Die neue WiWo App Jetzt kostenlos testen
Download Download

Deutsche Börse und Nyse Euronext Koch und Kellner der neuen Mega-Börse

Von der Fusion der Deutschen Börse mit der Nyse Euronext profitieren vor allem die Amerikaner.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Duncan Niederauer mit Reto Quelle: dapd

New Yorks Börsenchef Duncan Niederauer – bei der Analystenpräsentation des Fusionsprojekts in der alten Frankfurter Börse per Video zugeschaltet – musste sich sichtlich zurückhalten: Immer wieder geriet er in Gefahr, den Moderator zu spielen, Fragen und Antworten zu verteilen, seine Mitstreiter in Frankfurt an die Wand zu drücken. Der smarte Ex-Banker von Goldman Sachs las als Einziger nicht vom Blatt ab.

Frankfurts Börsenchef Reto Francioni blieb blass, lachte brav über ein Witzchen seines Gegenübers in New York. Frei nach Ex-Kanzler Gerhard Schröder, der so sein Verhältnis zu Joschka Fischer definierte: Hier war allen klar, wer in der transatlantischen Mega-Börse Koch sein wird und wer Kellner. Die Frankfurter werden zwar nicht müde zu betonen, dass Francioni als Verwaltungsratsvorsitzender die strategische Oberhoheit behalten soll.

Doch das Tagesgeschäft bestimmt der CEO: Niederauer. Für Frankfurt unangenehme Wahrheiten werden häppchenweise ans Licht kommen. Während es vor Kurzem etwa noch hieß, in den Länderbörsen bleibe nach der Fusion alles beim Alten, deutet jetzt einiges darauf hin, dass Frankfurt sein Xetra-Handelssystem abschaffen muss.

New York braucht die Fusion

Francioni sagte in Frankfurt, eine Fusion unter Gleichen wäre noch vor einiger Zeit nicht darstellbar gewesen, weil die Deutsche Börse schlicht viel mehr wert war als Nyse Euronext. Jetzt aber, da die Nyse Euronext stärker an Wert gewonnen hat, sei die Fusion möglich. Aktionäre der Deutschen Börse sollten sich das auf der Zunge zergehen lassen: Man bewegt Unternehmen und Aktienkurs möglichst wenig, wartet, bis der Partner aufgeholt hat – und kann dann den ersehnten Deal machen.

Vor Bekanntgabe des Zusammenschlusses lag das Marktwert-Verhältnis der neuen Partner bei 63 zu 37 – zugunsten der Deutschen Börse. Deren Aktionären wurden dann mal schnell ein paar Prozentpunkte abgeknapst, sodass die Fusion zum Verhältnis 60 zu 40 laufen soll. Warum eine Börse, die 50 Prozent mehr wert ist als die andere, nicht den Vorstandschef stellen soll, bleibt Francionis Geheimnis. Druck durch Wettbewerber kann ihn kaum in die Arme der Nyse getrieben haben: Neue Plattformen, die Börsen Marktanteile abjagen, haben es vor allem auf das Aktiengeschäft abgesehen. Das aber bringt Nyse Euronext die Hälfte der Umsätze, bei der deutschen Börse nur zwölf Prozent. Mit ihren starken Standbeinen bei Derivaten und der Verwahrung von Wertpapieren kann die Deutsche Börse den neuen Wettbewerbern gelassener begegnen als ihr Gegenüber. Nyse Euronext war in einem immer schlechter funktionierenden Geschäftsmodell gefangen und hat sich durch die Fusion gerettet. New York – von den weitgehend untergebutterten europäischen Partnern aus der ehemaligen Euronext spricht niemand mehr – braucht die Fusion viel dringender als Frankfurt. Auch deshalb ist es unwahrscheinlich, dass die Chicagoer Börse CME noch ein Konkurrenzangebot für Nyse Euronext abgeben wird.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%