Finanzkrise Massenflucht aus offenen Immobilienfonds

Chaos bei offenen Immobilienfonds. Bei einem Viertel der Fonds kommen Anleger nicht mehr an ihr Geld. Weil Anbieter Großkunden zu viel Freiheiten ließen, sind weitere Fonds gefährdet.

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Frankfurter Opernturm: Das Quelle: dpa

Ganz klar, hier war etwas faul: Mitte Oktober sagte die Fondsgesellschaft KanAm wegen der Finanzkrise den Kauf des 500 Millionen Euro teuren Frankfurter Opernturms ab. Zwei Wochen später gingen den beiden offenen Immobilienfonds von KanAm die flüssigen Mittel aus, weil Anleger scharenweise aus den Portfolios flüchteten. Prompt folgte die Meldung von KanAm, keine Anteile mehr zurückzunehmen.

Die Lawine rollt: In der Folge schlossen Pramerica, Axa, SEB, Catella, UBS und Morgan Stanley weitere Fonds. Mittelabflüsse verunsicherter Anleger drohen jetzt bei allen offenen Immobilienfonds. 80 Milliarden Euro stecken in diesen Vehikeln, die Anbieter gern als Investments für Krisenzeiten verkaufen. Doch der Lack blättert schon länger. 2005/06 schlossen Deutsche Bank und KanAm Fonds. Heute ist die Lage jedoch ernster. Fondsanalyst Stefan Loipfinger: „Damals sind die Immobilienpreise gestiegen, jetzt fallen sie aber wegen der Finanzkrise.“ Er glaubt daher nicht, dass Anleger noch mal mit einem blauen Auge davonkommen werden. „Vermögensverwalter und Dachfondsmanager fürchten in den Sog der weltweiten Immobilienkrise gezogen zu werden und stoßen ihre Anteile rechtzeitig vor den Fondsschließungen ab“, sagt Claudia Vogl-Mühlhaus von der Ratingagentur Scope Analysis. Private Anleger, die erst später verkaufen, haben dann das Nachsehen.

Schneller Verkauf nicht möglich

Das Grundproblem der Fonds: Immobilien lassen sich, anders als Aktien, nicht schnell zu Geld machen. Gehen einem Fonds, selbst wenn er wertvolle Gebäude enthält, die flüssigen Mittel aus, weil viele Große Geld abziehen, muss er dichtmachen. Zu den Großen, die jetzt aus den offenen Immobilienfonds flüchten, zählt der Kölner Dachfondsmanager Eckhard Sauren. Ende Juni hatte sein 1,1 Milliarden Euro schwerer Dachfonds Sauren Global Defensiv etwa die Hälfte des Portfolios in offene Immobilienfonds investiert.

„In der Zwischenzeit haben wir die Quote im Global Defensiv auf unter 20 Prozent abgebaut“, sagt Sauren. Er fühle sich aber nicht für die Fondsschließungen verantwortlich, schließlich hätten auch Banken und Vermögensverwalter Gelder abgezogen. Eigentlich sollte es eine solche Massenflucht nicht mehr geben – versprach der Branchenverband BVI nach dem Deutsche-Bank-Fondsskandal.

Die Fonds sollten Großanleger mit Kündigungsfristen und Rücknahmeabschlägen vom schnellen Abziehen ihrer Gelder abhalten. Zudem empfahl der BVI den Fonds, die Quote für die institutionellen Gelder offenzulegen. „Das meiste davon haben die Fondsgesellschaften nicht oder nur unzureichend umgesetzt“, kritisiert Loipfinger.

Ob die Rücknahmeregeln helfen, wenn Immobilienpreise ins Rutschen kommen, ist unklar. Auch Fonds, die strenge Regeln aufstellten, mussten in der abgelaufenen Woche schließen. Pramerica etwa schreibt bei seinem TMW Immobilien Weltfonds für Investments ab 500.000 Euro sechs Monate Kündigungsfrist vor. Selbst die aber hat nichts gebracht.

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