Währungen Warum der Dollar schwächelt

Trump will keinen starken Dollar. Siehe da: Es gelingt. Doch das liegt weniger am Erfolg als vielmehr am Nicht-Erfolg des US-Präsidenten. Die wenigsten Analysten rechnen noch mit einem Euro-Dollar-Kurs von eins zu eins.

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Einen Wechselkurs von einem Euro für einen Dollar hat es zuletzt 2002 gegeben, dem Jahr, in dem der Euro als offizielles Zahlungsmittel eingeführt wurde. Quelle: Reuters

Frankfurt Die Bilanz des US-Dollar der vergangenen Wochen fällt mau aus. Die US-Währung schwächelt. Der Dollar-Index, der die amerikanische mit den zehn nächstgroßen Währungen vergleicht, ist seit Ende Dezember um knapp vier Prozent gefallen. Und das umsatzträchtigste Währungspaar der Welt, Euro-Dollar, steht kurz vor einer Rückkehr zu einem Kurs von 1,10 Dollar je Euro, statt der vorhergesagten Parität, also einem Tausch von einem Dollar für einen Euro.

Kaum jemanden dürfte das mehr freuen als den US-Präsidenten Donald Trump. Seit Monaten beklagt er sich über einen zu starken Dollar. Jüngst hatte er sich im April in einem Interview mit dem Wall Street Journal darüber beschwert. Auf den ersten Blick scheint es, als entfalteten die Worte Trumps ihre Wirkung. Doch das ist allenfalls ein kleiner Teil der Wahrheit. Denn es ist vielmehr das Scheitern des Präsidenten, das den Dollar schwächeln lässt.

Um das zu verstehen, muss man zurückgehen in den November 2016, als Donald Trump zum neuen amerikanischen Oberhaupt gewählt wurde. Obwohl der Republikaner die Mehrheit der Wahlmänner-Stimmen erhielt, missfiel vielen US-Bürgern der Wahlausgang. Tausende Menschen gingen auf die Straßen, brüllten „Not my president“.

Doch die Finanzmärkte jubilierten. Schließlich stand mit Trump nun ein Mann an der Spitze, der umfassende Steuererleichterungen, die Deregulierung des Energie- und Finanzsektors und nicht zuletzt ein gewaltiges Infrastrukturprogramm versprach. Sein Kabinett bestückte der bis dato als Immobilien-Unternehmer tätige Trump mit Männern aus der Wirtschaft. Die Regierung Trump, so interpretierten es die Märkte, wird Wirtschaft und Arbeitsmarkt auf neue Höhen treiben.

Im Zuge dessen kletterten nicht nur die US-Börsen auf Rekordhöhen, auch der Dollar stieg immer weiter. Im November erreichte der Dollar-Index ein 14-Jahres-Hoch. Und auch bei dem wichtigsten Währungspaar, Euro-Dollar, schien es nur noch eine Frage der Zeit, bis ein Euro wieder nur einen Dollar kosten würde. Das hat es seit 2002 nicht gegeben.

Schon im ersten Halbjahr 2017, wenn nicht gar in den ersten drei Monaten des Jahres, könnte es soweit sein, prognostizierten Analysten namhafter Banken wie Morgan Stanley, Deutsche Bank oder der Citigroup. Die ersten drei Monate verstrichen, ohne dass so etwas geschah. Selbst bis Ende des Jahres scheint die Marke außer Reichweite. Im Mittel liegen die Prognosen der Analysten bei 1,07 Dollar je Euro.


Trumps Dollar-Dilemma

Was ist passiert? Da ist zunächst einmal Donald Trump. Dem neuen US-Präsidenten gelang es in den ersten Monaten seiner Amtszeit zwar, einigen Unternehmen Investitionsversprechen in den USA abzuringen. Das sollte das Vertrauen in die USA und in seine Währung stärken. Doch mit seinen großen politischen Versprechen kommt Trump mit Dekreten im Alleingang nicht voran: Sein erstes Einreiseverbot für Menschen aus sieben muslimischen Ländern wurde von der Justiz kassiert, seine Gesundheitsreform zur Abschaffung von Obamacare hat er aus Mangel an Unterstützung aus den eigenen Reihen noch vor einem drohenden Abstimmungsdebakel zurückgezogen, für die Mauer an der Grenze zu Mexiko gibt es im US-Haushalt vorerst nicht genügend Budget und trotz der angekündigten Senkung der Unternehmenssteuer von 35 auf 15 Prozent bleiben die Finanzmärkte wegen fehlender Details noch zurückhaltend.

„Nach 100 Tagen im Amt hat der Präsident jedoch kaum konkrete Erfolge vorzuweisen. Im Gegenteil: seine Unfähigkeit einen klaren Kurs zu fahren – bestes Beispiel: Syrien – verunsichert zunehmend“, zieht die Analystin Sonja Marten von der DZ Bank Bilanz. Besorgniserregend sei, dass im selben Maße, wie Hoffnungen auf frische positive wirtschaftliche Impulse schwinden, die politische Anfälligkeit des Dollars wächst.

Die einstige Trump-Euphorie am Markt ist Skepsis gewichen. Donald Trump könnte sich demzufolge zwar über einen schwächeren Dollar als zu seinem Amtsantritt freuen. Der Groll über die Gründe dafür dürfte indes überwiegen.

Entgegen der Mehrheit der Analysten rechnet die amerikanische Großbank Morgan Stanley nur mit einer vorübergehenden Schwächephase des Dollars. Die Wirtschaft laufe gut, was eine wichtige Grundlage sei, schrieb Morgan-Stanley-Devisenstratege Hans-Redeker mit seinem Kollegen Gek Teng Khoo in der vergangenen Woche. Dies drückt sich dieser Tage vor allem am amerikanischen Aktienmarkt aus, der auf Rekordniveaus notiert. Morgan Stanley glaubt als eine der wenigen verbliebenen Banken daran, dass Euro und Dollar innerhalb der kommenden Monate die Parität erreichen. Mehr noch: Bis Ende des Jahres könnte der aktuelle Kurs um elf Cent auf dann nur noch 0,97 Dollar je Euro fallen.

Einer der Gründe für ihre Sicht: Trumps Steuerreform. Diese werde nicht zuletzt amerikanische Unternehmen anreizen, Kapital aus anderen Ländern in die USA zurückzuholen. „Es geht um die Rückführung eines Teils der 2,6 Billionen Dollar, die amerikanische Unternehmen an Gewinnen im Ausland halten“, argumentieren Redeker und Khoo. Diese Maßnahme könnte wiederum Ausgaben in den USA anreizen – was den Dollar stärken dürfte.

Doch aus einem Dilemma werden die USA so schnell nicht entkommen: Schlagen Trumps Reformen durch, wird der Dollar gegenüber anderen Währungen aufwerten und damit werden auch amerikanische Güter auf dem Weltmarkt teurer. Importe werden hingegen billiger. Die von Trump immer wieder kritisierte negative Leistungsbilanz – also die Tatsache, dass sein Land mehr Güter ein- als ausführt – dürfte das kaum ausgleichen.


Die gelpolitische Kursmacht

Hinzu kommt, dass der Dollar auf die Impulse der Geldpolitik reagieren wird. Und die sprechen für einen Aufwärtskurs. Auf der Mai-Sitzung des geldpolitischen Komitees der Zentralbank Fed, dem FOMC, wurde zwar keine Zinserhöhung beschlossen. Doch ein Anstieg wird immer wahrscheinlicher. Das lässt den Dollar am Donnerstag zwar noch keine ungeahnten Höhen erklimmen. Doch mit der Zinserhöhung liegen die USA weiter deutlich vor anderen großen Währungsräumen wie der Euro-Zone oder Japan.

Die höheren Zinsen sollten mehr Kapital in die USA locken, was den Dollar steigen lassen dürfte. Die Analystin Antje Praefcke von der Commerzbank betont allerdings: „Es kommt für den Dollar auf die Geschwindigkeit der zukünftigen Zinserhöhungen an, nicht auf das genaue Timing.“ Bislang besteht die Aussicht, dass die Fed den Leitzins in diesem Jahr nach dem Zinsschritt im März noch zwei weitere Male anhebt.

Dass die meisten Analysten die Parität von Euro und Dollar nun wieder abgeschrieben haben, liegt nicht zuletzt am Ausblick für die Eurozone. Die Gemeinschaftswährung wurde in den vergangenen stark von den politischen Risiken belastet. Nachdem die Rechtspopulisten in den Niederlanden nicht an die Macht kamen und Marine Le Pens Front National in Frankreich nur noch geringe Aussichten auf einen Wahlerfolg am Sonntag eingeräumt werden, nehmen die Schrecken ab.

Noch klarer auf die Währungskurse wirkt indes der Kurs der Europäischen Zentralbank EZB. Von Draghi und seinen Notenbankern ist in naher Zukunft zwar kein Zinsanstieg wie in den USA zu erwarten. Allerdings scheint die EZB mit dem zwar verlängerten Anleihekaufprogramm, allerdings zu geringeren monatlichen Beträgen, den Einstieg in den Ausstieg aus dem seit März 2015 geführten milliardenschweren Anleihekaufprogramm eingeleitet zu haben, das sogenannte Tapering. „Es scheint an der Zeit, dass der Devisenmarkt endlich in nennenswertem Umfang das erwartete Tapering der EZB einpreist“, schrieb die Commerzbank jüngst in einem Kommentar. Eine darüber angereizte Euro-Stärke halten die Experten der Commerzbank für gerechtfertigt und dauerhaft.

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