WeWork, Regus & Co. Warum Coworking so beliebt ist – und welche Gefahren es birgt

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Mehr Tech-Firma, als Immobilienakteur

Wird Coworking zur Normalität?
Zumindest ist es keine Modeerscheinung, sagt Stephan Leimbach, der die Bürovermietung des Immobilienberaters JLL leitet. „Coworking und flexible Büroflächen werden fester Bestandteil unseres Alltags, denn die Arbeitswelt wird immer flexibler.“ Zu diesem Ergebnis kommt auch der Immobilienberater Colliers, der in einer Studie unter anderem nach der Motivation von Coworking-Nutzern gefragt hat. Demnach spielt der Gemeinschaftsgedanke inzwischen eine eher untergeordnete Rolle. Den Befragten geht es vor allem um Verfügbarkeit, Lage und Flexibilität.

In den sieben größten deutschen Städten haben Anbieter wie WeWork JLL zufolge schon mehr als eine Million Quadratmeter unter Vertrag. Das ist zwar nur ein Prozent des gesamten Bürobestandes. Doch ist das Angebot in den vergangenen drei Jahren um 70 Prozent gestiegen.

Gibt es auch Nachteile?
Gefahren sehen Experten vor allem in der wachsenden Marktmacht der großen Anbieter. WeWork etwa wird häufig mit Airbnb oder Uber verglichen – aus gutem Grund. „WeWork ist kein klassischer Immobilienakteur, sondern im Grunde eine Tech-Firma“, sagt JLL-Experte Leimbach. Das Unternehmen sehe Immobilien als Plattform, die es ihm unter anderem ermöglichten, Nutzerdaten der Community zu sammeln.

Die Daten sollen WeWork helfen, jederzeit und an jedem Ort unmittelbar die ideale Lösung für potenzielle Kunden anbieten zu können. Das Ziel: WeWork will langfristig zu einem weltweit unumgänglichen Player auf dem Immobilienmarkt werden.

Was bedeutet das für Vermieter?
WeWork profitiert derzeit noch von seiner Marke, meint Bulwiengesa-Experte Schulten. Sich bei dem US-Anbieter einzumieten, gelte nicht nur bei Freelancern und Unternehmen als cool. Auch die Eigentümer der Gebäude hätten in den vergangenen Jahren gerne an WeWork vermietet, um „Glanz in die Hütte“ zu bringen. Doch das ändere sich bereits.

So stehen JLL-Experte Leimbach zufolge dem finanziellen Vorteil für Vermieter der zumeist langen Mietlaufzeiten die Sonderwünsche der Coworking-Betreiber gegenüber: „Wir beobachten, dass die Unternehmen bis zu zehn Prozent mehr Miete zahlen, als üblich ist, und zehn, oft auch 15 Jahre anmieten.“ Im Gegenzug würden sie, zumindest an Standorten, die nicht wie in Berlin oder München völlig ausgelastet sind, zuweilen vierstellige Ausbaukostenschüsse pro Quadratmeter fordern, die manchmal auch gezahlt würden. Gegenüber anderen Mietern sei eher ein mittlerer dreistelliger Betrag üblich.

Bulwiengesa-Experte Schulten ergänzt: „Dort, wo WeWork sich einmietet, bestimmt das Unternehmen auch, was passiert.“ Die Firma habe insbesondere mit Blick auf die technische Gebäudeausrüstung genaue Vorstellung, wie ein Objekt ausgestattet sein muss – und setze diesen Willen notfalls „auch mit Ellbogen“ durch. „Die Eigentümer haben keine Lust mehr, sich an einen so mächtigen Player zu binden“, sagt Schulten. Sie wollen sich nicht beliebige Bedingungen der großen Player diktieren lassen.

Was ist, wenn die Krise kommt?
Die Coworking-Anbieter stellen Wirtschaftskrisen zwar gerne als Chance dar und argumentieren, dass Unternehmen sich gerade in unsicheren Phasen eher für flexible Büroflächen entscheiden würden, um kein langfristiges Mietrisiko einzugehen. Doch dass das sehr optimistisch ist, zeigt etwa der Fall Regus.

Der WeWork-Konkurrent hatte während des New-Economy-Booms auf eine steigende Nachfrage durch Start-ups gesetzt und die Zahl seiner Standorte weltweit verzehnfacht. Doch als die Blase platzte, brach ein Großteil der Kunden weg. Regus konnte die Mietverpflichtungen in Millionenhöhe nicht mehr stemmen – und musste 2003 teilweise Insolvenz anmelden. JLL-Experte Leimbach ist deshalb überzeugt, dass nicht alle großen Anbieter überleben können. „Die Branche wird sich vermutlich mit der nächsten größeren Krise konsolidieren.“

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