Gbureks Geld-Geklimper Glücksspiel Trading: Long, short, Geld fort

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Manfred Gburek

Zur Blütezeit des Neuen Marktes, also vor gerade mal gut einem Jahrzehnt, beherrschten oft Daytrader die Börsenszene, indem sie mit Aktien spielten – so lange, bis der Markt im März 2000 zusammenzubrechen begann und die Daytrader zu armen Leuten machte. Nebbich im Vergleich zum aktuellen CFD-X-press-Call-Put-Spread-Straddle-Spiel im pseudowissenschaftlichen Gewand, das sogar den Griechen zur Ehre gereicht. Denn nach ihren Buchstaben Delta, Gamma, Vega, Theta und Rho wird - zum Beispiel von der Deutschen Bank - eine ganze Kennzahlenmischung benannt, offenbar um den Zockern den Eindruck zu vermitteln, das Auf und Ab von Optionspreisen lasse sich berechnen.

Wer es weniger dick mag, hält sich an Charts, um vom Auf und Ab zu profitieren. Das sind zwar nur Grafiken, die allein vergangene Kurs- und sonstige Bewegungen abbilden; aber immerhin zeigen sie Verhaltensmuster der vergangenen Tage, Wochen und Jahre; daraus lässt sich der eine oder andere Schluss ziehen, mehr nicht. Die Zukunft steht in den Chart-Sternen. Und was machen die Kurvendeuter daraus? Prognosen. Allerdings weniger solche mit Kurszielen, sondern eher welche nach dem Motto: Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter, oder es bleibt, wie es ist: wenn, dann, wenn nicht, dann anders.

Nun müsste man meinen, Börsenspieler sollten sich, wenn sie schon die Finger von Delta & Co. oder von Chartformationen nicht lassen können, damit – selbst schuld - getrost in Richtung Hartz IV verabschieden. Aber so ist das eigentliche Problem längst nicht gelöst. Denn zum einen strotzen die Broschüren von Banken und Brokern und die Vorträge auf Anlegermessen wie der Stuttgarter Invest vor lauter Anweisungen, wie die Börse doch auszutricksen sei.

Auch Zertifikate gehören zum Glücksspiel

Und zum anderen basieren aktuell etwa 400.000 Zertifikate (davon rund 40.000 gehandelt) mit 100 Milliarden Euro Volumen auf Algorithmen (Rechenverfahren), die für fast jede Börsendrehung und -wendung Varianten wie Rolling Discount-, Reverse Express-, Rainbow- oder Fallschirm-Zertifikate vorsehen. Auch bei diesen handelt es sich zu einem großen Teil um Glücksspieleinsätze, weil sie die Zukunft vorwegnehmen, und die steht in den Sternen.

Wie ist zu erklären, dass so viele Börsenspieler dem Trading verfallen sind, obwohl die meisten von ihnen schon den Spruch gehört haben: Hin und her macht Taschen leer? Aus zwei Gründen: Erstens, weil die Geldhäuser das Spiel befeuern, wo sie nur können, und daran viel Geld verdienen. Zweitens siehe Lotto: Glücksspiel kann süchtig machen, und es ist nicht bekannt, dass Banken und Broker zum Entzug raten – im Gegenteil.

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