Woche der Wahrheit "Ein Überleben des Euros ist nicht selbstverständlich"

Bald wird sich zeigen, wie es um die europäischen Krisensstaaten bestellt ist. Portugal, Spanien und Italien drängen an den Markt, um sich frisches Geld zu borgen. Für neue Staatsanleihen müssen die Sorgenländer voraussichtlich so viel zahlen wie noch nie. Auch der Euro gerät unter Druck. Der Chefökonom der Deutschen Bank nennt das Überleben der Währung "nicht länger selbstverständlich".

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Wird es den hochverschuldeten Euro-Ländern Portugal, Spanien und Italien gelingen, sich Geld am Kapitalmarkt zu borgen? Quelle: dpa

FRANKFURT. Es wird der erste Stresstest für die Eurozone im neuen Jahr. Ab Mittwoch wollen mit Portugal, Spanien und Italien gleich drei Länder den Kapitalmarkt anzapfen, denen Investoren in letzter Zeit immer weniger vertrauen. Damit Anleger zugreifen, werden die Länder deutlich höhere Zinsen bieten müssen. "Es gibt kein frisches Kaufinteresse", sagt Kornelius Purps, Rentenmarktanalyst bei der UniCredit Bank.

Portugal kündigte gestern an, am kommenden Mittwoch Staatsanleihen für 750 Millionen und 1,25 Milliarden Euro anzubieten. Ein Teil der Papiere soll eine Laufzeit von vier Jahren haben, der andere Teil zehn Jahre. Portugal ist damit das erste Land der südlichen Eurozone, das das Vertrauen der Anleger testet. Und es gibt sich dabei noch vergleichsweise bescheiden.

Einen Tag später, am Donnerstag wollen voraussichtlich auch Spanien gut drei Milliarden Euro für fünf Jahre und Italien schätzungsweise sechs bis sieben Milliarden für vier bzw. 15 Jahre bei Investoren einsammeln. Die Italiener hatten bei der letzten Auktion Ende Dezember schon Schwierigkeiten, fünf- und siebenjährige Papiere loszuwerden. Die Gebote blieben mit 8,1 Milliarden Euro unter den anvisierten 8,5 Milliarden zurück und das obwohl die Italiener bereits mit höheren Zinsen lockten als in früheren Auktionen.

Auch diesmal werden die Südeuropäer die Investoren nur mit noch höheren Zinsen überzeugen können. Nach der gestrigen Ankündigung Portugals schossen die Renditen für alle drei Länder nach oben und liegen auch heute noch deutlich über den Werten der vergangenen Wochen.

Zehnjährige portugiesische Staatsanleihen stiegen gestern 26 Basispunkte auf 7,17 Prozent. Damit betrug der Risikoaufschlag im Vergleich zu den als am wenigsten ausfallgefährdeten deutschen Bundesanleihen über 4 Prozent - der höchste Stand seit Anfang Dezember. Auch heute liegen die Papiere mit 7,10 Prozent weiterhin deutlich über dem Wert der letzten Wochen. Die Rendite spanischer Staatsanleihen stieg auf 5,51 Prozent, bei italienischen Papieren waren es 4,79 Prozent.

Gleichzeitig verteuerte sich die Kreditausfallversicherung (CDS) für Portugal um 7 Basispunkte und ist damit so teuer wie seit dem 30. November nicht mehr. Die immensen Refinanzierungskosten schüren die Sorgen, dass das Land bald nach Griechenland und Irland Hilfe bei der EU und dem IWF beantragen muss.

Das brachte auch den Euro weiter unter Druck. Weil gleichzeitig in den USA der Optimismus über eine Konjunkturerholung wächst, was den Dollar stärkt, fiel die Gemeinschaftswährung inzwischen unter die Schwelle von 1,30. Am Mittag notierte er bei 1,2974 Dollar.

"Die Schuldenprofile der Staaten rücken immer mehr in den Brennpunkt", sagte Alex Sinton, Leitender Devisenhändler bei ANZ National Bank Ltd. in Auckland. Er sieht den Euro in den Bereich um 1,2950 Dollar abrutschen. Noch pessimistischer ist Thomas Mayer, Chefökonom der Deutsche Bank AG. Laut der britischen Zeitung "Times" sei ein Überleben des Euro in seiner derzeitigen Form "nicht länger selbstverständlich". Mayer sagte der Zeitung zufolge, die Verantwortlichen in der Europäischen Union müssten sich schneller um eine Reform der Euro-Region bemühen, um eine weitere Krise zu vermeiden.

Hilfe für die hochverschuldeten Sorgenländer könnte unterdessen bald vermehrt aus China kommen. Vize-Premier Li Keqiang hatte am Donnerstag angekündigt, demnächst spanische Bonds der Iberier im Wert von sechs Milliarden Euro zu kaufen. In der Nacht bekräftigte auch Yi Gang, stellvertretender Zentralbank-Gouveneur, dass europäische Staatsanleihen maßgeblich zur diversifizierten Anlagestrategie der Notenbank beitragen.

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