Verbio, CropEnergies Warum Biosprit-Aktien jetzt Chancen bieten

Mit Biogas-Anlagen will MDax-Konzern Verbio weiter wachsen. Quelle: dpa

Bundesumweltministerin Steffi Lemke will bis 2030 auf Biosprit aus Getreide verzichten. Das drückt den Aktienkurs deutscher Biosprithersteller wie Verbio. Für Anleger ist das eine Gelegenheit zum Einstieg.

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Es ist eine dieser politischen Forderungen, die immer wieder mal an die Öffentlichkeit kommen und kurz für etwas Wirbel sorgen, nur um dann aufs Neue in den Hinterzimmern der Ministerien zu verschwinden: Vor wenigen Tagen wurde ein Entwurf öffentlich, in dem Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) fordert, dass Biokraftstoffe seltener aus Pflanzen hergestellt werden sollen, die auch als Nahrungsmittel und als Tierfutter dienen. Bis 2030 soll sogar komplett auf das Beimischen von Biosprit aus Raps, Mais, Weizen oder Soja verzichtet werden.

Ähnlich äußerte sich auch schon Lemkes Parteikollege, Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Statt im Tank sollten Getreide und Ölpflanzen auf dem Teller oder im Futtertrog landen, so die Forderung der beiden Grünen-Politiker.

Neu ist die Forderung nicht. Im Mai vergangenen Jahres stellte Lemke sie erstmals vor. Damals wie heute führte das an der Börse zu Kursverlusten bei Aktien von Biospritanbietern. Der Aktienkurs des Unternehmens Verbio Vereinigte Bioenergie mit Sitz in Sachsen-Anhalt verlor im Zuge von Lemkes jüngster Forderung mehr als acht Prozent an Wert. Beim Konkurrenten CropEnergies sieht es ähnlich aus. Aber: von langer Dauer muss der Kurssturz nicht sein.

Keine nachhaltige Wirkung

Schon im Mai 2022, nach Lemkes erstem Vorstoß, rutschten die Kurse deutscher Biospritanbieter ab – um danach wieder deutlich anzusteigen. Die Aktie von CropEnergies legte zwischen Juni und September um rund 60 Prozent zu. Bei Verbio hätten Anleger sich zwischen Mitte Juni und Mitte November sogar über ein Kursplus von mehr als 80 Prozent freuen können.

Auch jetzt hat die Biospritbranche schnell Argumente parat, warum ihnen die Forderungen aus Berlin nichts anhaben können. Der Tenor: das Getreide, das im Biosprit landet, sei im Wesentlichen ein Abfallprodukt und zum Verzehr ohnehin nicht geeignet. So erklärte es zumindest der Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft prompt, nachdem Lemkes Idee publik wurde.

Tatsächlich spricht einiges für die Aktien der Biosprithersteller. Verbio ist erst im vergangenen Dezember in den MDax aufgestiegen und hat dort die Deutsche Wohnen ersetzt. Das Unternehmen investiert in Produktionsstätten in den USA und baut auch sein Geschäft in Indien aus. Entsprechend unabhängiger wird es vom deutschen Markt. Im indischen Punjab produziert Verbio zudem seit dem vergangenen Jahr Biomethan aus Reisstroh. Nicht nur in Indien, auch in Nordamerika und Deutschland sieht Verbio enorme Strohreserven zur Energieerzeugung.

Für das laufende Geschäftsjahr rechnet Verbio-Chef Claus Sauter mit einem Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von rund 300 Millionen Euro. Das wären deutlich weniger als die im vorangegangenen Geschäftsjahr 2021/22 erzielten 503 Millionen Euro. Grund für die konservativen Ziele sind unter anderem die hohen Investitionen, auch in Deutschland.

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So hat Verbio aktuell offenbar Interesse an der Schwedter Raffinerie PCK. Laut Vorstandschef Sauter könnte Verbio PCK zu einer der größten Bioraffinerien Europas umbauen. Eine Neuausrichtung tut Not: Bisher wurden bei PCK Millionen Tonnen Rohöl verarbeitet, das insbesondere über die Pipeline Druschba aus Russland nach Schwedt kam.

Profiteure der Energiewende

Geht es nach Analysten der Privatbank Hauck & Aufhäuser, stützt die Rolle, die Konzerne wie Verbio bei der Energiewende spielen, langfristig auch deren Aktienkurse. Die Diskussion um ein mögliches Verbot von Biosprit aus Getreide und Ölpflanzen dürfte dagegen auch diesmal keine nachhaltige Negativwirkung auf die Kurse haben, so die Analysten. Vielmehr profitiere Verbio von den Sanktionen gegen Russland.

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Auch Südzucker-Tochter CropEnergies hat jüngst eine zurückhaltende Prognose abgegeben. Für das laufende Geschäftsjahr 2022/23 ließ der Konzern seine Umsatzschätzung zwar unverändert, korrigierte aber den oberen Rand der Ergebniserwartung um zehn Millionen Euro nach unten auf 255 Millionen Euro. Grund dafür sind vor allem die niedrigeren Preise für Ethanol. Der Preis für einen Liter Ethanol ist von über 2,20 Euro im Herbst 2022 auf aktuell unter zwei Euro gesunken.

Zuletzt lief es für das Mannheimer Unternehmen trotzdem rund. Der Umsatz in den ersten neun Monaten des aktuellen Geschäftsjahres lag rund 50 Prozent über dem des Vorjahres. Die gestiegenen Erlöse glichen Belastungen durch höhere Rohstoffpreise mehr als aus. Gut für Anleger: CropEnergies ist breit aufgestellt. 

Das 2006 gegründete Unternehmen produziert nicht nur Ethanol für Biosprit, sondern auch für die Kosmetik- und Pharmabranche. Auch deshalb rechnen Analysten weiterhin mit einem steigenden Gewinn je Aktie. Daneben kommen steigende Preise für Futtermittel dem Unternehmen zugute. Mit dem Zehnfachen des Gewinns ist es an der Börse derweil günstig bewertet.

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Fazit: Wer in Biosprit-Aktien investieren will, kann Kursrücksetzer nach politischen Diskussionen zum günstigen Einstieg nutzen. Dauerhaften Einfluss auf den Kurs haben diese Diskussionen nicht. Von der Energiewende und dem nötigen Ersatz für russisches Öl und Gas dürften die Unternehmen weiter profitieren.

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