Mitunter ist es überraschend, wenn ein Politiker seine im Wahlkampf gemachten Verspechen nach der Wahl auch tatsächlich hält. Mit genau solch einem ungewöhnlichen Verhalten fällt zurzeit Frankreichs neuer Präsident Emmanuel Macron auf – macht sich aber gerade damit nicht nur Freunde.
Seine Amtszeit, deren Beginn in seiner Rasanz an den dynamischen Wahlkampf erinnert, steht schon nach gerade einmal fünf Monaten ganz im Zeichen bemerkenswerter Neuerungen. Im Elysée-Palast unterzeichnete Macron Ende September die Verordnungen, die Bestandteil der von ihm im Vorfeld propagierten Arbeitsmarktreform sind. Ihr Ziel: Investitionen innerhalb Frankreichs sollen angekurbelt werden, die Erleichterung von Kündigungen und Neueinstellungen sollen Unternehmen flexibler machen. Zudem sollen Abfindungen sowohl nach oben als auch nach unten begrenzt werden.
Davon konnten auch Demonstrationen und Proteste Macron nicht abhalten; Kritiker entkräftete er jüngst mit der Aussicht, dass die positiven Auswirkungen dieser Maßnahme in eineinhalb bis zwei Jahren zu spüren seien – und dass er die Arbeitslosenquote von derzeit knapp zehn Prozent bis zum Ende seiner Amtszeit auf sieben Prozent drücken werde.
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Markus C. Zschaber gilt als renommierter und erfahrener Geldmanager und ist Gründer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft Dr. Markus C. Zschaber, die seit nunmehr 22 Jahren die Vermögen von privaten und institutionellen Anlegern betreut. Mehrfach wurde er bereits als Fonds- und Portfoliomanager ausgezeichnet, sein Gesicht ist den meisten Anlegern bereits seit 1998 durch den Nachrichtensender n-tv bekannt, bei dem der Experte regelmäßig Interviews gibt. Seit rund einem Jahrzehnt werden durch sein Institut „IFK-Köln“ auch die Konjunkturbarometer „Welt-Index“ und „Welt-Handelsindex“ veröffentlicht. Informationen dazu unter www.zschaber.de und www.kapitalmarktanalyse.com
Rückkehr der Wettbewerbsfähigkeit
Wie sehr Macron grundsätzlich an einer Verbesserung des Investitionsklimas gelegen ist, macht eine weitere Reform deutlich. So haben in der Nationalversammlung bereits die Beratungen über das von Macron angestrebte Ende der Vermögensteuer begonnen. Mit deren Wegfall sollen die oberen Einkommensschichten um mindestens 3,2 Milliarden Euro entlastet werden. Damit will Macron nicht nur die heimischen Investoren im eigenen Land halten, er erklärt so auch der Steuerflucht den Kampf.
Dass Macron diese nicht in allen politischen Lagern mit Begeisterung aufgenommenen Maßnahmen angeht – und vor allem das Tempo, mit denen er das tut –, machen eines deutlich, wie ernst es dem neuen Präsidenten damit ist. Diese Willensstärke kann Frankreich gut gebrauchen. Für zu viele Jahre waren wichtige, notwendige Reformen von der französischen Wirtschaftspolitik auf die lange Bank geschoben worden, darunter litt nicht zuletzt die Wettbewerbsfähigkeit der „Grande Nation“.
Erste Lichtblicke
Es ist keine Frage, Macrons Ziele sind sehr ambitioniert. Das betrifft nicht nur seine Pläne für den gesamten Euroraum, sondern allein schon die Maßnahmen, die er für sein Land vorsieht. So will er unter anderem das Haushaltsdefizit wieder unter die Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) drücken und damit einem seit 2009 gegen Frankreich laufenden EU-Verfahren die Grundlage entziehen. Diesem Ziel ordnet er einiges unter. Mit einer Kürzung des Wohngeldes um monatlich fünf Euro will er den Staatshaushalt um rund 0,4 Milliarden Euro pro Jahr entlasten und damit einen Beitrag dazu leisten, dass er insgesamt acht bis neun Milliarden Euro einsparen muss.
Die Chancen stehen dennoch gut, dass sich Macrons Sturheit auszahlt, mehren sich doch die Silberstreifen am Horizont: Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukte (BIP) war 2016 gegenüber dem Vorjahr um 0,1 Prozentpunkte auf 1,2 Prozent zurückgegangen – 2017 soll das Plus im BIP wieder 1,4, im Folgejahr dann sogar 1,7 Prozent betragen.
Chancen für Anleger
Zudem hat Paris im September im Haushaltsentwurf für das laufende Jahr ein Defizit von 2,9 Prozent, für 2018 eines von 2,6 Prozent in Aussicht gestellt. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ließ vor diesem Hintergrund jüngst in Brüssel verlautbaren, er sehe ein Ende des Verfahrens gegen Frankreich im nächsten Jahr gekommen.
Geldpolitik sorgt für Rückenwind
Dass sich die Wirtschaftslage Frankreichs allmählich bessert, ist allerdings nur eines der Argumente dafür, sich den Aktienmarkt unseres Nachbarlandes einmal genauer anzuschauen. Auf den ersten Blick unterscheidet dessen Leitindex, den Cotation Assistée en Continu, kurz CAC 40, zwar nicht viel von seinem deutschen Pendant. Wie auch der Dax konnte sich der CAC 40 nicht der allgemeinen Korrektur der Aktienmärkte im Sommer entziehen. Quasi mit der Wahl Macrons ging es ab Mai runter mit dem französischen Aktienmarkt – dass Macron von der Börse Vorschusslorbeeren bekommen hätte, kann man also nicht behaupten.
Parallelen zum Dax weist der CAC 40 auch in Sachen EZB auf. So sorgt deren Geldpolitik grundsätzlich für Rückenwind: Die Fortsetzung der Niedrigzinsphase macht Aktien für die Geldanlage alternativlos, zudem drücken die anhaltenden Anleihekäufe der Notenbanker auf den Euro – und speziell exportorientierte Unternehmen, von denen es im CAC 40 einige gibt, profitieren von einer schwächeren Gemeinschaftswährung.
Nachholbedarf an der Pariser Börse
Einen großen Unterschied zum Dax stellt im CAC 40 allerdings das Thema Nachholpotenzial dar. Wie in der Wirtschaftspolitik hinkt Frankreich gerade auf lange Sicht auch an der Börse hinterher. So ist der französische Leitindex anders als der deutsches Aktienindex, der sich zurzeit auf dem Niveau neuer Rekordstände befindet, von seinem Allzeithoch weit entfernt: Im Boomjahr 2000 hatte der CAC 40 bereits bei über 6.900 Punkten notiert – aktuell befindet er sich unterhalb von 5.400 Zählern. Der CAC 40 müsste also noch knapp 30 Prozent zulegen, um einen neuen Bestwert zu erklimmen.
Macrons Reformwillen und das Tempo, mit dem er seine Wahlversprechen angeht, sind zumindest bemerkenswert. Seine Maßnahmen mögen nicht überall in Frankreich und in der Eurozone auf Gegenliebe stoßen. Ein allgemeiner politischer Konsens ist aber auch nicht zwangsläufig eine Grundvoraussetzung für steigende Börsen.
Einen Blick ist der französische Aktienmarkt, vor allem der CAC 40, vor dem Hintergrund der interessanten politischen und wirtschaftlichen Gemengelage allemal wert. Chancen bieten dabei in erster Linie Werte aus Branchen, in denen der Export einen großen Teil zum Umsatzvolumen beiträgt, so etwa Konsumgüter und Nahrungsmittel. Automobile erscheinen vor diesem Hintergrund ebenfalls interessant; hier sollten Anleger allerdings die möglichen Risiken, die eine sich abzeichnende globale Umwälzung dieser Industrie mit sich bringt, in ihrer Investmentstrategie berücksichtigen. Wer grundsätzlich im Sinne der Risikostreuung eine höhere Diversifikation verfolgen will, sollte auf einen den CAC 40 abbildenden ETF setzen.