Zschabers Börsenblick
Quelle: rtr

Was kommt nach dem Allzeithoch?

Der Dax notiert nah am neuen Allzeitrekord, trotz Grund zur Sorge ist die Börsenstimmung gut. Warum der Aktienmarkt nach den jüngsten Hochs weitersteigen könnte: zwei Contras, ein großes Pro.

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Es gibt am Aktienmarkt den berechtigten Hinweis, dass Emotionen die schlechtesten Ratgeber seien. Wer sich nur auf seinen Bauch verlässt, dabei aber den Kopf vernachlässigt, Fundamentaldaten ignoriert und Fakten außen vor lässt, der läuft Gefahr, sich zu verrennen. So weit, so gut. Und richtig.

Und doch hat die Maßgabe, bloß immer seine Gefühle im Zaum zu halten, einen Nachteil: Sie verführt dazu, in guten Börsenphasen grundsätzlich immer das Haar in der Suppe zu suchen, um sich bloß nicht von einer vermeintlichen Euphorie erfassen zu lassen, in deren Folge die Blase gestiegener Kurse platzen könnte. So manch eine Kursrally, manch eine Chance ist vor dem Hintergrund dieser Befürchtung schon verpasst worden.

Genau in einer solchen Phase, die zu übertriebener Zurückhaltung führen könnte, befinden wir uns gerade. Die Aktienmärkte sind auf beziehungsweise nahe ihrer bisherigen Allzeithochs, das allein ruft die Skeptiker auf den Plan. Doch dem ohne Frage zurzeit im Markt vorhandenen Momentum können sie nur wenige Argumente entgegenbringen – es gibt schlichtweg zu wenig negative Aspekte.

Da wären an und für sich lediglich zwei nennenswerte Punkte. Zum einen hat das Coronavirus – so viel steht mittlerweile fest – erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. So ist es mehr als erwähnenswert, dass Apple seine eigene Umsatzprognose für das laufende Quartal nach unten anpasste – eine wegen Corona langsamer als geplant hochfahrende Produktion verursacht Lieferengpässe – und dass bei Adidas das China-Geschäft im Februar förmlich einbricht. Überhaupt dürfte die gesamte Volkswirtschaft Chinas im Zusammenhang mit dem Virus einen merklichen Anteil ihres Wachstums einbüßen.

Zum anderen könnte zumindest in dem einen oder anderen Markt noch eine Entwicklung für Unbehagen sorgen, die in der Fülle der Corona-Schlagzeilen etwas untergeht: Das Handelsabkommen zwischen den USA und China führt zu einer Verlagerung von Nachfrageströmen – was sich im negativen Sinne auf die Exportquoten Europas und hier vor allem Deutschlands auswirkt.

Dennoch – auch wenn manch ein Börsianer es nicht mehr hören kann (was aber nichts daran ändert, dass dem schlichtweg so ist): Es ist viel Liquidität vorhanden, die allesamt in den Markt fließen und dessen Entwicklung zugutekommen kann. Doch es sind nicht nur die niedrigen Zinsen, die Hoffnung auf weiter steigende Kurse machen. Es ist auch der ökonomische Status quo: Trends wie Konsum, Dienstleistungen, Baugewerbe, Infrastruktur und Einzelbereiche der Produktion bewegen sich zwar nicht auf Allzeithoch, erweisen sich aber als äußerst stabil. Dazu gibt es viele Themen rund um den Globus, die das Wachstum stimulieren, da wären schon allein die Umweltproblematik und die Digitalisierung zu nennen.

Der Dax, auch wenn er von manch einem Experten in punkto Branchenverteilung für zu wenig ausgewogen gehalten wird, beinhaltet eine Reihe von Weltmarkt- und Innovationsführern in vielen Industrien, die bei der Entwicklung von Trends eine große Rolle spielen. Nicht von ganz ungefähr hat Deutschland vor einem Monat mit seinem ersten Platz im Innovationsranking von Bloomberg für Aufsehen gesorgt. Der Deutsche neigt ja gerade im ökonomischen Kontext dazu, sich manchmal selbst etwas kleiner zu machen, als er eigentlich ist.

Nun mag Bescheidenheit eine Zier sein – in der Wirtschaft und am Aktienmarkt muss sie aber nicht die erfolgversprechendste Eigenschaft sein: Eine falsche Zurückhaltung kann gerade an der Börse in der Retrospektive für richtig schlechte Laune sorgen.

Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss.

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