Auch Kredite an junge Unternehmen sind durch die regulatorischen Auflagen limitiert. Meist haben Startups kein Rating und auch kaum Sicherheiten vorzuweisen. Die Eigenkapitalhinterlegung eines Kredits wird somit ähnlich wie die eines direkten Investments bewertet, d.h. mit nahezu 100 Prozent. Diese Schwierigkeiten sind für Banken kaum zu überwinden. Sie müssen die Finanzierung riskanter neuer Entwicklungen aus zwei Gründen begrenzen: Erstens weil sie selbst noch damit befasst sind, die Lasten aus den Krisen zu verarbeiten und zweitens, weil sie nicht genug Eigenkapital einwerben können, um das damit verbundene Risiko zu finanzieren.
Im Ergebnis kommt direktes Risikokapital immer seltener von Banken. Junge Unternehmen finanzieren sich stattdessen vorwiegend über alternative Quellen wie etwa Beteiligungs- oder Venture Capital Fonds. Diese werben Geld ein und investieren dies über eine bestimmte Zeit als Eigenkapital in ausgesuchte Unternehmen. Der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften gibt die 2016 investierte Summe mit 5,6 Milliarden Euro an. Seit 2010 fließen so jedes Jahr zwischen vier und acht Milliarden Euro an verschiedene Unternehmen. Hinzu kommt die Option, Finanzierung von Privatanlegern und Investoren via Crowdfunding einzuwerben. Das Prinzip steht zwar sinnbildlich für den Spirit des Web 2.0 und erhielt entsprechend viel mediale Aufmerksamkeit, volkswirtschaftlich hat es allerdings in Deutschland mit einem Volumen von etwa 64 Millionen Euro im Jahr 2016 bisher noch keine signifikante Größe erreicht.
Volkswirtschaftlich wichtig
Auch wenn Finanzinstitute also als Kreditgeber in den Hintergrund getreten sind, steht dennoch Wachstumsfinanzierung zur Verfügung. Allerdings stehen den jährlich circa sechs Milliarden Euro Kreditflow der Venture Capital-Fonds rund 3.000 Milliarden Euro an ausstehenden Privat- und Unternehmenskrediten der in Deutschland aktiven Banken gegenüber. 2016 sind laut Bundesbank 79 Milliarden Euro an neuen Bankenkrediten hinzugekommen.
Der Vergleich macht deutlich, wie wichtig es wäre, dass Banken sich wieder stärker an der Finanzierung wachsender und neuer Wirtschaftszweige beteiligen, anstatt mehrheitlich auf die Sicherheiten von Hypotheken und kleinteiligen Konsumentenkrediten zu setzen. Allein der politische Wunsch, selbst wenn er auf höchster politischer Ebene wie der EU-Kommission vorgetragen wird, vermag an der oben geschilderten regulatorischen Ausgangslage nichts zu ändern.
Zur Kolumne
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Will man Verluste zur Stabilisierung des Bankensystems systematisch klein halten, dann wird Risikofinanzierung schwierig. Doch selbst wenn Banken nur rund zehn Prozent des jährlichen Kreditflows in dieselbe Richtung investierten wie Beteiligungsfonds, wäre das bereits eine Verdoppelung des aktuellen Investitionsaufkommens. Um dies zu erreichen, sollte bei der zukünftigen Gestaltung des Regulierungsrahmens über eine begrenzte Erleichterung der Eigenkapitalanforderungen für bestimmte Risikofinanzierungen und Beteiligungen nachgedacht werden. Auch die Anleger, könnten unter Wahrung von Transparenz und Risikoeinschätzung an solchen Finanzierungen beteiligt werden. Ob sich durch eine begrenzte Risikofinanzierung von Startups und aufstrebenden Unternehmen durch Banken das Risiko einer Bankenkrise erhöhen wird, ist schwer vorherzusagen, aber jedenfalls nicht erwiesen. Gefahr droht eher aus denkbaren Lawineneffekten, ausgelöst durch zu große Gewichtung einzelner Branchen und Staaten in der Kreditvergabe. Denn dort liegen aufgrund vorhandener Ratings und Sicherheiten die Schwerpunkte in der Kreditvergabe der Banken.
Und noch ein Gedanke ist wichtig. Finanzinstitute sind in unserem Geldsystem die einzigen, die durch ihre Kreditvergabe „neues Geld” schaffen also die Geldmenge vergrößern. Kommen neue Buchkredite hinzu, dann steigen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Nachfrage nach neuen Gütern und Dienstleistungen. Venture Capital Fonds können nur bereits gespartes Vermögen einsetzen, nicht aber neues Geld schaffen. Unter diesen Bedingungen ist der Einsatz von Banken zur Wachstumsfinanzierung volkswirtschaftlich deutlich expansiver. Diesen Nachteil können Nichtbanken, und dazu gehören sowohl der Staat als auch Fonds, nur dadurch wettmachen, dass sie sich wiederum selbst bei den Banken refinanzieren. Sofern das geschieht, wären die Banken dann doch wieder mit im Boot, wenn auch unter geänderten Vorzeichen und mit Fremd- statt mit Eigenkapital. Will man jedoch eine signifikante Erhöhung des Finanzierungsvolumens für Risikokaptal erreichen, dann ist eine direkte Beteiligung der Banken der indirekten über Fonds vorzuziehen.