Vor dem Treffen in Jackson Hole Spekulanten setzen auf starken Euro

Beim Treffen der wichtigsten Notenbanker der Welt steht für Investoren das Währungsthema im Fokus. Die Zahl der Wetten auf einen steigenden Euro liegt auf Rekordniveau. Doch die Finanzprofis könnten sich irren.

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Eine Euro-Münze steht in einer Wasserfläche, in der sich ein Dollar-Geldschein spiegelt. Seit Jahresanfang ist die europäische Gemeinschaftswährung gegenüber dem Greenback um elf Prozent gestiegen. Quelle: dpa

Düsseldorf Vor drei Jahren war das Treffen der wichtigsten Notenbanker der Welt in der US-Stadt Jackson Hole ein historisches Ereignis: Damals leitete Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), den Beschluss ein, massiv Anleihen zu kaufen. Ein Programm, das die Finanzmärkte veränderte. Die Renditen auf dem Anleihenmarkt fielen drastisch, im Gegenzug floss das Geld mangels Alternativen in den Aktienmarkt. Seitdem ist beispielsweise der Dax von rund 9.000 auf über 12.000 Punkte gestiegen.

Doch bei dem Treffen der Notenbanker in Jackson Hole 2017 steht nicht der Anleihenmarkt, sondern die europäische Gemeinschaftswährung im Blickpunkt. Denn über die Zukunft des Kaufprogramms von Bonds will der EZB-Rat erst im Herbst entscheiden. Aber der Euro bereitet den Währungshütern Kopfzerbrechen.

Die Ausgangslange: Der Euro hat in diesem Jahr gegenüber dem Dollar um mehr als elf Prozent zugelegt – der größte Anstieg innerhalb eines Jahres seit 2003. Und einige Ratsmitglieder fürchten einen weiteren Kursanstieg der europäischen Gemeinschaftswährung. Es sei „die Sorge über ein mögliches künftiges Überschießen des Wechselkurses geäußert worden“, heißt es im Protokoll der Juli-Sitzung der Notenbank. Am Devisenmarkt hat sich dieser Wechselkurs bei 1,17 bis 1,18 Dollar je Euro eingependelt.

Denn ein starker Euro wirkt ähnlich wie eine geldpolitische Straffung: Er macht Waren hiesiger Firmen auf dem Weltmarkt teurer und verschlechtert dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit – gleichzeitig macht er Importe billiger und drückt so die Inflation im Euro-Raum. Der Preisanstieg soll, so der explizite Wunsch von Draghi, in Richtung zwei Prozent steigen. Derzeit liegt die Inflation bei 1,3 Prozent.

„Der Markt wird jeden Satz von Draghi in Jackson Hole genau untersuchen, dessen sind wir uns sicher“, meint Charles Zerah, Manager der Fondsgesellschaft Carmignac. Für ihn steht fest: „Der Euro sollte danach weiter kontinuierlich im Wert steigen.“ Zerah selbst setzt mit seinen Investments auf einen starken Euro, teilweise auf das Währungspaar Euro/Yen.

Mit dieser Einstellung ist Zerah nicht allein. Daten des Wirtschaftsnachrichtendienstes Bloomberg zufolge setzen Finanzprofis in großem Stil auf einen starken Euro, ablesbar am Optionsmarkt. Dort hat die Zahl der Dreimonatskontrakte auf einen steigenden Euro versus Dollar gegenüber dem Szenario fallender Euro im vergangenen Monat Juli ein neues Achtjahreshoch erreicht.


Extremwerte als Warnsignal

Solche Extremwerte sind nach Ansicht mancher Experten ein regelrechtes Warnsignal – beziehungsweise ein Kontra-Indikator. „Die Long-Positionen auf den Euro am Terminmarkt haben ein Rekordniveau erreicht – ein Umstand der oftmals auf eine Trendwende hindeutet“, lautet das Fazit der Landesbank Baden Württemberg (LBBW). Für die Analysten sollten Anleger nicht zu „bullish“ für den Euro werden. Schließlich mache die Zinsdifferenz weiterhin Anlagen in Dollar relativ attraktiv.

Auch für Larry Hatheway, Chefökonom der Vermögensverwaltungsgruppe GAM, ist das Ende der Dollar-Schwäche erreicht. Denn genau wie auf einen steigenden Euro zu setzen haben auf der anderen Seite viele auf einen fallenden Greenback spekuliert. Für Hatheway rechnen viele Anleger bis zum Jahresende nicht mehr mit einer Zinserhöhung durch die US-Notenbank. „Damit liegen sie vermutlich falsch“, meint er.

Obwohl der nächste geldpolitische Schritt der Fed vermutlich auf eine allmähliche Bilanzreduzierung abzielen werde, sei die Mehrheit ihrer Entscheidungsträger der Ansicht, dass die US-Geldpolitik sehr expansiv bleibt – insbesondere angesichts der sinkenden Arbeitslosenquote. Dies lasse vermuten, dass die Fed den Leitzins in diesem Jahr noch einmal anheben und damit den Dollar stützen werde.

Doch genauso wie 2014, als das Anleihenkaufprogramm die Aktienmärkte beeinflusste, dürfte eine deutliche Veränderung des Wechselkurses Euro/Dollar ebenso die Aktienkurse beeinflussen. Denn für den deutschen Leitindex Dax gilt derzeit: Ein fallender Euro lässt die Notierungen der deutschen Aktien steigen - und umgekehrt.

So fällt die Korrektur des deutschen Aktienmarktes seit dem Allzeithoch von 12.951 Punkten Mitte Juni fast zeitgleich mit dem steigenden Euro zusammen. Was zwangsläufig bedeuten dürfte: Ein weiter steigender Euro dürfte den Kursverfall der exportstarken deutschen Aktien beschleunigen. Eine Trendwende beim Euro-Kurs hingegen dürfte die Frankfurter Benchmark wieder in Richtung Rekordhoch treiben.

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