Zschabers Börsenblick
Ein Mann meditiert auf einem Schreibtisch Quelle: imago images

Warum Panik gerade jetzt wenig hilfreich ist

Der kühle Kopf ist an der Börse immer viel wert. In einer aufgeheizten Stimmung wie der aktuellen gilt das besonders – auch, weil Chancen im Kurstal dann rechtzeitig erkannt werden.

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Eines vorab: Auch wenn sich im Zuge der Corona-Pandemie die Ereignisse sowohl im Alltag als auch an der Börse zu überschlagen scheinen und der Status quo jeden Tag ein neuer ist – eines hat sich nicht geändert: Panik ist und bleibt ein schlechter Ratgeber, beim Supermarkteinkauf ebenso wie am Aktienmarkt. Zwar kann natürlich schlichtweg niemand abschätzen, wann die aktuelle Corona-Krise einen Wendepunkt erreicht, geschweige denn, wann sie vorüber ist – wenn sich die Virologen schon nicht einig sind, wie sollten es dann die Börsianer sein, von denen vermutlich nicht alle ein Medizinstudium vorweisen können? Und dennoch gibt es einige Überlegungen, die man trotz der angespannten Lage mit einigermaßen kühlem Kopf anstellen kann.

Eine davon ist, dass auch wenn die Corona-Krise in vielen Branchen – der einen mehr, der anderen weniger – für heftige Konjunkturdellen sorgen wird, sich doch an den langfristigen Wachstumsaussichten wenig geändert hat. Es gibt nach wie vor Industrien, die enormes Potenzial haben, das sich nach Corona wieder entfalten wird. So zeigt sich doch gerade im Stresstest, dem die Weltgemeinschaft aktuell ausgesetzt ist, in welchen Bereichen sie für solche Extremsituationen gewappnet ist – und wo sie eventuell für künftige Krisen noch Nachholbedarf hat. So dürfte uns gerade in diesen Tagen bewusst werden, welch Segen die Digitalisierung ist. Beziehungsweise wo sie noch besser werden kann.

Ein weiterer Aspekt ist der, dass auch nach Corona Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit von Investitionen am Aktienmarkt dieselben sein werden wie vorher, zumal vor dem Hintergrund der im Zuge der Krise zusätzlich gefallenen Zinsen andere Anlageklassen keine Option sind. Die reale Beteiligung an einem Unternehmen – nichts anderes ist letztendlich ein Aktienkauf – ist ja gerade dann ein wirksames Werkzeug für Vermögenserhalt und -aufbau, wenn die Inflation zu einem Kaufkraftverlust führt. Das würde selbst und gerade in einem Negativszenario gelten, in dessen Rahmen durch eine möglicherweise nachgelagerte Bankenkrise Kurseinbrüche am Aktienmarkt erfolgen sollten. Die Aktie bliebe als Sachanlage und würde im Gegensatz zu Spargeldern und Termingeldanlagen nicht vernichtet.

Man muss ja auch gar nicht drastische Negativszenarien zeichnen. Noch ist die Corona-Krise von den Ausmaßen der 2007/2008 begonnenen Finanzkrise entfernt, auch da nach wie vor anders als damals eine Menge an Liquidität vorhanden ist – und dafür haben die Aktienkurse bislang schon sehr stark korrigiert, vielleicht sogar zu stark. Ob dies nun der Unsicherheit der Marktteilnehmer geschuldet sei, oder ob die Nervosität nicht auch mit dem zunehmenden Einfluss von automatischen Handelsprogrammen zusammenhängt, die bei bestimmten Marken ungeachtet der Nebengeräusche verkaufen, sei dahingestellt.

Anleger sollten sich auf die Zeit nach Corona einstellen

Es muss auch für Privatanleger zum jetzigen Zeitpunkt darum gehen, sich bewusst zu werden, dass es ein Leben nach Corona geben wird – selbst wenn Maßnahmen wie die Einschränkung des öffentlichen Lebens uns suggerieren mögen, dass die Krise noch näher am Menschen „dran“ ist als seinerzeit die Banken- oder die Euro-Schuldenkrise. Doch es gibt Branchen, die, wenn sich die Panik aus den Märkten zurückzieht, aufgrund ihres Potenzials auch an der Börse wieder nachgefragt werden; und das kann dann ganz schnell gehen.

Nachholbedarf ist auch hier ein gutes Stichwort, etwa im Zusammenhang mit dem Sektor der Öl-Multis. Auf die Kurse von Konzernen wie Royal Dutch Shell, BP oder Exxon Mobil drücken zurzeit gleich zwei Belastungsfaktoren: Da ist neben Corona – als würde das nicht schon genügen – ein „Ölkrieg“ innerhalb der OPEC, in dessen Mittelpunkt Saudi-Arabien und Russland als Gegner stehen. Wenn sich an diesen beiden Fronten Entspannung abzeichnet, dürften die Notierungen der Ölmultis ganz schnell zulegen. Zumal sich auch ihre Dividendenrenditen durch die jüngste Korrektur auf einem mehr als attraktiven Niveau befinden – dass viele Unternehmen ihren Anteilseignern noch Dividenden ausschütten, ist nach wie vor eines der besten Argumente für die Anlageklasse Aktie. Corona hin oder her.

Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss.

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