Es gibt eine Unmenge an Branchen, die unter Corona leiden. Und nur ganz vereinzelte, die davon profitieren. Dazwischen steht eine Reihe von Industrien, die von Corona zumindest auf lange Sicht mehr oder minder nicht beeinträchtigt werden, deren Aktien aber aktuell in Sippenhaft mit den Krisenverlierern genommen werden und an der Börse entsprechend unter Druck geraten. So opportun es klingen mag, aber gerade in diesen Segmenten lauern gerade für langfristig orientierte Anleger große Chancen.
Ein Bereich, in dem es in den vergangenen Wochen umfangreiche Kurskorrekturen gegeben hat, ist die Wasserstoff-Branche. Für Papiere dort tätiger Unternehmen ging es im Zuge des historisch schnellen Corona-Crashs ebenfalls deutlich nach unten. Dabei hatten ihre Notierungen zuvor ein Hoch nach dem anderen erklommen, nachdem ihr Potenzial vor dem Hintergrund der Klimadebatte ins Bewusstsein von Anlegern gerückt war.
Nun ist die Lust der Börsianer am Wasserstoff keine neue Leidenschaft. Bereits vor rund zwei Jahrzehnten kamen Aktien aus diesem Bereich erstmals in den Fokus von Investoren. Wer sich schon damals für das Segment interessierte, wird sich an Ballard Power erinnern. Der kanadische Hersteller von mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen war damals einer der Pioniere dieser Technologie und eines ihrer Flaggschiffe auch am Aktienmarkt: Im Februar 2000 notierte Ballard Power an der Heimatbörse in Toronto auf dem Zwölffachen des heutigen Niveaus.
Allerdings steckte diese Industrie wenn auch nicht in den Kinderschuhen, so doch in einem wesentlich früheren Stadium als heute, weshalb das Interesse des Kapitalmarkts dann auch wieder nachließ. Einen nicht unerheblichen Anteil der damit einhergehenden Kursverluste hatte auch das Platzen der Dotcom-Blase, in dessen Zuge innovative Ideen an der Börse abgestraft wurden. Sippenhaft ist nicht auf Corona beschränkt.
Natürlich werden auch nach der Krise Anleger kritisch auf die Nachteile der Wasserstoff-Technologie schauen; dazu gehören zweifellos ihre vergleichsweise hohen Kosten. Diese könnten allerdings in den kommenden Jahren im Zuge einer Ausweitung der Produktion und der Nutzung von Skaleneffekten reduziert werden. Entscheidend wird dafür sein, dass die Branche ihre großen Stärken ausspielen und kommunizieren kann. Und hier ist in erster Linie die große Reichweite zu nennen, die den großen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz der Elektromobilität bedeutet.
Das geruchslose Gas lässt sich aber auch gut speichern. Und Energiespeicher werden wiederum benötigt, wenn die Stromversorgung überwiegend durch Windräder und Photovoltaikanlagen erfolgen soll. Bisher müssen die Versorger ihre Ökostrom-Anlagen vom Netz nehmen, wenn der Wind stark weht und die Sonne kräftig scheint und gleichzeitig der Stromverbrauch nicht entsprechend hoch ist. In Zukunft könnte der überschüssige Öko-Strom für die Elektrolyse von Wasser zu Wasserstoff und Sauerstoff genutzt werden. Dieser „grüne Wasserstoff“ kann in Tanks gespeichert und bei Bedarf verstromt werden.
Rückenwind dürfte wohl auch von der Politik kommen, zumal nach dem Ende der Corona-Krise im Zuge der Klimadiskussion wieder eine umweltverträglichere Energieversorgung ganz oben auf der Nachhaltigkeitsagenda vieler Staaten stehen wird. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier etwa hat bereits vor Wochen mit seinem Ministerium einen Entwurf erarbeitet, der den Titel „Nationale Wasserstoffstrategie“ trägt; bis 2026 will er den Bereich mit einem Betrag von zwei Milliarden Euro fördern.
Es gibt also mehrere Aspekte, die darauf hindeuten, dass die langfristige Aussicht für Wasserstoff und die in diesem Bereich tätigen Unternehmen vielversprechend ist. Man darf sich aber nicht vertun: Es ist ein technisch anspruchsvolles Gebiet – Anleger sollten nicht wahl- und ahnungslos auf Einzelwerte losgehen, ihnen bietet sich im Sinne einer Diversifikation eher ein Branchen-Korb wie möglicherweise das Indexzertifikat von Morgan Stanley (DE000MC2G7Q8) an, natürlich mit den üblichen oder auch höheren Kapitalmarktrisiken in diesem Bereich.
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Während die deutsche Wirtschaft noch über die richtige Strategie streitet, lässt sich in den Niederlanden bereits besichtigen, wie sie aussehen könnte: Dort wächst die erste grüne Wasserstoffökonomie der Welt: Die Zukunft von nebenan.
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