Wichtige Woche für Europas Börsen Auf diese vier Entscheidungen schauen die Anleger

Es ist eine Woche mit weitreichenden Entscheidungen für die Finanzmärkte: In den Niederlanden wird gewählt, außerdem tagen die Notenbanken der USA, Japans und Großbritanniens. Nur eine Entscheidung gilt als sicher.

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Nach dem überraschenden Wahlausgang in den USA sind Anleger vor dem Votum in den Niederlanden vorsichtig. Quelle: Reuters

Düsseldorf Die Börse, so die Theorie, spiegelt die Erwartungen der Investoren an die Zukunft wider. Daran gemessen müsste die Zuversicht groß sein: Der Dax hat nach dem Wahlsieg Donald Trumps im vergangenen November eine unerwartete Rally hingelegt. Er schaffte den Sprung über 12.000 Punkte und nähert sich – auch wenn er aktuell wieder leicht unter der psychologisch wichtigen Marke notiert – seinem Allzeithoch von 12.390 Punkten. Auch die wichtigen Indizes, die die Schwankungsbreite der Börse messen und damit Aufschluss darüber geben, wie groß die Nervosität unter Anlegern ist, notieren nahe ihrer historischen Tiefs. „Sie propagieren ein Niveau der Sorglosigkeit“, kommentieren die Analysten der Landesbank LBBW.

Ein ganz anderes Bild ergibt sich, wenn man langfristige Indikatoren in den Blick nimmt. Dann erweist sich, dass die Unwägbarkeiten auf den globalen Finanzmärkten so groß sind wie noch nie: Der Index der globalen politischen Unsicherheit etwa tendiere auf einem Allzeithoch, erinnern die LBBW-Strategen.

Die Börsen bewegen sich also offenbar zwischen zwei Polen: Steigende Kurse und tiefe Volatilitäten einerseits und eine mittelfristig sich eintrübende Stimmung der Anleger andererseits. Für die LBBW-Experten ein Warnsignal: Die Märkte könnten bald drehen, geben sie zu bedenken.

Hinweise darauf, welche Richtung die Finanzmärkte einschlagen, dürften in dieser Woche gleich mehrere Entscheidungen geben. Allen voran verkündet die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) am Mittwoch ihre Entscheidung zum Leitzins.

Nach den sehr guten Arbeitsmarktdaten, die die weltgrößte Volkswirtschaft am vergangenen Freitag vorlegte, gibt es kaum einen Zweifel daran, dass Fed-Chefin Janet Yellen die Leitzinsen erhöhen wird. Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass das Niveau um 0,25 Prozentpunkte angehoben wird. Damit läge die Zinsspanne, die Geschäftsbanken zahlen, wenn sie sich Geld bei der Fed leihen, zwischen 0,75 und einem Prozent. Die meisten Anleger haben dies bereits eingepreist, sagen die Analysten der Essener National-Bank. „Viel interessanter ist die Frage, wie es weitergehen wird.“ Immerhin habe die Fed jetzt die Möglichkeit, auch viermal in diesem Jahr aktiv zu werden. Im Dezember hatte sie drei Schritte signalisiert.

Einen Tag nach dem Zinsentscheid der Fed folgen am Donnerstag die Bank of England (BoE) und die Bank of Japan (BoJ). In beiden Fällen gehen die Beobachter davon aus, dass alles beim Alten bleibt. Noch geben dort die Befürworter einer lockeren Geldpolitik die Richtung vor. Das dürfte auch für die Europäische Zentralbank (EZB) gelten – selbst wenn dort eine Zinserhöhung zumindest vorsichtig diskutiert wird.


Ausverkauf am Anleihenmarkt vorerst gestoppt

Ähnlich wenn nicht wichtiger sind die am Mittwoch anstehenden Parlamentswahlen in den Niederlanden: Das Votum wird von den Märkten als ein wichtiges Barometer für die Stimmung unter Europas Wählern und ihre Haltung zur Europäischen Union wahrgenommen. Der europaskeptische Kandidat Geert Wilders liegt mit seiner rechtspopulistischen „Partei für die Freiheit“ in aktuellen Umfragen leicht hinter der bürgerlich-liberalen Volkspartei von Ministerpräsident Mark Rutte.

Zwar sehen die meisten Beobachter kaum Chancen, dass Wilders in einem zweiten Wahlgang den amtierenden Ministerpräsidenten schlagen kann. Das Risiko für die Kapitalmärkte besteht aber darin, dass ein deutlicher Wilders-Sieg ein Menetekel für die Wahlen in Frankreich im April sein könnte. Würde dort die rechtsnationalistische Marine Le Pen zur Staatspräsidentin gewählt, will sie das Land aus der Euro-Zone führen – was die Währungsunion in eine schwere Krise stürzen dürfte.

Und als wäre all dies noch nicht genug, stehen neben der Niederlande-Wahl und dem Fed-Zinsentscheid am Freitag der große Verfall von Terminkontrakten an der Frankfurter Börse an, Jargon Hexensabbat genannt. Er dürfte in der neuen Woche für zusätzliche Turbulenzen sorgen. Denn in den Tagen zuvor schwanken die Aktienkurse üblicherweise stark, weil Investoren die Preise derjenigen Wertpapiere, auf die sie Derivate halten, in eine für sie günstige Richtung bewegen wollen.

Angesichts dieser Unwägbarkeiten ist es keine Überraschung, dass Europas Aktienanleger zunächst abwarten. Der Dax pendelte am Montag um die Marke von 12.000 Punkten, die Umsätze blieben jedoch verhalten. Ähnlich das Bild im Index der europäischen Werte: Der Euro Stoxx 50 kam bei sehr schwachen Umsätzen kaum vom Fleck.

Auch unter Anleiheanlegern kehrte wieder Ruhe ein. Am vergangenen Freitag hatten sie für einen kleinen Ausverkauf am Bondmarkt gesorgt, nachdem bekannt geworden war, dass die EZB womöglich die Leitzinsen anheben könnte, bevor sie ihr groß angelegtes Anleihenkaufprogramm (QE) auslaufen lässt. „Eine Rückführung des Einlagensatzes in Richtung null Prozent ist aus unserer Sicht tatsächlich vor QE-Ende denkbar“, sagt Analyst Manuel Andersch von der Bayern LB. Dennoch bleiben die europäischen Anleihekurse und -renditen weitgehend stabil – ein Zeichen für die abwartende Haltung der Anleger.


Euro und Goldpreis erstaunlich stabil

Erstaunlich resistent zeigte sich zudem der Euro. Trotz der Aussicht auf eine Zinserhöhung in den USA – die den Dollar für Investoren attraktiver machen würde – behauptete sich der Kurs bei 1,0666 Dollar. Der Gemeinschaftswährung halfen die Spekulationen um eine möglicherweise nahenden Zinsänderung durch die EZB. Er glaube zwar nicht an dieses Szenario, betonte Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann. Aber: „Momentan zählt, dass EZB-Präsident Mario Draghi solchen Spekulationen in seinen Äußerungen letzte Woche keinen Riegel vorgeschoben hat.“ Er halte daher einen Anstieg des Euro auf bis zu 1,13 Dollar für möglich.

Zum Schweizer Franken kletterte der Euro auf ein Drei-Monats-Hoch von 1,0825 Franken. Händler führten dies auch auf Eingriffe der Schweizerischen Notenbank (SNB) zurück. Sie scheine im Vorfeld der Wahlen in den Niederlanden einen möglichst hohen Kurs anzupeilen.

Auch die sogenannte Krisenwährung Gold behauptet sich trotz der Aussichten auf steigende US-Leitzinsen. Denn  sie schmälern üblicherweise die Attraktivität des Edelmetalls als Instruments zum Schutz vor Inflation. Da zudem die Spekulationen auf einen baldigen Zinsschritt der US-Notenbank den Dollar-Kurs die Höhe treiben, wird das Edelmetall für Investoren außerhalb der USA teurer. Dennoch ist der Goldpreis in den vergangenen Wochen um lediglich etwa 70 Dollar auf rund 1.200 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) gefallen, argumentieren Händler. Weitere Kursrückgänge seien aber nicht zu erwarten, beruhigt Fondsmanager Hans Brandt vom Vermögensverwalter Swisscanto.

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