Die US-Notenbank Fed entscheidet am Mittwochabend erneut über ihre geldpolitische Richtung. Geht sie weiter turnusgemäß vor, dürfte sie das Ende ihres Anleihekaufprogramms verkünden. Noch ist eine Zinserhöhung allerdings unwahrscheinlich. Ein Blick auf die wirtschaftliche Situation zeigt die Gründe. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur heutigen Entscheidung.
Wie geht es der US-Wirtschaft?
Die größte Volkswirtschaft der Welt befindet sich auf dem Weg zurück zu alter Stärke. Der Einbruch des Wachstums im ersten Quartal 2014 – damals ging das BIP im Vergleich zum Vorquartal um satte 2,9 Prozent nach unten – war eine Wachstumsdelle, so viel steht heute fest, kein nachhaltiger Einbruch.
Der starke Winter hatte damals die Wirtschaft abgewürgt. Im zweiten Quartal wuchsen die USA um 4,6 Prozent. Auch der Arbeitsmarkt zeigt eine positive Entwicklung und nähert sich mit einer Arbeitslosenquote von 6,1 Prozent dem Niveau von vor der Rezession.
„Die USA stehen wirtschaftlich so gut da wie noch nie unter US-Präsident Barack Obama“, sagt Martin Thunert, Dozent und Politikwissenschaftler am „Center for American Studies“ der Universität Heidelberg. Und auch der Trend ist positiv. Thunert glaubt, dass Obama sein Land wirtschaftlich in einem „sehr guten Zustand“ übergeben wird.
Biografische Daten der Fed-Chefin
Janet L. Yellen
Janet Yellen wurde am 13. August 1946 (Alter 71) im New Yorker Stadtteil Brooklyn geboren.
Bachelor-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften von der Brown University (US-Staat Rhode Island, 1967); Doktor in Wirtschaftswissenschaften von der Yale University (US-Staat Connecticut, 1971)
Seit dem 1. Februar 2014 ist Yellen in der Nachfolge von Ben Bernanke Präsidentin des Federal Reserve Board (FED); von 2010 bis 2014 war sie Vizepräsidentin des FED; von 2004 bis 2010 Präsidentin der Federal Reserve Bank of San Francisco; von 1997 bis 1999 Vorsitzende des Rats der Wirtschaftsberater des Weißen Hauses (Council of Economic Advisers); von 1994 bis 1997 Mitglied des Federal Reserve Board of Governors; von 1980 bis 1994 Lehrkraft an der University of California, Berkeley; von 1978 bis 1980 Dozentin an der London School of Economics and Political Science; von 1977 bis 1978 Ökonomin bei der Federal Reserve; von 1971 bis 1976 Assistenzprofessorin an der Harvard University.
Verheiratet mit George A. Akerlof, Wirtschaftsnobelpreisträger und Professor an der kalifornischen Berkeley-Universität; ihr Sohn, Robert Akerlof, ist Assistenzprofessor an der University of Warwick.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt ein Wirtschaftsausblick der Unternehmensberatung Deloitte. Dort heißt es: „Im internationalen Handel überwogen die Importe, doch privater Verbrauch, Anlageinvestitionen und Lagerbestände tragen zur positiven Gesamtentwicklung bei. Dies lässt ein starkes zweites Halbjahr erwarten, das 2015 seine Fortsetzung finden kann.“
Was könnte den guten Trend gefährden?
Die weltweite Konjunktur. Während sich die USA langsam wieder den Ruf einer Konjunkturlokomotive erarbeiten, lahmt das Wachstum in Deutschland, in Europa und auch in den Schwellenländern. Das führt auch in den Vereinigten Staaten von Amerika zu einer gewissen Nervosität.
Zu sehen ist das an der Zahl der Aufträge in den USA für langlebige Güter. Sie ist im September überraschend zurückgegangen. Die Bestellungen für Güter mit einer erwarteten Lebensdauer von mindestens drei Jahren gingen um 1,3 Prozent zurück, so das Handelsministerium in Washington.
„Die Firmen scheinen sich Gedanken zu machen – nicht so sehr über das Wachstum in den Vereinigten Staaten, sondern über das Wachstum weltweit; deshalb sind sie sehr vorsichtig“, zitiert die Nachrichtenagentur Bloomberg Nariman Behravesh, Chefvolkswirt bei IHS Inc. in Lexington, Massachusetts.
Was erwarten Anleger von der Fed?
Dass die US-Notenbank ihr milliardenschweres Anleihekaufprogramm wie geplant beenden wird, gilt unter Marktteilnehmern als sehr wahrscheinlich. Eher wäre es als negativ zu bewerten, wenn das Ende des Programms hinausgezögert würde. Denn das würde andeuten, dass Fed-Chefin Janet Yellen und ihre Kollegen mit der konjunkturellen Lage unzufrieden sind beziehungsweise schwere Risiken auf die US-Wirtschaft zurollen sehen. Die entscheidende Frage ist allerdings, wann die Fed erstmals wieder die Zinsen erhöhen könnte.
Es kommt auf die Wortwahl an
Noch gehen Finanzmarktteilnehmer davon aus, dass der Leitzins weiter auf seinem Rekordtief nahe Null verweilen wird. "Die Fed-Chefin hat immer noch sehr gute Argumente auf ihrer Seite, warum sie die Leitzinswende noch nicht einleiten will", fassten die Analysten der National-Bank zusammen.
So sei am Arbeitsmarkt die Unterbeschäftigungsquote weiter "ungewöhnlich hoch", zudem seien neue Jobs vor allem im Niedriglohnsektor geschaffen worden, nicht in den anderen Sektoren. Zudem senkte die Zentralbank erst kürzlich die Wachstumsprognosen.
Entsprechend werden Investoren wieder auf jedes Wort der Fed achten. In der letzten Erklärung der Notenbank hieß es noch, der Zins werde noch eine "beträchtliche Zeit" zwischen 0 und 0,25 Prozent bleiben.
Was bedeutet das Ende des Anleihekaufprogramms?
Direkte Auswirkungen auf die Märkte erwarten Händler nicht, zumal die Fed ihr Programm schrittweise zurückgefahren hat und die Märkte vorbereitet sind. Stellt sich allerdings die Frage, ob das Programm erfolgreich war.
Durch ihr Anleihekaufprogramm, welches die Fed Ende 2008 startete, hat sich die Bilanzsumme der Notenbank von rund 750 Milliarden Dollar auf 4,5 Billionen Dollar aufgebläht. Eigentlich sollte so die Kreditvergabe angekurbelt werden. Tatsächlich haben die Unternehmen allerdings vielmehr höhere Cash-Reserven angehäuft. Auch Sachwerte wie Aktien sind deutlich im Kurs gestiegen.
Wie ist die hohe Bilanzsumme zu bewerten?
Nicht nur bei der Fed, auch bei der Europäischen Zentralbank (EZB) ist die Bilanzsumme durch die Hilfsprogramme der Notenbanken enorm angestiegen. Zwar war sie bei den Frankfurtern zwischenzeitlich rückläufig, als die Banken ihre Langfristkredite (LTROs) aus dem ersten Tenderprogramm zurückzahlten. Jetzt steigt sie allerdings wieder, da die Bank mit dem Kauf von Pfandbriefen und verbrieften Krediten, sogenannten ABS, begonnen hat.
Im Fall der Fed dürfte sich die Bilanzsumme ohne das Anleihekaufprogramm jetzt nicht mehr so stark ausdehnen wie zuvor. Mit dem Abschmelzen der Bilanz will Yellen aber erst beginnen, wenn die Zinsen erhöht werden. Die Commerzbank beispielsweise schätzt, dass sich die Bilanz erst Anfang der 2020er Jahre normalisieren wird.
Bisher, sagen Beobachter, hat sich noch nicht einmal das Wachstum der Fed-Bilanzsumme nennenswert verlangsamt. Das spricht dafür, dass die US-Banken weiterhin einen hohen Teil ihrer Reserven bei der Zentralbank geparkt haben.
Das wiederum zeigt, dass das Vertrauen der Institute untereinander noch zu wünschen übrig lässt. Bis die Institute sich wieder normal untereinander auf einem funktionierenden Interbankenmarkt Geld leihen, könnte es also noch dauern.