Zschabers Börsenblick
Private Haushalte verbrauchen wegen der gestiegenen Homeoffice-Quote aktuell mehr Energie als sonst. Quelle: dpa

Gut versichert und mit Energie in die Post-Corona-Zeit

Die Coronakrise kennt speziell an der Börse viele Gewinner und viele Verlierer. Es gibt aber Sektoren, die auf den ersten Blick weder zur einen noch zur anderen Gruppe gehören – und genau deshalb interessant sind.

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Das, was wir gemeinhin als Coronakrise bezeichnen – und was dem einen oder anderen vorkommt wie eine bereits seit einer Ewigkeit währende Zeitschleife –, ist jetzt ziemlich genau ein Jahr her: Im März 2020 ging es in Deutschland mit der Häufung von Coronafällen und damit verbunden mit Einschränkungen des öffentlichen Lebens los. An der Börse waren die Auswirkungen sogar schon ein bisschen früher zu spüren: Ende Februar begann der in seiner Kürze und Heftigkeit bislang beispiellose Crash, in dessen Zuge es etwa im Dax innerhalb weniger Wochen um rund 40 Prozent mit den Kursen nach unten ging. An anderen Börsen der Welt sah es nicht anders aus, so setzte das Virus die Aktienmärkte auch rund um den Globus kräftig unter Druck und führte zu massiven Verlusten.

Es mag dem Außenstehenden wie eine Schizophrenie der Aktienmärkte vorkommen, aber während das gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Leben trotz der jüngsten Ankündigungen von Lockerungen größtenteils immer noch weit vom Normalzustand entfernt ist, ist das Gros der Aktienverluste längst wieder aufgeholt; zahlreiche bedeutende Indizes wie der Dow Jones oder der Nikkei haben sich wie der Dax in ebenfalls rekordverdächtig kurzer Zeit wieder erholt und weisen mittlerweile höhere Niveaus auf als vor der Krise. Das liegt zum einen an den Rettungspaketen, die viele Staaten für ihre jeweiligen Volkswirtschaften geschnürt haben. Zum anderen aber auch daran, dass manch ein Land besser durch die Krise gekommen ist als andere – darunter zuvorderst China, der globale Wirtschaftsmotor, der schon seit Monaten wieder brummt. Vor diesem Hintergrund sind Branchen, die an der Nachfrage aus dem Reich der Mitte hängen, wieder wesentlich optimistischer mit ihren Prognosen, was sich auch am Aktienmarkt in Form gestiegener Kurse widerspiegelt.

Für Anleger sind in diesem Marktumfeld aber gerade die Sektoren spannend, die das Vorkrisen-Niveau noch nicht erreicht haben – sei es weil sie zum einen weniger im Fokus der Berichterstattung stehen, sei es weil sich ihr Nachholpotenzial in realwirtschaftlicher Hinsicht noch nicht entfaltet hat oder nicht offensichtlich ist. Da wäre etwa die Versicherungsbranche. Speziell im Bereich Industrie und Gewerbe haben die Versicherer durch Corona besonders gelitten: Die hohe Zahl von Unterbrechungen der Produktion, die Ausfälle von Betrieben oder sogar deren komplette Schließung haben zu enormen Schadenaufwendungen geführt. Laut Reinsurance News beläuft sich die Summe der bislang durch Covid-19 bedingten Schäden auf insgesamt 33,7 Milliarden US-Dollar. Nun war es aber in der Vergangenheit häufig so, dass speziell nach Naturkatastrophen die Nachfrage nach Versicherungen zugenommen hat – da Corona durchaus als solche Katastrophe zu werten ist, könnte der Branche durchaus eine Sonderkonjunktur bevorstehen.

Ein anderer Kandidat ist der Energiesektor. Er rückte weder im Zuge der Coronapandemie besonders in den Blickpunkt, noch steht er jetzt in hohem Maße auf den Kaufzetteln der Börsianer. Was auch daran liegen mag, dass man Energieversorger weder zu den großen Gewinnern noch zu den großen Verlierern der Krise zählen kann. Private Haushalte verbrauchen wegen der gestiegenen Homeoffice-Quote aktuell mehr Energie als sonst, doch die diversen Lockdowns haben ihre Spuren beim Gesamtstromverbrauch hinterlassen – dieser sank 2020 in Deutschland laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) gegenüber dem Vorjahr um vier Prozent. Doch auch das ist noch kein Rückgang, den man spektakulär nennen könnte, da hat es andere Sektoren wesentlich schlimmer erwischt.

Dass die Energiebranche für Anleger in den kommenden Monaten spannend sein könnte, ist vielmehr dem Umstand geschuldet, dass dort eine vergleichsweise hohe Bereitschaft zur Einführung nachhaltiger Energietechnologien vorherrscht, speziell im europäischen Kontext. Dass die jeweiligen Unternehmen bislang vergleichsweise gut durch die Krise gekommen sind, sollte für Anleger ein Indiz sein, dass sie sich in nächster Zeit weniger dem Lecken ihrer Coronawunden widmen müssten, sondern ihre Bemühungen in Richtung Energiewende relativ schnell umsetzen können.

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Wenn sich bedingt durch eine höhere Dynamik bei der Impfung der Bevölkerung eine zunehmende „Normalisierung“ des Lebens, speziell auch des Wirtschaftslebens einstellt, dürften beide Branchen zu den interessanteren gehören. Über die Indizes Stoxx Europe 600 Insurance und Stoxx 600 Europe Utilities können Anleger mit entsprechenden ETFs von ihrer Entwicklung profitieren. Denn seien wir mal ehrlich: Nicht nur gegessen und getrunken wird immer, sondern auch Energie verbraucht. Und abgesichert ist man auch ganz gerne – gerade in der Versicherungshochburg Deutschland.

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