VW-Aktie Günstig - aber gefährlich

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Unkalkulierbare Gewinneinbußen

Bislang ist bekannt, dass VW im dritten Quartal 6,5 Milliarden Euro zurückstellen will, um für Schadenszahlungen gewappnet zu sein. „Die bereits zurückgestellten 6,5 Milliarden sind zu wenig", sagt Frank Schwope. Für Nachbesserungen an den Autos, vielleicht sogar Rücknahme einiger Fahrzeuge und Strafzahlungen sollte man mit einer breiten Spanne rechnen, ein Kapitalmarktexperte rechnet sogar mit einem dreistelligen Milliardenbetrag. „Insgesamt müsste VW wohl über zehn Milliarden Euro dafür veranschlagen", schätzt Schwope. Zwar hielt Volkswagen im ersten Halbjahr 2015 Barreserven von rund 17,5 Milliarden Euro ohne Wertpapieranlagen. Die könnten so aber schnell aufgezehrt werden.

Anzeichen von Schwäche im ersten Halbjahr

Und abgesehen von der Abgas-Krise lief es für Volkswagen ohnehin nur mäßig, die Absatzzahlen auf den wichtigsten Märkten weltweit schwächelten im ersten Halbjahr 2015: in China setzten die Wolfsburger vier Prozent weniger Pkw ab als im gleichen Zeitraum 2014; in Brasilien gingen die Verkaufszahlen um ein Viertel zurück und das Wachstum in den USA enttäuschte mit nur zwei Prozent. Einzig auf dem westeuropäischen Markt stimmten die um sechs Prozent gestiegenen Verkaufszahlen ein wenig optimistisch. Unter Strich blieben die Gewinne für das erste Halbjahr aber knapp ein Prozent unter denen des Vorjahres, auch wenn VW seinen Umsatz um zehn Prozent auf 108,7 Milliarden steigern konnte.

Schwope schätzt, dass auch die Umsätze und Gewinne im kommenden Jahr unter dem Vertrauensverlust in die Marke Volkswagen leiden werden. Wie stark genau, mag er noch nicht berechnen. „Man kann mit Prognosen im Moment nur falsch liegen.“

Selbst Volkswagen schreibt in seiner Adhoc-Mitteilung: „Aufgrund der laufenden Untersuchungen unterliegt der angenommene Betrag [von 6,5 Milliarden Euro] Einschätzungsrisiken. Die Ergebnisziele des Konzerns für das Jahr 2015 werden dementsprechend angepasst.“ So dürfte spätestens die Veröffentlichung der Zahlen für das dritte Quartal am 28. Oktober den nächsten Rücksetzer im Kurs geben, wenn Volkswagen offenbart, wie massiv es den Einfluss von Nachbesserungen und Schadenszahlungen auf seine Gewinne in diesem Jahr einschätzt. Erst dann können Anleger ungefähr abschätzen, wie es mit dem VW-Konzern weitergehen könnte.

Aufarbeiten wird Volkswagen den Skandal in diesem Jahr aber wohl nicht mehr vollständig. „Die Krise wird zwei bis drei Jahre dauern“, schätzt Analyst Schwope. „In den USA aufgrund der Sammelklagen wohl noch ein bisschen länger.“

Wer also langfristig an den deutschen Autobauer glaubt, dürfte noch einige Gelegenheiten bekommen, zu attraktiven Kursen einzusteigen. So lassen sich unberechenbare Rückschläge vermeiden, die momentan noch jede Stunde nach neuen Details zur Krise drohen.

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