Finanzkrise Das Gift des Misstrauens erreicht die Banken

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Amerikanische Geldmarktfonds haben bereits angefangen, sich aus europäischen Banken zurückzuziehen. Im Juli haben sie ihre Bonds aus der Euro-Zone um rund zehn Prozent auf 340 Milliarden Dollar reduziert, wie Berechnungen von JP Morgan zeigen.

Einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge sorgt sich auch die regionale Notenbank aus New York um die Refinanzierungsbedingungen europäischer Banken, die Ableger in den USA haben. In den vergangenen Tagen hätten mehrere Gespräche stattgefunden, heißt es in dem Artikel. Die Amerikaner hätten sich vergewissern wollen, ob die Banken verlässliche Finanzierungsmöglichkeiten hätten. Ein Sprecher der regionalen Notenbank wollte sich nicht dazu äußern. Er verwies auf Äußerungen des New Yorker Fed-Präsidenten William Dudley. Der sagte, dass die Fed europäische und amerikanische Banken täglich und gleichermaßen beobachte.

Auch die Deutsche Bank beschwichtigt. "Die Wahrscheinlichkeit, dass es eine waschechte Liquiditätskrise wie 2008 gibt, ist relativ gering", schreibt Matt Spick, Analyst der Deutschen Bank, in einer Studie. Schließlich seien die Zentralbanken besser darauf vorbereitet, den Banken Notfallkredite zur Verfügung zu stellen. Aber auch er warnt: "Wir sehen eine sich langsamer entwickelnde, aber dennoch toxische Refinanzierungskrise."

Tatsächlich haben die Notenbanken nach der Lehman-Pleite eine ganze Reihe von Instrumenten geschaffen. Ein Teil dieser Notmaßnahmen sind bis heute in Kraft, weil viele Banken aus den Krisenstaaten anders gar nicht mehr überleben könnten. Eine der wichtigsten Maßnahmen: Die Banken können sich regelmäßig für bis zu drei Monate so viel Geld von der EZB leihen, wie sie wollen, und das zu einem festen Zinssatz. Vor der Lehman-Pleite legte die EZB einen bestimmten Betrag fest und verteilte diesen an die Banken, die am meisten boten. Eigentlich sollten die Maßnahmen im Herbst auslaufen. Doch zumindest einwöchige Kredite werden noch "so lange wie nötig" nach diesem System vergeben. Außerdem verlängerte die EZB erst im Juni ein Abkommen mit der US-Notenbank, das ihr erlaubt, einwöchige Dollar-Kredite an die Banken der Euro-Zone zu vergeben.

Das Problem: Der Gang zur Notenbank ist ein Stigma. Kein Institut gibt freiwillig zu, dass es von anderen Banken keinen Kredit erhält. Das illustriert die Aufregung, die am Freitag in der Schweiz herrschte. Zuvor war bekannt geworden, dass die Notenbank einem Schweizer Institut einen Dollar-Kredit über 200 Millionen Dollar vergeben hatte. Die beiden Schweizer Großbanken UBS und Credit Suisse dementierten postwendend. Sie hätten das nicht nötig gehabt. Welche Bank es war, ist immer noch offen.

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