
Soviel ist sicher: Aktien, die in den Deutschen Leitindex Dax aufgenommen werden, haben vor der Aufnahme bereits einen ordentlichen Kurssprung gemacht, denn die Kursentwicklung und der Börsenumsatz gehören zu den wichtigen Aufnahmekriterien. Die Aktie des Baustoffkonzerns HeidelbergCement legte in den vergangenen zwölf Monaten als Mitglied im Börsenindex MDax 50 Prozent zu. Der Dax-Absteiger, der Stahlkonzern Salzgitter – jetzt MDax-Mitglied – hat hingegen in dem Zeitraum zehn Prozent an Wert eingebüßt, während der Leitindex Dax 30 Prozent gewann.
Weil sich börsennotierte Indexfonds, sogenannte Exchange-Traded Funds (kurz: ETF), immer genau an der Zusammensetzung der Indizes orientieren, vollziehen sie den Wechsel der Aktien taggenau nach. Salzgitter fliegt also zu dem derzeit niedrigen Kurs raus aus den Dax-Indexfonds, HeidelbergCement kommt rein. Am Stichtag 21. Juni 2010 legen beide Aktien bis zum Mittag zwar je um 0,5 Prozent zu, bleiben aber damit hinter ihren Leitindizes zurück, denn der Dax gewinnt 1,2 Prozent, der MDax 0,6 Prozent.
Dass die Dax-Aufnahme der HeidelbergCement-Aktie weitere hohe Kursgewinne bringt, bezweifelt Peter Ott, Fondsmanager des deutschen Aktienfonds Mainfirst Germany von der Frankfurter Fondsboutique Mainfirst: „Es hat sich schon häufig gezeigt, dass Unternehmen nach der Aufnahme in den Dax unterproportional performen. Zudem war HeidelbergCement bereits ein großer MDax-Wert und daher wurde der Titel bereits von Analysten und Fondsmanagern intensiv beobachtet.“
Aktienanalysten sind allerdings noch immer euphorisch: 26 von 31 Analysten, die dem Datenanbieter Bloomberg Einzelwert-Empfehlungen liefern, sprechen sich für einen Kauf der Baustoff-Aktie aus. „Die erfolgreiche Platzierung des Aktienpakets der Merkle-Gruppe hat die Analysten überzeugt. Als Zementhersteller könnte das Unternehmen auch von der erwarteten weltweiten Konjunkturerholung profitieren. Ich bezweifle allerdings, dass die derzeit sehr optimistischen Schätzungen erfüllt werden können“, sagt Ott. Es wäre nicht ungewöhnlich, wenn sich die Begeisterung für die Heidelberger erst einmal legen würde. In der Vergangenheit hatten Neulinge im Dax zumeist einen schweren Stand.
Verlust für Kabel Deutschland
Diese Erfahrung machte der MDax-Neuling Kabel Deutschland gleich am ersten Tag der Indexaufnahme. Der Kurs des Kabelnetzbetreibers fiel entgegen dem Trend bis zum Mittag durch Gewinnmitnahmen um 1,5 Prozent. Erst seit drei Monaten war das Unternehmen an der Börse notiert und auch in dem Zeitraum mit einem Plus von fünf Prozent nicht gerade ein Überflieger. Mancher Anleger scheint das Vertrauen schon jetzt verloren zu haben – das ist kein gutes Zeichen.
Analystenschätzungen gehen davon aus, dass das Unternehmen erst im Jahr 2012 schwarze Zahlen schreiben wird. Peter Ott von Mainfirst ist aber skeptisch, ob der Turnaround wirklich gelingen wird. Zwar könne das Unternehmen günstig hohe Geschwindigkeiten beim Internetzugang und DSL anbieten und damit sowohl der Deutschen Telekom wie auch anderen Internetprovidern Konkurrenz machen, allerdings gebe es noch gravierende Qualitätsprobleme, die sie in den Griff bekommen müssten.
Brenntag, der Chemikalienhändler aus Mülheim an der Ruhr, ist der andere MDax-Aufsteiger. Das traditionsreiche Unternehmen ist ebenfalls erst seit drei Monaten an der Börse, es gilt aber vielen als solide. „Die Margen sind allerdings in dem Chemikalienhandels-Geschäft nicht sehr hoch, daher schauen sich die Mülheimer nach Zukaufsmöglichkeiten um und könnten daher eine wichtige Rolle spielen, wenn sich der Markt konsolidiert“, sagt Ott.
Fondsmanager, die wie Ott nicht auf die Zusammensetzung eines Index schielen, wenn sie ihren Fonds bestücken, können Unternehmen frühzeitig verkaufen, wenn die Aussichten trübe werden oder sie können im besten Fall sogar potentielle spätere Indexkandidaten noch zu günstigeren Kursen kaufen. All diese Möglichkeiten haben Indexfonds nicht, die sich stur an der Zusammensetzung ihrer Vorbilder orientieren.
Das führte in den vergangenen Wochen für die Anleger passiver Indexfonds einige Male zu unglücklichem Timing: So werden Anleihen von Griechenland bei Anleiheindexanbietern wie Markit iBoxx, Barclays Capital und Citigroup erst Ende Juni und damit zu Tiefstkursen aus den Anleihe-Indizes verbannt. Mit der Aktie des Ölkonzerns BP tun sich hingegen Nachhaltigkeitsfonds schwer. Erst am 4. Juni haben die Indexanbieter Dow Jones Indexes und SAM angekündigt, den britischen Ölkonzern BP aus ihrem Nachhaltigkeits-Index zu werfen. Bis dahin hatte der britische Ölkonzern bereits seit sechs Wochen den Golf von Mexiko mit Öl und die Aktie hatte etwa ein Drittel ihres Wertes eingebüßt.