Expertenkolumne Keine Steuererstattung für ausländische Briefkastenfirmen

Privatanleger müssen grundsätzlich auf Dividenden 25 Prozent Kapitalertragsteuer zahlen. Ausländische Kapitalgesellschaften können hingegen von der Kapitalertragsteuer entweder gänzlich freigestellt werden oder unterliegen nur einem Steuersatz von fünf bis 15 Prozent.

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Marcus Hornig Quelle: Arndt Sauerbrunn / S7udio

Das gilt jedoch nicht für Briefkastenfirmen. Mit seiner Entscheidung schiebt der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 29.01.2008, I R 26/06) einem möglichen Missbrauch einen Riegel vor.

Um der Kapitalerstragsteuer zu entkommen, werden bisher in der Praxis insbesondere ausländische Gesellschaften als Briefkastenfirmen zwischen die nicht berechtigte Person und die deutsche Kapitalgesellschaft, die die Dividende zahlt, geschaltet (sogenanntes „treaty shopping“ oder „directive shopping“).

Jetzt hat der BFH umfassend und detailliert zu dem Problem Stellung bezogen: Im vorgelegten Fall ging es um einen Schweizer, der über ein Luxemburger Treuhandunternehmen eine ebenfalls dort beheimatete AG (Lux-AG) gründen ließ. Alleiniger Geschäftszweck der AG war das Kaufen und Halten von Unternehmensbeteiligungen im In- und Ausland. Eine dieser Tochtergesellschaften mit Sitz in Deutschland zahlte Dividenden an die Lux-AG, die darauf in Deutschland keine Kapitalertragsteuer zahlen musste. Die Lux-AG wiederum leitete die Dividenden an ihre Mehrheitsgesellschafterin, eine Limited mit Sitz in der Steueroase Britische Jungferninseln, weiter. Vertreten wurde die Limited durch ein Mitglied des Verwaltungsrates der Lux-AG, das auch deren Mitbegründer war. Doch die Lux-AG war nur eine Briefkastenfirma. Sie verfügte in Luxemburg weder über Büroräume, Personal noch über Kommunikationsmittel.

In dieser Konstruktion sahen die Richter nur eine zwischengeschaltete Gesellschaft ohne eigene wirtschaftliche Tätigkeit und nahmen einen Umgehungsfall an. Sie sprachen ihr daher keinen Anspruch auf Befreiung von der Kapitalertragsteuer nach § 50d Einkommensteuergesetz (EStG) zu.

Mit dieser Entscheidung folgt der BFH nun erstmals auch der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) seit dessen Entscheidung in der Rechtssache “Cadbury Schweppes“ im Jahr 2006. Und hat sich damit gegen die Auffassung der Finanzverwaltung gestellt. Diese lebt nach wie vor noch in einer Schwarz-Weiß-Welt, in der entweder “gute“ ausländische Zwischengesellschaften mit einer aktiven Tätigkeit bestehen dürfen oder “schlechte“ passive ausländische Zwischengesellschaften mit Kapitalanlage- oder Finanzierungscharakter als rechtsmissbräuchlich gelten.

Der BFH plädiert nun für eine genauere Einzelfallprüfung, so wie es auch der EuGH hält: Danach soll es nicht steuerschädlich sein, wenn eine zwischengeschaltete Gesellschaft lediglich Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften hält, also eine reine Kapitalanlagefunktion ausübt. Sie muss daher auch nicht zwingend über eine besondere räumliche und personelle Ausstattung verfügen. Sie darf sogar für diese Aufgaben einen Dritten beauftragen.

Jedoch sagt der BFH nun, dass dieses “Substanzdefizit“ im konkreten Einzelfall ersetzt werden muss. Die Zwischengesellschaft hat im Gegenzug zu ihrem Substanzdefizit auf jeden Fall ihre Anlageentscheidungen nachweislich selbst zu treffen. Diese von eigener wirtschaftlichen Tätigkeit zeugenden Entscheidungen darf sie nicht anderen überlassen. Insbesondere nicht den hinter ihr stehenden agierenden Personen, noch dazu, wenn sie in Steueroasen mit einer minimalen über überhaupt keiner Besteuerung residieren.

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