Zehnjährige Bundesanleihe Geld verdienen mit Schuldenmachen

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EZB kauft vor allem Staatspapiere

Die leichten sogenannten technischen Unterdeckungen machen zudem nichts. Denn die Finanzagentur behält zur sogenannten Marktpflege stets einen Teil der Emissionen ein – auch wenn sie massiv überzeichnet sind. Von den jetzt angeboten fünf Milliarden Euro blieben 962 Millionen Euro zunächst bei der Finanzagentur. Diesen Teil wird die Agentur nach und nach im Handel verkaufen. Platziert wurde so zunächst ein Volumen von 4,74 Milliarden Euro.

So macht der Bund Schulden
Die Haushaltsreferate der einzelnen Bundesministerien planen ihre Haushalte für die folgenden Jahre, der Finanzminister trägt die Vorhaben zusammen. Die Bundesregierung beschließt im Kabinett den Haushalt für den Bund – in der Regel im Sommer für das jeweilige folgende Jahr. Quelle: dpa
Mittlerweile müssen die nationalen Haushalte auch bei der EU-Kommission vorgelegt werden. Die Behörde in Brüssel prüft im Herbst, ob etwa die Höhe vorgesehener Schulden den Regeln der Europäischen Union entspricht. Quelle: dpa
Das Parlament hat die Hoheit: Der Bundestag beschließt endgültig über den Haushalt des Bundes. Übersteigen die von den Parlamentarieren beschlossenen Ausgaben die erwarteten Einnahmen, müssen zusätzliche Schulden gemacht werden („Netto-Neuverschuldung“). Quelle: dpa
Seitdem Finanzminister Wolfgang Schäuble 2014 die „Schwarze Null“ durchgebracht hat, spart sich der Bund die Netto-Neuverschuldung. Neue Kreditpapiere bringt der Bund trotzdem auf den Markt– um alte Kredite abzulösen. Zur Fälligkeit muss der Staat den Nennwert begebener Anleihen und Geldmarktpapiere inklusive Kuponverzinsung an die Investoren zurückzahlen. Das Geld dafür beschafft er sich, indem er kurz vorher neue Anleihen begibt. An welchem Tag welche Bundeswertpapiere begeben werden legt die Finanzagentur – der oberste Schuldenmanager des Bundes – jeweils im Dezember für das Folgejahr fest. Im Juni 2015 teilte die Finanzagentur mit, dass angesichts der guten Kassenlage des Bundes in den folgenden Monaten insgesamt fünf Milliarden Euro weniger Anleihen begeben werden müssten. Quelle: dapd
„Ja, der Bund zahlt das Geld für Zinsen und Tilgung an die Käufer von Anleihen immer fristgerecht zurück“, sagt Jörg Müller von der Deutschen Finanzagentur. Die Regierung könne kurzfristig eingreifen, ist seit Jahren liquide und werde von allen drei Rating-Agenturen regelmäßig mit einem „Triple A“ (AAA)-Status ausgezeichnet. Quelle: dpa
Neben Standard & Poor's geben regelmäßig Moody's und Fitch Urteile über Deutschlands Kreditwürdigkeit ab. Wegen des Top-Ratings ist der deutsche Staat so beliebt im Geschäft mit Bundesanleihen. Nachdem das Finanzministerium entschieden hat, welche Anleihen-Art er genau begeben will, wird die Deutsche Finanzagentur tätig. Sie berät das Finanzministerium, wie es die Anleihen möglichst günstig und gleichzeitig kurzfristig auf dem Markt anbieten kann. Quelle: dpa
Jens Weidmann ist der Präsident der Bundesbank, die in Schritt 3 des Schuldenmachens ein ausführendes Organ ist. Die Bundesbank organisiert gemeinsam mit der Finanzagentur die Bieterauktionen für die begebenen Schuldtitel. Die Auktionen finden in der Regel zwei Mal die Woche statt. Montags werden kurzlaufende Geldmarktpapiere mit Laufzeiten von sechs oder zwölf Monaten, mittwochs Anleihen mit Laufzeit von zwei, fünf, zehn oder 30 Jahren versteigert. Quelle: REUTERS

Gründe für die Nachfrage gibt es viele. Zum einen ist es die Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung, die Investoren zu sicheren Staatsanleihen wie deutschen Papiere greifen lässt. Auch wenn die Renditen leicht negativ sind – die potenziellen Verluste am Aktienmarkt können viel größer sein. Die Sorgen um die Folgen des Brexit-Votums haben Investoren erneut in Staatsanleihen der Industrienationen getrieben. Nach Berechnungen der Ratingagentur Fitch rutschten allein im Juni weitere Staatspapiere im Umfang von 1,3 Billionen Dollar in negatives Terrain. Insgesamt gibt es Minusrenditen bei Staatsbonds im Umfang von 11,7 Billionen Dollar – zwei Drittel davon entfallen auf Japan.

Gefragt sind die Bonds zudem wegen der Anleihekäufe der Notenbanken. Im Euro-Raum kauft die Europäische Zentralbank (EZB) seit dem März 2015 Anleihen – vor allem Staatspapiere. Im April hat sie noch mal ordentlich nachgelegt und das Kaufprogramm von 60 Milliarden Euro auf 80 Milliarden Euro pro Monat aufgestockt. Laufen soll das Programm bis mindestens März 2017.

Warum die Renditen bald wieder steigen dürften

Zu der extrem lockeren Geldpolitik gehören zudem unter anderem ein Leitzins von null Prozent und ein negativer Einlagensatz für Übernachteinlagen der Banken bei der EZB von minus 0,4 Prozent. Damit wollen die Währungshüter um EZB-Chef Mario Draghi über eine höhere Kreditvergabe die Wirtschaft im Euro-Raum ankurbeln und so auch die Inflationsrate wieder steigern.

Zuletzt stieg die Inflation im Euro-Raum gegenüber dem Vorjahr nur 0,1 Prozent. In Deutschland waren es 0,3 Prozent. Ende August 1981– als Deutschland eine zehnjährige Anleihe mit dem rekordhohen Kupon von 10,75 Prozent platzierte, lag die Inflationsrate in Deutschland bei über sechs Prozent. Später sank sie allerdings deutlich, so dass der Anleihekauf zu dieser Zeit im Nachhinein betrachtet extrem attraktiv war.

Geldpolitik der EZB: Belastungen durch Niedrigzinsen

Auch jetzt setzen einige Investoren noch auf Kursgewinne der Bundesanleihen und damit auf Renditerückgänge. Diese dürften allerdings nur von kurzer Dauer sein. Zumindest mit Blick auf ein Jahr erwarten die meisten Banken wieder etwas höhere Renditen. „Investoren kaufen Bundesanleihen aber nicht allein wegen der Kupons oder der Rendite, sondern weil ihr Geld sicher angelegt und zudem liquide ist“, betont Jörg Müller, Sprecher der Finanzagentur. Liquide bedeutet, dass Investoren Bundesanleihen mitunter als Ersatz für die Bargeldhaltung nehmen, weil sie die Papiere schnell und günstig wieder verkaufen können. Im vergangenen Jahr wurden nach Daten der Finanzagentur allein von den Banken der Bietergruppe Bundeswertpapiere im Umfang von 4,7 Billionen Euro gehandelt. Das ausstehende Volumen von insgesamt 1,1 Billionen Euro wurde damit fast viereinhalbmal umgesetzt.

Geldpolitik der EZB: Entlastungen durch Niedrigzinsen

Platziert hat Deutschland in diesem Jahr bislang Anleihen mit Laufzeiten von zwei, fünf, zehn und 30 Jahren sowie sechs- und zwölfmonatige Geldmarktpapiere im Volumen von insgesamt 125 Milliarden Euro. Für den Rest des Jahres sind noch Auktionen im Umfang zwischen 82,5 Milliarden und 86,5 Milliarden Euro vorgesehen. Auf die nächste neue zehnjährige Anleihe mit einem Kupon von über null Prozent müssen Anleger wohl länger warten. Die nächste neue zehnjährige Bundesanleihe ist erst für Januar 2017 vorgesehen. Bis dahin wird das Nullkupon-Papier noch fünfmal um insgesamt 20 Milliarden auf dann 25 Milliarden Euro aufgestockt.

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