Zehn Jahre Google-Aktie 1280 Prozent im Plus

Google ist heute seit genau zehn Jahren an der Börse. Von Anfang an war die Aktie für die meisten professionellen Anleger überbewertet. Doch wer von Anfang an dabei war, ist heute 1280 Prozent im Plus.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Aktienkurve über dem Google-Logo Quelle: dpa

Jedes Mal, wenn die Rede auf die Aktie von Google kommt, fällt das Adjektiv „teuer“. Und, ja, ein Papier, das an der Börse den 30-fachen Gewinn des laufenden Geschäftsjahres kostet, und in etwa den 6,3-fachen Umsatz, kann man beim  besten Willen nicht als „billig“ bezeichnen.

Doch bislang strafte Google seine Kritiker noch jedes Mal lügen, und wuchs, wie wir an der Börse gerne sagen, „in die ambitionierte Bewertung hinein.“

Google startete 1996 als Forschungsprojekt an der Stanford University von Larry Page und Sergey Brin, die heute noch zusammen 13 Prozent halten und sich beim Börsengang verpflichteten, die nächsten 20 Jahre das Unternehmen nicht zu verlassen. Wie man vor Google im Internet recherchierte? Man nutzte ulkige Dinge wie Lycos, Infoseek und Altavista, die Älteren werden sich vielleicht erinnern.

Google ist zum Synonym für Internetrecherche geworden, wie “Tempo” für Papiertaschentuch. Zur Ironie der Geschichte gehört, dass seiner der ersten Geldgeber der Google-Gründer der heute fast marginalisierte Konkurrent Yahoo war.

Die Geschichte von Google

 

Von Anfang an teuer – und unterschätzt

Als Google am 19. August 2004 an die Börse kam, war es bereits die dominante Suchmaschine. Damals konnte sich jedoch niemand die gigantische Expansion vorstellen, die in den kommenden zehn Jahren folgen sollte.

Google macht heute Software (Chrome und Android, das Betriebssystem für fast alle Smartphones und Tablets, die nicht von Apple stammen), Dienstleistungen (Google Maps, Gmail, Google Drive, Google Play und Google+), und sogar Hardware (Nexus Smartphones, Chromebooks). Google nutzte die immensen Einnahmen aus der Werbung (warf 2013 50,6 Milliarden Dollar ab) um geschickt zuzukaufen, meist eine Vielzahl kleiner Start-Ups, aber auch große wie den Online-Video-Kanal YouTube (für rund 1,6 Milliarden Dollar), den Cookie-Daten-Vermarkter DoubleClick ( für rund drei Milliarden, und den Hausgerätehersteller Nest (ebenfalls für rund 3,1 Milliarden Dollar).

Viele der Käufe wirkten auf den ersten Blick wenig strategisch, unüberlegt gar, überteuert auf jeden Fall. Oft erst nach einigen Quartalen konnte der Markt sich einen Reim auf die Zukäufe machen. YouTube etwa war zum Kaufzeitpunkt defizitär. Doch Google nutzt den Videostreamer geschickt, um Netzverkehr in sein Reich zu leiten, baute ihn in sein „Ökosystem“ ein: Wer auch künftig die Werbemilliarden will, der muss mehr als Suchmaschine und Kartendienst sein, muss interessante Inhalte bieten, also baut Google Youtube zum Musik- und  On-Demand-TV-Kanal aus, vermutlich. Dazu muss dort mehr laufen als das 2000-te private Katzenvideo oder Schnipsel aus dem TV-Programm. Darauf jedenfalls deuten Vertragsverhandlungen mit professionellen Inhalte-Anbietern wie Plattenlabels und Filmstudios.

Größe hilft

 

Unwahrscheinlich, dass jemand Google demnächst große Teile seines Geschäfts streitig machen kann. Bei Suchmaschinen und Videostreaming haben die Kalifornier bereits einen Marktanteil von über 90 Prozent. Das Schlimme aus Sicht der Wettbewerber, aber auch kritischer Konsumenten: Suchmaschinen und Content-bedürftige Angebote wie Musik- und Videostreaming werden immer besser, je mehr Menschen ihn nutzen. Wer das nicht glaubt, der sende eine x-beliebige Suchanfrage spaßeshalber an eine Alternative; Sie werden sich wundern, wie viel besser Googles Ergebnisse mittlerweile in den meisten Fällen sind -- viel Traffic und viele Administratoren, die ihre Seiten bei Google anmelden, lassen die Auswahl der Konkurrenten relativ dazu immer dürftiger werden. Dasselbe gilt für Online-Videos: Wer nutzt Vevo oder Vimeo?

Verlauf der Google-Aktie

Der Nutzen und die Effizienz von Webdiensten wie Suchmaschine oder Social Network steigt mit der Anzahl der User für die anderen User, ein sich selbst verstärkender Effekt und fundamentaler Unterschied zu tradierten Geschäftsmodellen: Steigt die Kundenzahl von Audi, BASF oder der Lieblingspizzeria, so ist das ceteris paribus für die Altnutzer nicht gut, weil der Anbieter die Preise erhöhen wird oder das Cash von den Kunden nutzt, um nach China zu expandieren.

Künftig wird Google den Großteil seines Umsatzes nicht mehr mit Werbung an und in der Suchmaschine generieren können; in den Ländern, in denen die Internetverbreitung am schnellsten wächst, etwa in China, hat Google härtere Konkurrenz.

Aber YouTube, beim Kauf natürlich als hanebüchen teuer verschrien, und Android sind Googles Trümpfe. Das Internet wird immer mobiler. Immer mehr Anwender gehen per Smartphone oder Tablet ins Netz. Google kontrolliert über Android und Chrome bereits 93 Prozent der mobilen Suchanfragen in der Welt.

Dinge, die Google lieber geheim halten will
Google hat den Tablet-Markt verschlafenGoogles erster eigener Tablet-PC, das Nexus 7 (Foto), kam erst diesen Juli auf dem Markt. Damit schiebt sich Google in ein Terrain, auf dem sich schon einige Platzhirsche drängeln: Apple, Samsung, Amazon. Google wird es schwer haben, sich als Neuling unter diesen etablierten Anbietern  zu behaupten. Quelle: dpa
Google verschleiert seine DatensammeleiGoogle besitzt zwar eine Datenschutzrichtlinie, diese wird jedoch von der Europäischen Union bemängelt. Danach fehlen wichtige Informationen und eindeutige Formulierungen. So steht in der Datenschutzrichtlinie nicht deutlich, was das Unternehmen mit den Infos der User macht. Außerdem informiert Google nicht darüber, wie lange es bestimmte Informationen, wie Aufenthaltsorte, speichert. Quelle: dapd
Bei der Android-Vielfalt verzichten Hersteller auf UpdatesDas Google-Betriebssystem Android für Smartphones und Tablet-PCs gibt es für hunderte verschiedene Modelle. Das wirkt sich negativ auf das Update-Verhalten der Hersteller von Endgeräten aus. Seit der Android-Einführung 2008 gab es zehn verschiedene Updates. Diese müssen die Hersteller auf jedes ihrer einzelnen Smartphone- und Tablet-Modelle anpassen. Das ist aufwendig, wodurch die neuen Versionen meist unter den Tisch fallen lassen werden. Derzeit ist Android 2.3 von Dezember 2010 immer noch die am meisten verbreitetste Version. Quelle: dapd
Der Aufwand ist zu groß, unerwünschte Suchergebnisse zu löschenEs kommt vor, dass Menschen bei Google etwas über sich persönlich finden, was sie dort nicht gerne sehen. Dagegen etwas zu unternehmen, ist schwierig. Die Suchergebnisse basieren auf berechneten Algorithmen. Je öfter etwas im Internet erwähnt wird, desto eher findet man es bei Google. Es ist sehr aufwendig, etwas aus den Google-Ergebnissen zu löschen und meist mit rechtlichen Schritten verbunden. Dabei muss vor allem erst der Text, das Bild oder das Video von dem Server gelöscht werden, auf den die Information gespielt wurde. Dann kann es noch bis zu neun Monate dauern, ehe die Info auch aus der Google-Suche verschwindet. Quelle: dpa
Apple-Maps könnte Google bald einholenApple hat sich entschieden beim neuen iPhone 5 (Foto) auf die vorinstallierte Google-Maps-App zu verzichten. Stattdessen findet sich auf dem Handy ein eigenes Kartenprogramm. Die weist im Vergleich zu Google Maps war einige Schwächen auf, doch Experten sind sich sicher, dass Apple bald nachlegen wird – und Google so einholen oder gar überholen könnte. Quelle: REUTERS
Die Arbeit der Google-AngestelltenVolleyballplatz, Bowlingbahn, Gemüsegarten – das Google-Hauptquartier bietet zahlreiche Annehmlichkeiten. Mit ähnlichen Dingen warten auch manche europäische Zweigstellen auf. Experten werfen dem Unternehmen vor, so Mitarbeiter länger an ihrem Arbeitsplatz halten zu wollen und zu Überstunden zu bewegen. Quelle: dapd
Google steht beim Online-Shopping hinten anGoogle ist bei Online-Shoppern nicht die erste Wahl. Laut einer Studie von Forrester Research hat fast ein Drittel der Konsumenten bei ihrem letzten Online-Einkauf als erste Adresse Amazon (Foto) angesteuert. Bei Google waren es gerade mal 13 Prozent. Quelle: dpa

YouTube wird langfristig einer der größten Profiteure des Wandels in der Werbebranche sein (WirtschaftsWoche 34/2014, Seite 72 ff). Budgets wandern von TV und Radio sowie Print ins Internet.

Noch geht ein Gutteil der weltweit rund 509 Milliarden Dollar Werbegelder (2014) an das TV; aber Experten rechnen mit einer Pattsituation zwischen TV und Online schon in zehn Jahren.

Schwer vorstellbar, dass Google sich nicht ein paar Dutzend Milliarden davon einstecken wird.

Aktien wie Google sind extreme selten, und irgendwann kommt der Tag, an dem sie trotz aller operative Erfolge nicht weiter steigen werden. 1280 Prozent Kursgewinne wie in den letzten zehn Jahren werden es vermutlich nicht mehr sein.

Aber dann, das zeigen Microsoft oder Apple, kann der enorme Cash-Reichtum immer noch in Dividenden fließen.

Für Anleger gibt es in den kommenden zehn Jahren wahrscheinlich schlechtere Alternativen.

Dem Autor auf Twitter folgen:

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%