Computerhandel Börsencomputer reagieren automatisch auf Nachrichten

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Sekunden zählen

Für die hoch spezialisierten Hedgefonds-Manager und Eigenhändler von Banken, sind die Veröffentlichungstermine marktrelevanter volkswirtschaftlicher Daten eine wichtige Größe. Wochen im Voraus wissen sie, wann und auf welchen Kanälen Zahlen und Entscheidungen veröffentlicht werden.

Analysten geben zu diesen Daten Prognosen ab, Börsianer lassen sie in ihre Schätzungen von Unternehmensgewinnen oder Zinskurven einfließen. Trader wissen, welcher Markt sensibel auf welche Nachricht reagiert. Mit der richtigen Wenn-dann-Funktion scheffeln sie Gewinne, weil sie noch vor allen anderen auf die richtigen Papiere setzen können. Und sie vermeiden Verluste, indem sie ihre Papiere unmittelbar nach der Nachricht verkaufen, bevor andere die Neuigkeit lesen und ihre Kaufaufträge aus den elektronischen Systemen nehmen.

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Die Börse reagiert oft schon in der Sekunde der Veröffentlichung auf neue Zahlen (siehe Grafik).

Unangenehmer Nebeneffekt der neuen Systeme: Je mehr Trader die ultraschnellen Feeds nutzen und je größer ihre Handelsvolumina werden, desto heftiger fallen die Börsenausschläge in Zukunft aus. Privatanleger, die in der Regel nicht jeden Tag traden, sondern Aktien über längere Zeit halten, können diese Schwankungen im Prinzip kalt lassen. Doch Nerven kosten sie allemal. Und Aktienbestände mittels automatischen Stop-Loss-Marken abzusichern, bei deren Durchbrechen die Bank automatisch verkauft, wird riskanter. Die Gefahr nimmt zu, dass ein Anleger bei einem kurzen, heftigen Einbruch zu billig verkauft und bei der folgenden Kurserholung nicht mehr investiert ist.

Der blitzschnelle Handel auf Basis veröffentlichter Daten und Nachrichten gewinnt an Fahrt, auch weil große Banken das Thema promoten. Die Deutsche Bank brachte erst im Juli die mehr als 30 Seiten lange Studie „Beyond the headlines“ (Jenseits der Schlagzeilen) heraus. Das Thema Handel mit Nachrichten sei „besonders interessant“ und man habe bereits „sehr viel Arbeit“ hineingesteckt, heißt es darin.

Den Bankstrategen geht es vor allem um eins: Inwieweit können Maschinen in Echtzeit die Sprache in journalistischen Artikeln analysieren und den sprachlichen Ton blitzschnell in negative und positive Aussagen zu einer Firma einteilen?

Erste neue Ansätze dazu gibt es. Reuters NewsScope Analytics etwa misst, wie einzigartig und bedeutungsvoll ein Text ist. Denn Informationen, die neu und überraschend sind, haben größeren Einfluss auf die Börse. In einem zweiten Schritt bewertet das System, ob der Text positiv, neutral oder negativ ist. Reuters teilt den Artikeln Plus- und Negativpunkte zu – je nachdem, wie positiv oder negativ über ein Unternehmen oder eine Branche berichtet wird.

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