Zschabers Börsenblick
Frankfurter Börse: Behält der Bulle zum Jahresende die Oberhand? Quelle: imago images

Fulminanter Jahresendspurt voraus?

Im Vergleich zum Jahresbeginn liegt der Dax deutlich im Plus. Jetzt entscheidet sich, ob die Börse bis Jahresende nochmal nachlegt. Was für eine Jahrendrally spricht und welche Aktien besonders profitieren dürften.

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Kleines Quiz: Wie nennt man ein Projekt, das an und für sich von großer Wichtigkeit ist, an dem viele vermeintlich bedeutsame, mitunter auch namhafte Personen mitwirken, bei dem aber letztendlich auch nach Monaten der Aktivitäten unter dem Strich nichts passiert? BER? Naja, das wäre zwar eine mögliche Lösung – noch richtiger, da noch weitreichender ist aber: Brexit.

An und für sich sind nahezu alle von diesem Thema genervt. Seine Gegner sowieso, mittlerweile angesichts der Zähigkeit der Prozesse wahrscheinlich sogar seine Fürsprecher. Und mittendrin auch die Journalisten, die Tag für Tag darüber berichten müssen, dass es eigentlich nichts Neues zu berichten gibt. Wenn es allerdings einen Aspekt am Brexit gibt, der sich positiv sehen lässt, dann ist es der Umstand, dass sein langes Hin-und-her die Börsianer längst Brexit-resistent gemacht hat. Beweis gefällig? Das Jahr 2019 ist trotz der ganzen Irrungen und Wirrungen um den Ausstieg der Briten – Stand heute – bislang ein gutes Börsenjahr, der Dax liegt deutlich im Plus.

Überhaupt ist es erstaunlich, wie positiv sich der Aktienmarkt entwickelt hat – angesichts der Störfeuer, denen er von vielen Seiten ausgesetzt ist. Zumal viele dieser Unruheherde nicht nur politische, sondern durchaus ernstzunehmende wirtschaftliche Implikationen hatten. Politischen Börsen spricht man ja seit jeher kurze Beine zu. Dass aber bei der Schwere der Verwerfungen, die neben dem Brexit etwa ein weltweiter Handelskrieg mit sich bringen würde, die Indizes im Jahresverlauf immer nur kurzzeitig davon in Mitleidenschaft gezogen wurden, ist schon bemerkenswert. Und paradoxerweise ist es sogar die jüngste Annäherung zwischen den „Kriegsparteien“ USA und China, die die Hoffnung der Anleger aufkeimen lässt, dass 2019 mit einer Jahresendrally aufwarten könnte.

Aktien bleiben die einzige Hoffnung

Was ebenfalls dafür spricht: Von der Liquidität geblendet, die von der Europäischen Zentralbank mit ihrer Zinspolitik produziert wird, „übersehen“ viele Marktteilnehmer die potenziellen Krisenherde. Dass jetzt die neue EZB-Chefin Christine Lagarde aller Voraussicht nach den Kurs ihres Vorgängers Mario Draghi in weiten Teilen fortsetzen wird, spricht dafür, dass sich auch die Stabilität der Aktienmärkte fortsetzt. Angesichts der fehlenden Alternativen an Investmentmöglichkeiten sind und bleiben sie die einzige Hoffnung vieler Renditesuchender und Sparer. Das wurde gerade noch einmal besonders deutlich: In einer repräsentativen Umfrage der Sparkassen-Finanzgruppe über das Anlageverhalten der Deutschen haben Aktien als beliebteste Anlage den jahrelangen Spitzenreiter, Investments in Immobilien, abgelöst.

Ein weiteres Argument für steigende Kurse in den kommenden Wochen bietet der Vergleich mit der Vergangenheit – auch wenn selbst erfahrene Marktteilnehmer in diesem Jahr das eine oder andere Mal ratlos vor der Entwicklung stehen, da es kaum Parallelen zu früheren Situationen gibt. Dennoch hilft ein Blick in die Statistik: In den knapp 30 Jahren seit 1990 hat der Dax jeweils vom 15. Oktober bis zum Jahreswechsel nur sechsmal eine negative Performance aufgewiesen, dafür 23mal eine positive.

Profiteur des Window-Dressing

Das vielzitierte Window Dressing, das manch einem Wert zum Jahresende noch eine Sonderkonjunktur beschert, dürfte daher wohl auch in diesem Jahr eine Rolle spielen. Der Herzogenauracher Sportartikelhersteller Adidas ist ein Kandidat dafür. Die Notierung, die Anfang August ein neues Rekordhoch erklommen hatte, ist bislang der stärkste Dax-Wert des laufenden Jahres – und dürfte dem einen oder anderen Portfoliomanager in den letzten Wochen des Jahres noch eine Investition wert sein.

Es gibt zwar noch weitere Aktien aus Deutschland, die in diesem Jahr gut gelaufen sind. Aber mit der Fußball-Europameisterschaft im kommenden Jahr bietet sich Anlegern bei Adidas auch noch etwas Kursfantasie jenseits des Jahreswechsels – das ist ja gerade für diejenigen ein Argument, die zu Recht sagen, dass die Performance der Vergangenheit keine Garantie für die Entwicklung der Zukunft ist. Wer die Window-Dressing-Idee gut findet, aber Investments aus den USA bevorzugt – vielleicht auch weil er damit rechnet, dass Präsident Trump im Vorfeld der US-Wahl 2020 der Wirtschaft seines Landes das eine oder andere Geschenk machen wird – , kann sich die Liste der bisherigen Jahresspitzenreiter im Dow zu Gemüte führen. Hier wäre Microsoft ein Papier, dem für den Rest des Jahres durchaus noch etwas zuzutrauen sein könnte.

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