Finanzkrise Finanzinvestoren stehen vor dem Ruin

2009 wird für Finanzinvestoren das Jahr der großen Pleite. Der weltweite Wirtschaftsabschwung wird nach Meinung von Experten im kommenden Jahr Finanzinvestoren gleich schwarenweise in den Ruin treiben. Jede zweite Firma im Besitz von Private-Equity-Fonds ist von der Pleite bedroht.

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Der deutsche Private-Equity-Markt ist seit der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers fast zum Stillstand gekommen. Nun droht vielen Finanzinvestoren das Aus. Quelle: dpa

FRANKFURT. "Die Private-Equity-Branche steht vor ihrer ersten großen Bewährungsprobe", sagt Joachim Spill, Vorstandsmitglied bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (E&Y). Es sei möglich, dass es 2009 zu einer Marktbereinigung komme und einige Beteiligungshäuser die Krise nicht überstehen würden.

Branchenkenner von der Boston Consulting Group (BCG) und der IESE Business School gehen noch weiter. "Wir schätzen, dass etwa 20 bis 40 Prozent dieser Gesellschaften verschwinden werden", heißt es in einer jüngst veröffentlichten Studie. Insbesondere jene Fonds, die bei der Wertentwicklung schwach abschnitten, frisches Kapital benötigten und in konjunkturzyklische Branchen investiert hätten, müssten ums Überleben bangen.

Tatsächlich hat die Bankenkrise die Private-Equity-Fonds mit voller Wucht getroffen. Sie erhalten kaum noch Kredite für Übernahmen. Laut dem Datenanbieter Dealogic wurden im Oktober und November in den USA und Europa lediglich noch sechs Mrd. Dollar an Übernahmekrediten vergeben. Zum Vergleich: Im Gesamtjahr 2007 waren es noch 669 Mrd. Dollar. Zugleich rücken bei manchen Fonds die Geldgeber von ihren Kapitalzusagen ab - wie zuletzt bei Permira. Und die bereits gekauften Unternehmen, die häufig hochverschuldet sind, müssen mit den Auswirkungen einer schweren Rezession kämpfen.

"Seit der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 ist der deutsche Private-Equity-Markt fast zum Stillstand gekommen", urteilen die Experten von E&Y. Nach Zahlen der Beratungsgesellschaft brach das Transaktionsvolumen im Gesamtjahr 2008 um exakt die Hälfte auf 15 Mrd. Euro ein. Noch drastischer war die Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte: Hier stemmten Finanzinvestoren lediglich noch Übernahmen im Wert von vier Mrd. Euro. Die Zahl der Transaktionen blieb hingegen mit 166 im gesamten Jahr fast auf Vorjahresniveau. Damit wird deutlich: Die Deals sind im Mittel weitaus kleiner geworden. Laut E&Y gab es 2008 hierzulande nur sechs Transaktionen im Milliardenbereich - die größte davon der Verkauf der Haniel-Baustofftochter Xella an ein Konsortium aus PAI Partners und Goldman Sachs.

Besserung ist vorerst nicht in Sicht. "Was die Zahl der Transaktionen anbelangt, wird Private Equity 2009 sicherlich kaum besser als in diesem Jahr abschneiden", sagt Ulrich Wolff, Partner bei der Wirtschaftskanzlei Linklaters in Frankfurt und Leiter des Bereichs Finanzinvestoren. Sogenannte "Mega-Deals" werde es auf absehbare Zeit kaum geben. Bei kleineren und mittleren Unternehmen werde sich Private Equity hingegen als durchaus widerstandsfähig erweisen.

Finanzinvestoren werden sich nach Wolffs Einschätzung im kommenden Jahr vor allem auf ihre Portfolio-Firmen konzentrieren, denen die Rezession schwer zu schaffen machen dürfte. "Hier wird es einiges an Arbeit geben", sagt der Anwalt. Ähnlich sieht es E&Y-Vorstand Spill: "Jetzt geht es darum, sich stark im operativen Geschäft zu engagieren, Verbesserungs- und Kosteneinsparpotenziale zu identifizieren und zu heben und das Überleben der Unternehmen zu sichern."

Tatsächlich dürfte Letzteres in vielen Fällen oberste Priorität haben. Der Studie von BCG und IESE zufolge könnte jede zweite Firma im Besitz von Private-Equity-Fonds in den kommenden drei Jahren pleitegehen.

Die Herleitung ist relativ einfach, aber nachvollziehbar: Ab einem Risikoaufschlag ("Spread") von zehn Prozent gelten Finanzierungen als notleidend. BCG und IESE haben im November 328 Portfolio-Firmen untersucht. In rund 60 Prozent der Fälle handelten die Kredite oberhalb des genannten Grenzwertes. Nach Daten von Reuters lag der Anteil im Jahr 2006 branchenweit noch bei weniger als einem Prozent. In Summe kommen die Autoren der Studie auf potenzielle Verluste aus der Finanzierung von Private-Equity-Übernahmen in Höhe von rund 300 Mrd. Dollar.

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