Expertenkolumne Pflege soll sich beim Erbe lohnen

Mit einem neuen Gesetz soll das Erbrecht reformiert werden. Nach 100 Jahren ist es dafür endlich an der Zeit.

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Niels Becker

Tatsächlich ist das Erbrecht eine Materie, die in den vergangenen Jahrzehnten nur wenig geändert wurde und deren Normen sich bewährt haben. Im Vergleich mit anderen Staaten können die vermeintlich angestaubten Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gut mithalten. Warum dann also eine Reform?

Hin und wieder muss der Gesetzgeber auch das Erbrecht an veränderte Realitäten anpassen. Zuletzt war dies mit der Gleichstellung außerehelicher Kinder der Fall. Jetzt soll im Erbrecht unter anderem auch der alternden Gesellschaft Rechnung getragen: Die von Familienangehörigen geleistete Pflege soll sich beim Erben auszahlen.

Hintergrund: Die Mehrheit der Pflegebedürftigen wird nicht im Heim, sondern zu Hause versorgt. In der Regel wird in solchen Fällen nichts „Schriftliches“ vereinbart, dass eigentlich eine Bezahlung für diese Leistungen zu erbringen sei. Zwar können auch pflegende Angehörige Geld aus der Pflegeversicherung erhalten; aber nicht immer reicht dieses. Zudem kommt das Geld auch nicht wirklich bei dem Familienangehörigen an, so dass sie für ihre Pflegeleistungen leer ausgehen.

Früher war es häufig eine Frage des Anstands, dass - wenn sich ein Geschwisteranteil der Pflege der alten Eltern annahm - die übrigen dies beim späteren Erbe berücksichtigten. Aber die Praxis zeigt, dass gerade beim Erben nicht eben jeder seine großzügigste Seite zeigt.

Bisher gab es bereits im BGB (§ 2057a) eine zwar nicht hundertjährige aber immerhin schon 1969 eingeführte Regelung, mit der beim Erben die Pflegeleistung eines Kindes des Erblassers gegenüber den Geschwistern bei der Aufteilung des Nachlasses berücksichtigt werden konnte.

Diese Regelung ist aber in verschiedener Hinsicht verunglückt und praktisch meist nicht von Bedeutung:

Einerseits wird sie nur relevant, wenn ein Kind des Erblassers ihn gepflegt hat und nun gegenüber seinen Geschwistern besser gestellt werden soll. Das bedeutet, wenn die Schwester oder der Bruder des Erblassers die Pflege übernommen hatte, geht sie bisher leer aus.

Zum anderen ergibt sich aber auch das Problem, dass das pflegende Kind nur dann einen Ausgleich erhält, wenn es dadurch auf ein eigenes Einkommen verzichtet. Ist also die Tochter des Erblassers „nur“ Hausfrau, hat sie bislang keinen Anspruch auf Ausgleich.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung bedeutet nun in vielerlei Hinsicht eine Verbesserung - ohne aber alle Fragen zu lösen.

Künftig sollen alle Angehörigen, die Pflegeleistungen erbringen, einen Ausgleichsanspruch gegenüber den Miterben haben. Allerdings müssen sie dazu selbst Erben sein. Hat der Erblasser zum Beispiel ein Testament gemacht, mit dem er jemand anderen bedenkt, gehen die Pflegenden auch weiterhin leer aus.

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