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Engelmanns Eigenhandel

Kölscher Klüngel zwischen Peking und Athen

Hinter der Ankündigung Chinas, Griechenland ein paar ihrer Anleihen abzukaufen, steckt knallhartes Kalkül, meint unser Kolumnist.

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Oliver Engelmann, Rentenmarktexperte

Waren Sie eigentlich in letzter Zeit mal wieder beim Chinesen um die Ecke? Auf eine "Ente süß-sauer" oder ein "Schnitzel nach Kanton Art"? Wenn nicht, dann wird's höchste Zeit. Schließlich haben wir allen Grund, den Chinesen dankbar zu sein. Monatelang hatten wir uns um den Zustand der griechischen Staatsfinanzen gesorgt, Schreckensszenarien entworfen und selbst unsere Gemeinschaftswährung bereits kurz vor dem Untergang gewähnt. Doch dann traten vor kurzem Wen Jiabao, seines Zeichens Ministerpräsident aus dem Reich der Mitte, und sein griechischer Amtskollege Giorgos Papandreou vor die versammelte Presse, um der interessierten Weltöffentlichkeit kund zu tun, dass China künftig einen klitzekleinen Teil seiner gigantomanischen Devisenreserven in Anleihen des Mittelmeerstaates investieren möchte.

Natürlich soll diese Investition nicht nur der Diversifikation des Pekinger Devisenportfolios dienen, sondern zugleich die bilateralen Handelsbeziehungen ankurbeln. Ein wenig Pathos schwang mit, als Wen Jiabao mit einem für Chinesen doch eher ungewöhnlichen Überschwang verkündete: "Die guten Freunde sind da um zu helfen, wenn einer es braucht." Als Rheinländer fühlte ich mich unwillkürlich an ähnliche Bekenntnisse aus meiner vormaligen Heimat erinnert. "Echte Fründe ston zusamme", so pflegt man dort in Anlehnung an das gleichnamige Lied der volkstümlichen Unterhaltungskombo "De Höhner" zu sagen.

Sind Dollar-Zweifler Ketzer ersten Ranges?

Entwickelt sich nun also neben dem "Kölschen Klüngel" auch ein griechisch-chinesischer? Es sieht fast danach aus. Gewiss wird noch einiges Wasser den Yangtse herunter fließen, bevor auf der Akropolis die rote Fahne mit dem Stern weht und in der Plaka, der Athener Altstadt, Rikschas durch die engen Gassen rasen. Auch soll das Versprechen, griechische Staatsanleihen zu kaufen, erst im kommenden Jahr eingelöst werden, und zwar dann, wenn die Griechen den Kapitalmarkt wieder mit einer länger laufenden Anleihe anzapfen wollen. Nichtsdestotrotz haben die Chinesen den Griechen mit ihrem Versprechen zu investieren bereits geholfen. Die Renditedifferenz zwischen Anleihen aus Athen und ihren deutschen Pendants engte sich in der vergangenen Woche weiter ein. Ob allerdings ein solch hehres Ideal wie das der Freundschaft der Grund dafür ist, dass Peking Athen unterstützen möchte, darf bezweifelt werden.

Hinter den Plänen der Chinesen steckt knallhartes wirtschaftliches Kalkül. Die bilateralen Handelsbeziehungen sind dabei wohl eher zweitrangiger Natur. Wichtiger dürfte es für Peking sein, sich in Sachen Finanzanlagen aus der Abhängigkeit der Vereinigten Staaten zu lösen. Denn bislang investierte Peking den größten Teil seines Kapitals in Staatsanleihen der amerikanischen Regierung (US-Treasuries) und wiewohl die derzeit immer noch von allen führenden Rating-Agenturen mit der Bestnote AAA bewertet werden, fragt sich so mancher, ob griechische Anleihen nicht am Ende sogar größere Sicherheit bieten.

Der Dollar wird leiden

Natürlich sind diejenigen, die an der Bonität von "God's own country" zweifeln, Ketzer ersten Ranges, die im Mittelalter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf einem Scheiterhaufen verbrannt worden wären. Aber: Zweifel an der Wertstabilität von US-Treasuries sind angesichts der mittlerweile astronomischen Verschuldung der Staaten durchaus erlaubt. Ebenso wie Zweifel an der Stabilität des Dollar, den die amerikanische Notenbank unter dem Deckmäntelchen des "quantative easing" Tag für Tag in ihrem Keller druckt. Erst jüngst äußerte sich der Investment Guru Marc Faber in einem Interview extrem negativ zu den Zukunftsaussichten der US-Währung. Zwar halte ich dessen These, der Dollar werde auf Null fallen, für eine starke Übertreibung  -   wahrscheinlich geboren aus dem Bestreben, mit einer möglichst provokanten Äußerung das Interesse der Öffentlichkeit zu erregen. Doch dass der Dollar in Zukunft leiden könnte, davon bin auch ich überzeugt.

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