Wirtschaftsbuch mal anders Die Finanzkrise in Grafiken

Der ehemalige Top-Berater und jetzige Krisenanalyst Daniel Stelter analysiert in seinem neuen Buch die Finanzkrise mit Hilfe von Grafiken. Und stellt die entscheidende Frage: Was passiert mit unserem Geld?

  • Teilen per:
  • Teilen per:

In knapp zwei Wochen ist Europawahl. Neben der (gefühlten oder tatsächlichen) Regulierungswut der Brüsseler Bürokraten prägt dabei vor allem ein Thema Wahlkampf und den öffentlichen Diskurs: Die – fast sechs Jahre nach ihrem Ausbruch – noch immer ungelöste Schuldenkrise, oder – je nach Deutung der Schwerpunkte – „Eurokrise“. Viele Menschen fühlen sich von der Krise inzwischen überfordert. „Die einen sagen so, die anderen so“ oder „ich verstehe das alles sowieso schon lange nicht mehr“ sind dabei noch die harmlosen Reaktionen.

Dementsprechend groß ist die Gefahr durch politische und lobbyistische Rattenfänger aller Art. Dass diese in der  Eurokrise Konjunktur haben, ist nicht besonders verwunderlich: komplexe Themen, die nur wenige verstehen, aber im Grunde alle angehen, waren schon immer Wasser auf die Mühlen von interessengetriebenen Vereinfachern, Stimmenfängern und Verschwörungstheoretikern. Je nach Sichtweise und eigener Betroffenheit sollen mal „faule“ Südländer schuld an der Krise sein; dann „geizige“ Deutsche, auf jeden Fall aber gierige Banker und unfähige Politiker.

Einer nachhaltigen Lösung bringen uns solche Diskussionen nicht wirklich näher. Leider haben inzwischen auch zahlreiche Finanz-Profis, die es im Sinne ihrer Kunden eigentlich besser wissen sollten, in die Kakophonie mit eingestimmt.

Aber ist die Krise überhaupt noch akut? In Deutschland brummt die Konjunktur und selbst in den schlimmsten Fällen im Süden Europas mehren sich die Anzeichen einer Genesung: Griechenland und Portugal konnten auf dem Kapitalmarkt erstmals seit Beginn der Krise wieder ihre Staatsanleihen an Investoren verkaufen, die  diese aus freien Stücken zeichneten. Die Zinsen für die Staatsanleihen der meisten Krisenländer haben sich seit der letzten Zuspitzung der Krise 2012 mehr als gedrittelt, sie sind in den meisten Fällen auf dem Niveau von vor der Krise. Selbst die Bilder von wütenden Demonstranten in Athen, Madrid oder Lissabon, an die wir uns in den letzten Jahren fast gewöhnt hatten, kommen immer seltener bei uns an.

Buchcover zu

Ist die Krise also vorbei?

Bei allem Respekt für die bisher erbrachten Anstrengungen, vor allem in den Südländern: Daniel Stelter hat daran erhebliche Zweifel. Der ehemalige Top-Berater, Gründer der Berliner, auf makroökonomische Themen spezialisierten Denkfabrik „Beyond the Obvious“ (zu deutsch etwa: „Jenseits des Offensichtlichen“)  macht vor allem das beherzte Eingreifen der Notenbanken dafür verantwortlich, dass das System bisher nicht vollkommen zusammengebrochen ist und alles noch viel schlimmer kam, als ohnehin. Die Notenbanken haben das brennende Haus Europa mit ihrem Löschwasser, dem billigen Geld, geflutet und so wahrscheinlich dessen Abbrennen bis auf die Grundmauern verhindert.

Aber haben die Notenbanken damit die Ursachen der Krise beseitigt? Als ehemaliger hochrangiger Manager der Boston Consulting Group (BCG), der zahlreiche Vorstände von Dax-Konzernen berät, weiß Stelter, dass in den Wirtschaftseliten daran erhebliche Zweifel bestehen. Viele davon teilt er. Klar ist, um im Bilde zu bleiben, dass auch das Löschwasser der Zentralbank starke Schäden hervorruft, die vielleicht noch nicht alle zur Gänze sichtbar geworden sind.

„Die Notenbank hat der Politik mit ihren Rettungsmaßnahmen Zeit gekauft, diese hat das aber nicht genutzt, sondern macht weiter wie bisher. Deswegen ist die Krise nicht gelöst, sondern sie macht wahrscheinlich nur eine Pause.“ Das klingt nicht nach einer bereits nachhaltigen Lösung der Krise.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%