Aber: „Kommt es in der aktuellen Vollbeschäftigungssituation in den USA tatsächlich zu dem geplanten starken Anstieg von Staatsausgaben und Verschuldung, dann wird dies den Inflationsdruck erhöhen und damit die Zinserhöhungen der US-Notenbank beschleunigen“, ist Professor Stefan Heinemann, Ökonom beim Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) überzeugt. In diesem Fall dürften auch die Renditen der zweijährigen US-Staatsanleihen noch weiter steigen, denn Zinserhöhungen ziehen vor allem die Renditen von kurzlaufenden Staatsanleihen mit nach oben.

Am langen Ende – also bei den zehnjährigen US-Staatsanleihen – hat sich die Lage dagegen etwas beruhigt. Seit der Trump-Wahl Anfang November ist die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen von 1,8 auf bis zu 2,6 Prozent nach oben geschnellt. Investoren machten sich von Anfang an Sorgen, dass das geplante Infrastrukturprogramm die US-Inflation weiter anheizen wird. Seit Anfang dieses Jahres pendeln die Renditen aber nur noch seitwärts in einer Spanne zwischen 2,5 und 2,3 Prozent. Die US-Zinskurve – der Renditeabstand zwischen kurz- und langlaufenden Bonds – ist damit wieder etwas flacher geworden.

Wirklich attraktiv sind dabei weder zwei- noch zehnjährige US-Staatsanleihen. Die Inflationsrate in den USA liegt schon jetzt bei 2,5 Prozent. Damit zehrt sie die Renditen auf. Interessant sind US-Staatsanleihen allenfalls im Vergleich zu ihren deutschen Pendants. Zweijährige Bundesanleihen rentieren knapp 0,9 Prozent im Minus und zehnjährige Bundesanleihen werfen weniger als 0,3 Prozent Rendite ab. Hier haben das Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) und die Sorgen vor den anstehenden Wahlen in verschiedenen europäischen Ländern die Investoren erneut zum Kauf von sicheren Bundesanleihen getrieben.

Sorgen machen sich Investoren vor allem darüber, wer in Frankreich das Rennen macht. Sollte die Rechtspopulistin Marine Le Pen die Präsidentschaftswahlen gewinnen, würde das Land die Euro-Zone verlassen und den Franc wieder einführen. Ein Sieg Le Pens gilt zwar als unwahrscheinlich, aber nicht als unmöglich.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%