Gbureks Geld-Geklimper

Die gigantische Gold- und Silberspekulation

Manfred Gburek Freier Finanzjournalist

Nach fast zehn Jahren Aufwärtstrend sind die Edelmetallpreise dort angelangt, wo sie zusätzliches Kapital von Großanlegern anziehen. Gut für alle, die dabei bleiben.

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Die Disney-Figur Dagobert Quelle: AP

Die US-Notenbank Fed hat in dieser Woche ein Mal mehr unmissverständlich klar gemacht, dass sie ihre extrem expansive Geldpolitik praktisch um jeden Preis fortsetzen will. Aus Kreisen der Europäischen Zentralbank war Ähnliches in Bezug auf ihre Geldpolitik schon vorher zu hören gewesen. Es handelt sich beiderseitig um ein gewagtes Experiment, weil niemand ahnen kann, was mit dem vielen Geld geschehen wird, sobald die Märkte es in der für sie typischen Eigendynamik mal hierhin und mal dorthin bugsieren. Zurzeit profitieren davon am meisten die Edelmetalle, während die Preise der meisten Rohstoffe sich im Zickzack entwickeln, Aktien nicht so recht wissen, wohin sie wollen, und Anleihen eine klassische Blase bilden.

Fällt den professionellen Anlegern, die den Geldsegen als Einladung zur Spekulation und in krassen  Fällen zum Spielen wahrnehmen, demnächst etwas anderes ein, als die Preise von Gold und Silber immer weiter in die Höhe zu treiben? Schaut man sich an, wie die Goldfonds – nicht zu verwechseln mit Goldminenfonds – ihre Bestände bisher aufgestockt haben, kommen Zweifel im Hinblick auf Alternativen zu Gold und Silber auf. Allein der größte Goldfonds SPDR verfügt über rund 1300 Tonnen; hinzu kommen etwa 800 Tonnen der kleineren Konkurrenten, macht zusammen an die 2100 Tonnen. Bisher haben sie ihre Bestände über die Jahre hinweg zügig aufgestockt, im vergangenen Jahr sogar sehr geschickt antizyklisch.

Goldpreis immer noch nicht überbewertet

Die von den Fonds verwalteten Bestände entsprechen gerade mal gut einem Viertel der offiziellen Goldreserven der USA, es besteht also noch Spielraum nach oben. Ob die offiziellen US-Reserven tatsächlich das Vierfache der Goldfondsanlagen ausmachen, daran zweifelt der amerikanische Abgeordnete Ron Paul schon seit längerer Zeit und nun erst recht; es gibt auch viele andere Zweifler, doch er ist der prominenteste. Das wäre an sich kaum erwähnenswert, hätten die Zweifel von Ron Paul dieses Mal nicht ein besonders großes Medienecho zur Folge gehabt – und hätte nicht kurz danach die Deutsche Bank mit der Proklamation eines neuen „Goldstandards“ für ihr neues Goldpapier mit dem Zusatz „Hedged ETC“ geworben.

Was geht hier eigentlich vor? Kurz gesagt: eine gigantische Spekulation. Sie basiert zwar auf längst bekannten Fakten (schwache Währungen, hohe Staatsschulden, miese US-Konjunktur u.a.), aber erst die Eskalation der Geldpolitik bringt vor allem immer mehr Profis auf die Idee, an der  Spekulation in größerem Umfang als bisher teilzunehmen. Allianz Leben-Chef Maximilian Zimmerer, dessen Aufgabe es wahrlich nicht ist, den Goldpreis hochzujubeln, sagte neulich in einem Interview: „Der hohe Goldpreis ist ein Indikator für den Vertrauensverlust.“ Und er schloss mit den Worten, Gold sei „nicht unbedingt überbewertet“.

Manfred Gburek

Nun braucht man nur noch zwei Überlegungen miteinander zu verknüpfen, und schon ergibt die hier beschriebene Spekulation einen Sinn: Einerseits Verlust an Vertrauen in die Notenbanken, mal in die eine und mal in die andere Währung, in die Geschäftsbanken sowieso und in die hilflosen Politiker sowie andererseits der seit 2001 verfünffachte Goldpreis (in Dollar) ergeben zusammen eine explosive Mischung. Explosiv, 1. weil es sich mit dem Vertrauen ähnlich verhält wie mit der Schwangerschaft (ein bisschen geht nicht); ist es erst einmal weg, sind dem Misstrauen als Gegensatz zum Vertrauen keine Grenzen mehr gesetzt. Und 2. weil die Verfünffachung des Goldpreises nach Adam Riese erst einmal fünf Mal so viel Handelsvolumen bedeutet, was besonders für die professionellen Großanleger wichtig ist. Fünf Mal ist indes völlig untertrieben, weil Banker mit Produkten wie „Hedged ETC“ (Deutsche Bank), Zertifikaten, Optionsscheinen, Fonds und Futures daraus im Nu eine Verhundert- oder Vertausendfachung machen können.

Gold kontra Griechenland-Anleihen

Das Spiel ohne Grenzen nach oben, was die Preise von Gold (und verstärkt auch von Silber) betrifft, wird begleitet vom Spiel ohne geografische Grenzen. Das hat sich zuletzt wieder im Kampf der kanadischen Goldkonzerne Goldcorp und Eldorado Gold um den australischen Minenkonzern Andean Resources gezeigt, dessen Vermögen überwiegend aus einem Goldprojekt in Argentinien besteht. Übernahmeschlachten dieser Art rufen automatisch Investmentbanken auf den Plan, die am abschließenden Deal mitverdienen wollen, und so haben alle etwas davon – vorausgesetzt, das Spiel endet nicht abrupt.

Doch warum sollte es abrupt enden, da dieses Spiel - im Gegensatz zu der seit 2001 erfolgreichen Spekulation auf den steigenden Goldpreis - gerade erst richtig begonnen hat? Dazu gibt es keinen Anlass. Wohl aber zur Annahme, dass demnächst nicht nur die Preisausschläge nach oben (von Silber noch mehr als von Gold), sondern auch die nach unten (bei anhaltendem Aufwärtstrend) heftiger werden. Also nichts für schwache Nerven. Die werden sogar noch mehr strapaziert, wenn die Kämpfe der Goldkonzerne in die nächste Runde gehen und man durch eigene Engagements in der einen oder anderen Edelmetallaktie mittelbar daran beteiligt ist.

Aber ist es wirklich strapaziöser, von einem unter starken Schwankungen aufwärts gerichteten Trend zu profitieren, als beispielsweise zu hoffen und zu bangen, Griechenland möge doch bitteschön seine zehnjährige Anleihe mit zwölf Prozent Rendite am Ende der Laufzeit auch wirklich tilgen? Ist es nicht, denn Gold (und eingeschränkt auch Silber) ist reales Geld; dagegen ist die Griechenland-Anleihe nur Papier, basierend auf dem Vertrauen in die griechische Regierung und in die Europäische Zentralbank, die dem Land mit dem Kauf seiner Anleihen über die Runden hilft. Also zwei Mal Vertrauen, aus dem nach dem Empfinden der Anleger – wie Allianz-Leben-Chef Zimmerer so trefflich formuliert hat - längst ein Vertrauensverlust geworden ist, sonst wäre der Goldpreis heute nicht dort, wo er ist. Alles in allem Grund genug, engagiert zu bleiben und größere temporäre Rückschläge zu weiteren Engagements zu nutzen, dann in Gold- und Silberbarren und -münzen ebenso wie in Gold- und Silberaktien.

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