Mit den Prognosen darüber, was die kommenden zwölf Monate mit sich bringen werden, dürfte manch ein selbsternannter Augur Anfang 2023 etwas zurückhaltender sein als zu früheren Zeiten. Nachvollziehbar: In den vergangenen drei Jahren haben mit Corona und dem Krieg in der Ukraine gleich zwei Schwarze Schwäne die Märkte im negativen Sinne überrascht und bestimmt.
Vor dem Hintergrund dieser Erfahrung sind viele einfach vorsichtiger geworden, scheinen vermeintliche Automatismen an der Börse nicht mehr so selbstverständlich zu sein wie früher. Nichtsdestotrotz müssen Anleger im Sinne ihrer Strategie trotzdem einen Blick nach vorne werfen, um sich und ihr Depot gut für die kommenden Monate und Jahre zu positionieren – auch wenn sie ihre Einschätzungen mehr mit Wahrscheinlichkeiten versehen denn als Gewissheiten sehen sollten.
Was zumindest nach dem heutigen Stand der Erkenntnisse vergleichsweise wahrscheinlich erscheint, ist ein Comeback eines großen Teils des weltweiten Tourismus. Nachdem deutsche und internationale Experten zuletzt von einem Ende der Corona-Pandemie sowie einem Übergang in eine endemische Situation gesprochen haben und sich China nach umfangreichen Protesten der Bevölkerung von seiner Null-Covid-Strategie verabschiedet hat, deutet einiges darauf hin, dass das Jahr 2023 sich in vielen Bereichen wieder der Prä-Corona-Zeit zumindest annähert. Das dürfte sich vor allem auf die Mobilität auswirken, speziell die Lust auf Reisen. Nach Lockdowns, Quarantänen und Isolationen dürften die Menschen einen besonders großen Drang haben etwas anders zu sehen als ihr Zuhause, das sie – Stichwort Homeoffice – oftmals nicht einmal zum Arbeiten verlassen haben.
An der Luftfahrtindustrie etwa lässt sich der Trend bereits ablesen, wenn für einen Großteil ihres Comebacks auch in erster Linie der Ukraine-Krieg und die allgemein zunehmende Aggression auf dem internationalen politischen Parkett verantwortlich sind –Luftfahrtunternehmen sind oftmals eben auch Rüstungskonzerne und diese profitieren von weltweit steigenden Verteidigungsausgaben. Die Aktie von Airbus jedenfalls hat seit ihrem Corona-Tief von 2020 ihren Wert wieder mehr als verdoppelt.
Tourismus: Erste Anzeichen der Erholung
Erste Anzeichen der Erholung lassen sich aber auch bereits wieder in einzelnen Bereichen des Tourismus festmachen. In Ländern wie Griechenland haben die Gästezahlen im abgelaufenen Jahr 2022 fast das Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019 erreicht, auf einzelnen Inseln wie Santorin und Mykonos sogar darüber. Wie groß der Nachholbedarf sein dürfte, machen Zahlen des Statistischen Bundesamt (Destatis) speziell aus dem Bereich Kreuzfahrten deutlich: Im Jahr 2020 gingen rund 93 Prozent weniger Passagiere auf eine Hochseekreuzfahrt in der Europäischen Union (EU) als im Jahr davor – und auch 2021 blieben die Zahlen um über 80 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau.
Zwar ist manch einer mit seiner Euphorie zurückhaltend vor dem Hintergrund einer bevorstehenden Rezession und angesichts der historisch hohen Inflation. Aus diesem Grund haben die Aktien der im Tourismus tätigen Unternehmen auch noch nicht übermäßig zugelegt. Besagten Nachholbedarf dürften sich viele Menschen jedoch einiges kosten lassen – drei Jahre lang wurde die Urlaubskasse coronabedingt auch nicht so belastet. Zudem lauten einige der jüngsten Prognosen dahingehend, dass die Rezession nicht so schwer ausfallen werde wie noch vor Monaten befürchtet und dass die Inflation auch an Dynamik verliere.
Vor diesem Hintergrund können Anleger durchaus darüber nachdenken, das Thema Urlaub schon jetzt in ihrem Depot zu berücksichtigen und sich etwa über einen ETF auf einen Index mit Touristik-Profiteuren in diesem Bereich zu engagieren, beispielsweise den Stoxx Europe 600 Travel & Leisure. Denn langfristig wird der Tapetenwechsel nicht aus der Mode kommen.
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