Wer bietet mehr? Facebook und Twitter im Aktien-Duell

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Facebook bindet Nutzer besser, Twitter wächst schneller

Im Kern geht es bei Twitter („Gezwitscher“) darum, Inhalte möglichst schnell an möglichst viele zu versenden. Daher die maximale Länge von 140 Zeichen eines Tweets. Kein Wunder, dass sich unter den Usern vor allem die Mitteilungsbedürftigen dieser Welt tummeln: Medienschaffende, Künstler, Musiker, Politiker. Das dürfte ein Grund dafür sein, warum Twitter noch nicht so viele Mitglieder locken konnte wie Facebook, das mehr auf gegenseitiger Kommunikation im Bekanntenkreis basiert.

FAZIT: Facebook und mit Abstrichen auch Twitter sind im Alltag vieler Menschen verankert. Da Facebook eher dem Austausch mit Bekannten dient, Twitter auch zur Kommunikation mit (noch) völlig Unbekannten genutzt wird, kann Facebook seine Nutzer besser binden. Sie würden beim Ausstieg den Draht zu Freunden und Bekannten kappen. Viele der Informationen auf Twitter gibt es hingegen auch sonst im Netz – nur nicht so schnell. Deshalb könnten Nutzer schneller das Interesse verlieren.

2. Nutzer: Wer ist wie häufig online?

Die erste und wichtigste Hürde auf dem Weg zum Weltkonzern haben beide Netzwerke geschafft: eine global bekannte und genutzte Plattform und Marke zu werden. Besonders viel Aufmerksamkeit erfahren sie bei politischen Großereignissen. Der Arabische Frühling wäre ohne Twitter sicher anders verlaufen. In Deutschland bewies Twitter bei der Sexismus-Debatte um den damaligen Wirtschaftsminister Rainer Brüderle unter dem Schlagwort (Hashtag) „#Aufschrei“ gesellschaftliche Durchschlagskraft.

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Dennoch: Twitter muss noch mächtig wachsen, um den weltweiten Durchbruch zu schaffen. Für zahlende Werbekunden sind nur die aktiven Nutzer interessant, die sich wenigstens zum Lesen einloggen oder selbst Kurznachrichten schreiben. Geschätzt bis zu 75 Prozent aller angemeldeten Twitter-Mitglieder aber sind inaktiv. Als harte Währung in der Branche etabliert haben sich die mindestens einmal im Monat aktiven User.

Analysten der Investmentbank JP Morgan schätzen, dass Twitter erst 2018 eine halbe Milliarde mindestens einmal monatlich aktive Nutzer erreichen wird, etwa doppelt so viele wie derzeit. Der Nutzerzuwachs schwächt sich aber bereits ab: Hatte Twitter im ersten Quartal 2013 die Nutzerzahl gegenüber Vorjahresquartal noch um 117 Prozent gesteigert, schaffte es im dritten Quartal 2013 nur noch 53 Prozent plus zum Vorjahresquartal.

Facebook dürfte 2013 etwa 16 Prozent mehr monatlich aktive Nutzer erreicht haben als 2012. Auch Facebook wächst damit schon deutlich langsamer als früher: 2012 hatte das Wachstum noch bei 25 Prozent gelegen, für 2014 und 2015 schätzt JP Morgan nur noch 11 bis 13 Prozent mehr aktive Nutzer pro Jahr.

FAZIT: Facebook punktet beim Nutzerzuwachs, das Modell erscheint massenkompatibler. Twitter wächst schneller, aber von einer niedrigeren Ausgangsbasis aus. Außerdem lässt Twitters Wachstum schon stark nach. In vergleichbaren Entwicklungsstadien gewann Facebook früher deutlich mehr Nutzer als Twitter heute (siehe Grafiken auf dieser Seite und Seite 4).

3. Erlöse: Wie verdienen sie Geld?

Für Facebook und Twitter stehen entscheidende Tage an: Am Mittwoch, 29. Januar, wird Facebook-Gründer Mark Zuckerberg die Ergebnisse des vierten Quartals 2013 präsentieren, eine Woche später will Twitter-Chef Dick Costolo endlich die ersten Quartalszahlen seit dem Börsengang im November veröffentlichen. Anleger erhoffen sich Antworten auf eine Menge Fragen. Twitter veröffentlicht auf seiner Homepage zwar, wie viele hart gekochte Eier und Liter Kaffee seine Belegschaft pro Woche vertilgt. Aus welchen Quellen der Umsatz stammt, dazu schweigt Twitter weitgehend, anders als Facebook.

Fest steht: Twitter muss bald mehr verdienen. Denn das Modell ist zwar kostenfrei für seine Nutzer, nicht aber für Twitter selbst. Das Unternehmen muss ständig in Server investieren, um der Nachrichtenflut von 350 000 Tweets pro Minute Herr zu werden. Twitter schreibt daher hohe Verluste: 2012 machte es einen operativen Verlust von 32,7 Millionen Dollar, 2013 werden es wohl an die 50 Millionen werden; für 2014 schätzen die Twitter-freundlichen Analysten von Goldman Sachs gar 63 bis 64 Millionen Dollar operatives Minus.

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