Vorsprung durch Tempo Diese 7 Aktien chinesischer Internetriesen haben Potenzial

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Gezockt wird immer, gerade in China

Auf eine ähnlich hohe Nutzerzahl wie Pinduoduo kommt auch der 2010 aus dem Zusammenschluss einer Shanghaier Restaurant-Bewertungsplattform und einer Pekinger Discount-Plattform entstandene Lieferdienst Meituan Diangping (ISIN KYG596691041). Bei Essenslieferungen liegt das Unternehmen mit einen Marktanteil von 55 Prozent vor Alibabas Lieferdienst Ele.me, der 40 Prozent des Marktes bedient. Über die App von Meituan lässt sich aber nicht nur Essen bestellen, sondern auch unzählige andere Dienstleistungen, etwa Leihfahrräder, Hotelzimmer, Reisen, Carsharing-Dienste oder Friseur-, Kosmetik- und Massage-Termine. 

Die neuen Quartalszahlen setzen der Rally der BYD-Aktie ein jähes Ende. Trotz solidem Wachstum verfehlte der E-Auto-Pionier die Erwartungen. Kommt jetzt die Konsolidierung – und böte sie Chancen für einen Einstieg?
von Jan-Lukas Schmitt

James Anderson, Partner der schottischen Vermögensverwaltung Baillie Gifford und Experte für chinesische Technologieunternehmen traut Meituan Diangping zu, bis zum Ende des Jahrzehnts in den Kreis der Internetgiganten aufzusteigen, deren Marktwert die Grenze von einer Billion Dollar übersteigt. Sollte sich das atemberaubende Wachstum fortsetzen wie bisher, könnte das auch schon früher passieren. Meituan ist mit über 170 Milliarden Dollar Börsenwert bereits das drittwertvollste Internetunternehmen Chinas hinter Alibaba und Tencent.

Wer sucht, wird fündig

Das Geschäft von Internetsuchmaschinen speist sich vor allem aus Werbeeinnahmen. Ein Selbstläufer ist dieses Geschäftsmodell nicht mehr. Baidu (ISIN US0567521085) kommt zwar auf einen hohen Marktanteil von über 60 Prozent, allerdings wächst der Konkurrenzdruck durch Apps anderer Anbieter, in denen Suchfunktionen bereits integriert sind, Anwender also nicht mehr wechseln müssen zu eigenständigen Suchmaschinen. Forciert wird diese Entwicklung, weil sich das Geschehen im Netz immer mehr vom stationären PC auf mobile Endgeräte verlagert. Baidu reagiert auf die Herausforderungen und investiert in neue Geschäftsfelder, etwa in den Bereich Künstliche Intelligenz und Autonomes Fahren. Dafür liegen immerhin noch rund elf Milliarden Dollar Nettoliquidität unangetastet in der Kasse. Diese Summe allein deckt bereits gut ein Viertel der Börsenwertes von Baidu ab. Die Aktie gehörte zuletzt nicht zu den High-Flyern. Jetzt aber könnte die Zeit gekommen sein für einen antizyklischen Einstieg. 

Dafür ist es bei Sina (ISIN KYG814771047) wohl leider ein paar Wochen zu spät. Nach zwei Jahrzehnten läuft für den Betreiber des Infotainment-Portals sina.com und des Kurznachrichtendienst Weibo die Zeit an der Börse New York allmählich ab. Unternehmenschef Charles Chao will Sina von der Börse nehmen. Die von Chao kontrollierte Holding New Wave bietet 43,30 Dollar pro Anteilsschein in bar. Der Kaufpreis von rund 2,6 Milliarden Dollar wird vor allem über Schulden finanziert. Dass Chao noch einen Aufschlag draufpackt, ist eher unwahrscheinlich. Die Mindestannahmequote für das Angebot liegt bei zwei Drittel der Stimmrechte. Gut 60 Prozent hat sich New Wave allerdings schon gesichert. Trotz über 520 Millionen Nutzer verliert Weibo für den Werbemarkt an Bedeutung durch den Wechsel der Nutzer von textbasierten Apps zu Kurzvideo-Diensten wie TikTok/Douyin von ByteDance. Um neue Nutzer anzulocken, hat Sina Oasis gestartet, ein mit Instagram vergleichbares Angebot.

Bewegte Bilder werden in China vermehrt auch zur Verkaufsförderung im Onlinehandel eingesetzt. Über Livevideos geben ausgesuchte Meinungsführer oder Promis, so genannte Key Opinion Leader, kurz KOP, ihre Empfehlungen ab. Schroders-Analyst Pun beschreibt dieses im Westen noch kaum verbreitete Konzept als Mischung aus Social-Media-Influencing und Home-Shopping-TV. 

Aussichtsreiche chinesische Technologiekonzerne

Aufholen mit Abos im Reich der Spieler

Gezockt wird immer, gerade in China. Rund 600 Millionen aktive Online-Spieler machen das Land zu einem Reich der Spieler. Etabliert, erfolgreich und profitabel auf diesem Spielfeld ist Netease (ISIN KYG6427A1022). Zum Konzern gehört auch der beliebte Musikstreaming-Dienst NetEase Cloud Music mit mehr als 800 Millionen registrierten Nutzern. Bei der Nutzerzahl liegt Netease etwa gleichauf mit Tencent Music Entertainment (ISIN US88034P1093), dem Streamingdienst des Internetgiganten Tencent (ISIN KYG875721634). Bei Onlinespielen hat Tencent mit einem Marktanteil von 55 Prozent die Nase vorn. Zum Tencent-Imperium gehören auch WeChat, der mit einer Milliarde Teilnehmer meistgenutzte Messenger-Dienst des Landes, sowie der hinter Alipay zweitgrößte Onlinebezahldienst Tenpay/WeChat Pay. Obendrauf erhalten Anleger mit der Tencent-Aktie noch ein breit gefächertes Beteiligungsportfolio mit aussichtsreichen Start-up-Unternehmen und bereits etablierten, an der Börse notierten Gesellschaften. Zu diesen gehören etwa JD.com und Meituan Diangping. 

Wo Chinas Internetsektor gegenüber anderen Ländern tatsächlich noch Aufholbedarf hat, ist der Aufbau rentabler Abo-Modelle. Stärker noch als anderswo auf der Welt haben sich chinesische Verbraucher daran gewöhnt, kostenlose Dienste zu erhalten. So greifen erst fünf Prozent der Nutzer zu auf die zahlungspflichtigen Inhalte von Tencent Musik Entertainment. Zum Vergleich: Bei Spotify liegt die Abo-Quote bei 45 Prozent. Für den Online-Video-Streaming-Anbieter Iqiyi (ISIN US46267X1081) erschwerend hinzu kommen noch die stark steigenden Kosten für die Produktion eigener exklusiver Serien und Filme. Ein Problem, das auch der US-Streaming-Pionier Netflix zunehmend spürt.

Allmählich legen die Abonnentenzahlen für zahlungspflichtige Inhalte aber auch in China zu. Sollten die frei verfügbaren Haushaltseinkommen im Land weiter steigen, dann sollten sich auch immer mehr Abo-Modelle verbreiten und behaupten können. 


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Sturm im Wasserglas

Anleger, die auf einen Wahlsieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl setzen, sollten mit großen Käufen chinesischer Internetaktien vielleicht erst die Reaktion der Börse auf die Wahl abwarten. Trump wird nach einer Bestätigung im Amt den chinesischen Unternehmen vermutlich noch mehr Schwierigkeiten machen. Das könnte zwischenzeitlich für Kursturbulenzen sorgen. Mit Blick auf die starken Kursanstiege in diesem Jahr wäre dann zu befürchten, dass Anleger auf Nummer sicher gehen und ihren hohen Gewinne mitnehmen. Doch auch diese Korrektur wäre vermutlich nur ein Sturm im Wasserglas. Denn der heimische Markt und die mit China eng  verflochtenen asiatischen Nachbarländer bieten den chinesischen Tech-Giganten auf lange Sicht weitaus höhere Wachstumsmöglichkeiten, als ihnen auf dem US-Markt womöglich verloren gingen.  

Mehr zum Thema: Geld in Technologie-Aktien anlegen: So profitieren Sie von Chinas Tech-Boom

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