Geldanlage Strategien für Abgeltungsteuer und Finanzkrise

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Die Aktien der Deutschen Quelle: AP

Es müssen nicht unbedingt Aktien sein, Gewinne sind auch mit risikoärmeren Investments möglich. „Vor allem niedrig verzinsliche Unternehmensanleihen sind derzeit eine attraktive Möglichkeit, steuerfreie Kursgewinne zu erzielen“, sagt Steuerberater Jochen Busch von der Kanzlei RP Richter & Partner. Diese Papiere zahlen vergleichsweise niedrige Zinsen, dafür steigen Anleger mit einem Abschlag zum Nominalwert ein. Wie bei der Anleihe des französischen Wasserversorgers Veolia, die für 84 Prozent zu haben ist. Wer Veolia-Anleihen im Nominalwert von 10.000 Euro kauft, muss also nur 8400 Euro zahlen. Die 1600 Euro Differenz zum Rückzahlungskurs von 100 Prozent kassieren Anleger am Laufzeitende 2016 als steuerfreien Kursgewinn. Bis dahin gibt’s pro Jahr vier Prozent Zinsen, insgesamt beträgt die Rendite damit fast sieben Prozent pro Jahr.

Die wichtigsten Kriterien, an denen sich Anleger bei der Auswahl von Unternehmen orientieren sollten, sind eine gute Marktstellung, niedrige Schulden und am besten stabile Großanteilseigner. Diese Hürden nehmen etwa der Stahlkonzern Thyssen oder die Lufthansa problemlos.

Die attraktiven Konditionen dieser Papiere zeigen, dass die Finanzmärkte auch Unternehmen mit guter Bonität abgestraft haben. Selbst bei niedriger Insolvenzwahrscheinlichkeit sind sechs Prozent Rendite und mehr drin – und ein Teil davon steuerfrei über Kursgewinne. Bei neuen Anleihen ist – brutto, ohne Steuervorteile über Kursgewinne – noch mehr zu holen. So bringt eine neue Metro-Anleihe mit Laufzeit bis 2013 rund neun Prozent Rendite pro Jahr.

Der Vorteil von Unternehmensanleihen gegenüber Aktien: Der Investition steht ein Teil des Vermögens als Sicherheit gegenüber. Im Pleitefall schrumpft dieses zwar, aber in der Regel bleiben 20 bis 40 Prozent der Anlage erhalten. Aktionäre schauen dagegen in die Röhre – ihr Geld ist nach einer Insolvenz bis auf einen Cent-Betrag weg.

Es wäre falsch, Aktien zu ignorieren

Trotz des Insolvenzrisikos und der nervösen Börsen wäre es falsch, Aktien jetzt zu ignorieren. „Anleger sollten sich nicht von der Panik anstecken lassen und sich ganz von Aktien verabschieden“, warnt Zittlau. Während Kleinsparer bei diesem Thema derzeit oft frustriert abwinken, wechseln Reiche langsam auf die Käuferseite. „Besitzer großer Vermögen gehen sehr rational mit der Finanzkrise um und fahren teilweise ihre Aktienquote wieder vorsichtig und schrittweise hoch“, sagt Steuerberater Kurt Gratz von der Kanzlei CMS Hasche Sigle in Stuttgart, der reiche Privatleute betreut.

Ob reich oder nicht – Investoren sollte klar sein: Wer jetzt einsteigt, muss Schwächephasen aussitzen können, denn an der Börse dürfte der Tiefpunkt noch bevorstehen. Denn kaum jemand bezweifelt noch, dass die Finanzkrise unmittelbar in eine tiefe Rezession mündet.

Kein Wunder, dass die Börsianer nervös bleiben. „Dass eine Aktie wie BASF mit einem Tagesverlust von über 16 Prozent auf eine zwar schlechte, aber beileibe nicht katastrophale Nachricht reagiert, zeigt, dass die Börse noch immer nicht am Tiefpunkt angekommen ist“, sagt Gerald Kichler vom Kölner Asset Manager Flossbach & von Storch. Auch Bob Doll vom US-Investmenthaus Blackrock sieht das Tief noch nicht erreicht: „Das vierte Quartal 2008 dürfte noch verheerender ausfallen als das schon schwache Dritte. Und für 2009 kann man keine realistische Annahme treffen, weil niemand in den Unternehmen derzeit eine Prognose wagt.“ Klassische Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis tragen deshalb derzeit eher zur Verwirrung als zur Orientierung der Anleger bei.

Mehr Orientierungshilfe bietet der historische Vergleich. Und der sagt: Es kann sehr lange dauern, bis sich Aktienmärkte wieder erholen. Die Kurse von US-Unternehmen fielen in den vier schweren US-Rezessionen 1929 bis 1933, 1974/75, 1981/82 und 1991 im Schnitt um 40 Prozent – also stärker als die Unternehmensgewinne (durchschnittlicher Rückgang: 33 Prozent) und damit über das fundamental gerechtfertigte Maß hinaus. Während der Depression von 1929 bis 1933 verloren Aktien an der Wall Street sogar 80 Prozent. Wer im Sommer 1929 einstieg, musste eine Generation warten, bis er 1955 wieder seine Kaufkurse erreicht hatte.

Und wo stehen wir heute? Mit einem durchschnittlichen Verlust von 50 Prozent preisen die Kurse eine sehr schwere Rezession ein – manche, etwa zyklische Industriewerte oder Stahlaktien, haben sich gar gedrittelt und signalisieren eher eine Depression. Der Dax hat seit seinem Hoch bei rund 8100 Punkten im Sommer 2007 fast die Hälfte eingebüßt und notiert auf dem Niveau von vor elf Jahren. Sehr gut möglich, dass – obwohl der Abschwung vorerst ungebremst weitergehen dürfte – gerade besonders gebeutelte Aktien irgendwann in den nächsten zwei bis drei Jahren wieder deutlich höher notieren.

Man muss schon an eine absolute Katastrophe à la 1930 glauben, um sich komplett vom Aktienmarkt fernzuhalten. Hinzu kommt: Aktien erholen sich stets lange vor der Realwirtschaft – im Durchschnitt etwa sieben Monate, bevor eine Rezession endet. „Langfristig orientierte Investoren können in drei bis vier Schritten wieder erste Positionen aufbauen“, meint Kichler. „Wer zum Beispiel vorhat, 20.000 Euro in RWE anzulegen, kann ein Viertel davon jetzt schon mal wagen; den Rest investiert er nach und nach.“ Zwar kann es sein, dass Aktien wie RWE oder Nestlé noch mal günstiger zu haben sind. Doch das Tief exakt abzupassen, ist sowieso fast unmöglich – und jetzige Käufe bieten einen Steuerpuffer, da spätere Gewinne nicht mit 25 Prozent besteuert werden.

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