Finanzmarkt Wie BlackRock von der großen Krise profitierte

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Vor Fink gehörte dazu viel Vertrauen. Selbst institutionelle Investoren ließen sich die Anlageprodukte von Bankern erklären und bewerten – von denselben Leute, die sie ihnen verkauften. Bestenfalls baten sie um ein Gütesiegel einer Rating-Agentur.

Fink sah seine Chance. Er würde sein Sell side-Wissen den Anlegern zur Verfügung stellen und ihnen eine unabhängige Experteneinschätzung der Bankangebote geben. Er und das Team, das er um sich scharte, wurden zu Spezialisten für heikle Fälle. 1994 meldete sich General Electric (GE) mit dem Auftrag, das notleidende Hypothekenportfolio von Kidder Peabody & Co., einer Investmentbank, die dem Mischkonzern gehörte, zu durchforsten. »Das Kidder-Peabody-Portfolio galt damals als einer der komplexesten Investmentpools überhaupt«, sagt Goldstein. Mit dem Auftrag des größten Konzerns der Welt kam für BlackRock der Durchbruch. Noch heute hat Goldstein zwei handbeschriftete Computerdisketten mit den Daten gerahmt in seinem Büro hängen.

Nach dem GE-Job standen die Interessenten Schlange. »Es war wie bei den Geisterjägern in dem Hollywoodstreifen Ghostbusters – wer ein undurchsichtiges Portfolio oder fragwürdige Vermögenswerte hatte, rief bei Larry Fink und Co. an«, sagt ein Insider.

In der Finanzkrise schlug Finks Stunde

Dann kam die Finanzkrise, die große Stunde des Larry Fink. Keiner kannte die komplexen Zusammenhänge der Hypothekenpapiere besser als er. Großbanken und Fondsmanager meldeten sich, und auch Tim Geithner, damals Chef der New Yorker Notenbank, rief an. Er bat BlackRock an jenem Märzwochenende 2008, als er bei Bear Stearns eingriff, um eine Inventur der Hypothekenengagements. Wenige Monate später, als auf dem Höhepunkt der Krise der Versicherungsgigant AIG taumelte und von der Regierung aufgefangen werden musste, erhielt BlackRock erneut einen Anruf. Finks Team sollte Kreditpapiere von AIG für die US-Regierung verwalten. Auch die irische Zentralbank fragte an.

Der Erfolg von Aladdin beflügelte Finks Ehrgeiz. BlackRock bot an, nicht nur Anlagen zu beurteilen, sondern auch das Geld der Anleger zu verwalten. Ende 2006 hatte Fink sich die Fondssparte von Merrill Lynch gesichert. Im Dezember 2009 nahm er für 13,5 Milliarden Dollar der britischen Barclays Bank deren Vermögensverwaltungssparte inklusive iShares ab. Damit stieg BlackRock in einen der am schnellsten wachsenden Bereiche der Finanzbranche ein: iShares ist der führende Herausgeber von Exchange Traded Funds (ETF). Das sind Fonds, deren Anteile anders als klassische Investmentfonds selbst auch an der Börse gehandelt werden.

BlackRocks Aufstieg markiert eine neue Ära

Die Übernahmen machten BlackRock zur Nummer eins unter den globalen Geldverwaltern. »Larry Fink ist der König der Wall Street«, sagt sein früherer Wegbegleiter Doyle ganz ohne Ironie.

BlackRocks Aufstieg markiert den Beginn einer neuen Ära in der Finanzwelt. Vor der Krise beherrschten die »Masters of the Universe« das Geschehen – Investmentbanker und Derivatehändler mit ihren immer clevereren Finanzingenieurprodukten, ihren riskanten Transaktionen und ihren schwindelerregenden Bonuszahlungen. Sie bestimmten, welche Produkte auf den Markt kamen, welche Konditionen die Kunden akzeptieren mussten. Neben ihnen wirkten die Vermögensverwalter, die im Auftrag privater und institutioneller Kunden Geld anlegen, wie Provinzbanker. Doch nun haben die Investmentbanker und Händler in einem Jahrhundertshowdown Glaubwürdigkeit und Kundenvertrauen verspielt. Jetzt sind sie darauf angewiesen, dass Großinvestoren und Geldverwalter wie Larry Fink mit ihnen zusammenarbeiten. »Das Machtzentrum an der Wall Street ist von der sell side zur buy side gewandert«, sagt Marktexperte James Bianco. BlackRock verkörpert den Machtwechsel.

Die neuen Herren treten sachte auf. Keinesfalls wollen sie mit aggressiven Hedgefonds und Beteiligungsgesellschaften in Verbindung gebracht werden. »Wir sind keine Heuschrecken«, beteuert Klee.

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