
WirtschaftsWoche: Unternehmen kaufen chinesische Anleihen, obwohl in -China die Zinsen steigen und sie dadurch mit Kursverlusten rechnen müssen. Warum?
Travis Spence: Bislang mussten die Unternehmen ihre Kassenbestände vor allem auf Bankkonten in China verzinst anlegen. Dafür wählten sie meist Dollar-Konten. Dank der Yuan-Anleihen, die jetzt auf den Markt kommen, können sie Gelder breiter streuen. Auf Bankkonten lagen so hohe Bestände, dass die Nachfrage nach Ausweichmöglichkeiten groß ist. Einlagensicherungssysteme, wie in Europa, gibt es in China nicht. Zudem rechnen Anleger mit Währungsaufwertungen, die ihnen Gewinne bescheren könnten, und investieren spekulativ in den Markt. Sie hoffen, dass Währungsgewinne Kursverluste durch Zinssteigerungen überkompensieren.
Welche Aufwertung erwarten Sie?
Spence: Der Yuan hat in diesem Jahr gegenüber dem Dollar ein Prozent zugelegt. Bis Jahresende rechnen wir noch mit einem Yuan-Kurs von 6,30 Dollar und einem Plus von vier Prozent. Vergleicht man allerdings die Kaufkraftunterschiede auf Basis des Big-Mac-Index, ist der Yuan rund 55 Prozent unterbewertet gegenüber dem Euro.
Wie rentiert der Geldmarktfonds, den Sie mit Yuan-Papieren bestücken?
Spence: Wir orientieren uns am Wochengeld, das nach Steuern etwa zwei Prozent Rendite pro Jahr bringt. Der RMB-Geldmarktfonds hat ein Volumen von umgerechnet einer Milliarde Euro. 20 Prozent stammen von deutschen Unternehmen mit chinesischen Filialen. Sie suchen konservative Anlagen, die täglich verfügbar sind und eine hohe Sicherheit bieten sollen. Die Rendite spielt eine Nebenrolle.
Woraus besteht der Fonds?
Spence: Überwiegend sind es chinesische Zentralbankanleihen plus Bankanleihen vom Festland und aus Hongkong. Die Hälfte der Anleihen wird in 30 Tagen fällig. 31 Prozent werden in drei Monaten zurückgezahlt, der Rest in spätestens einem Jahr.
Wann können deutsche Privatanleger in Yuan-Fonds investieren?
Spence: Bisher sind sie nur für Unternehmen vor Ort in China verfügbar. Es entstehen zwar mit den sogenannten Dim-Sum-Anleihen neue Investitionsmöglichkeiten für Anleger außerhalb Chinas. Spezielle Fonds haben europäische Aufsichtsbehörden aber noch nicht zugelassen.
Was unternehmen die Chinesen gegen ihre Inflation?
Spence: Die Banken müssen 20 Prozent ihrer Einlagen bei der Zentralbank parken. Das Geld steht nicht für die Kreditvergabe zur Verfügung. Zusammen mit Zinserhöhungen hat das das Geldmengenwachstum gebremst. Die Zentralbank agiert sehr verantwortungsvoll. Sie halten die Liquidität im Land in Schach und kontrollieren das Wirtschaftswachstum. Eine zu starke Aufwertung der chinesischen Währung und eine Schwächung des Dollar würde die hohen Dollar-Reserven Chinas belasten.
Opfer von Spekulationen
Welche Folgen hätte es, wenn Chinas Yuan zur Welt-Reservewährung würde?
Spence: Es bringt Macht, aber auch Probleme, deshalb werden die Türen nicht schnell geöffnet. Malaysia hat seine Währung an den Yuan gekoppelt, und in Russland ist der Interbankenhandel von Yuan und Rubel möglich. Wäre der Yuan frei handelbar, könnte er Ziel von Spekulanten werden. Die Folgen kennen wir aus vielen Währungskrisen.