Geldanlage Wie Privatanleger vom Handel mit Emissionsrechten profitieren können

Der weltweite Handel mit CO2-Emissionsrechten hat sich 2008 verdoppelt. Bisher dominieren Profis den Markt – doch auch Privatanleger können mitmischen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
RWE-Braunkohlekraftwerk Quelle: dpa

Al Gore, ehemaliger US-Vizepräsident, redet nicht nur gern über den Klimawandel, er verdient auch gut daran. Der von ihm mitgegründete Vermögensverwalter Generation Asset Management investiert über einen 680 Millionen Dollar schweren Fonds in Klimaschutzprojekte und CO2-Emissionsrechte. Diese Zertifikate geben Industrie und Energieversorgern das Recht, eine feste Menge CO2 innerhalb einer bestimmten Periode in die Atmosphäre zu blasen. Wenn ihre Kontingente nicht reichen, müssen Zementfabriken oder Kraftwerke zukaufen – von anderen Unternehmen oder von Investoren, die Papiere spekulativ gekauft haben. Emissionsrechte werden entweder direkt zwischen Investoren und Unternehmen oder an Klimabörsen wie der ECX in London oder der Strombörse EEX in Leipzig gehandelt.

Zu den prominentesten Akteuren gehört neben Gore der US-Milliardär Paul Tudor Jones. Sein Hedgefonds BVI Global ist an der britischen Camco beteiligt, einem der wichtigsten Dienstleister auf dem CO2-Markt. Tudor hält auch Anteile an der Green Exchange, der Klimabörse der New Yorker Nymex. Ebenfalls im Boot sind hier Credit Suisse, Morgan Stanley, JP Morgan und Goldman Sachs. Die Schweizer Man-Group-Tochter RMF ist über Hedgefonds in Emissionsrechte investiert, ebenso wie ein Ableger des US-Private-Equity-Investors Energy Capital Partners.

Wo viele finanzkräftige Investoren einsteigen, wächst der Markt. Laut Weltbank verdoppelte sich 2008 der weltweite Emissionshandel von 63 auf 126 Milliarden Dollar. 74 Prozent entfielen auf den EU-Emissionshandel mit CO2-Zertifikaten für Energieversorger und Industrieunternehmen. CO2-Zertifikate sind stark konjunkturabhängig: Produziert die Industrie mehr als erwartet und steigt der Energiebedarf, werden Emissionsrechte knapp, fällt die Produktion und sinkt die Stromnachfrage, steigt das Angebot.

Im Konjunkturtief (zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken)

„Zusätzlich hängt der Markt auch von politischen und unternehmerischen Entscheidungen ab, die Privatanleger nur schwer einschätzen können“, sagt Markus Hüwener, Vorstandschef von First Climate, einem auf den CO2-Markt spezialisierten Investmentberater aus Bad Vilbel bei Frankfurt. Wenn Vattenfall sich entscheide, das Atomkraftwerk Krümmel wieder ans Netz gehen zu lassen, dann senke das die Nachfrage nach Emissionsrechten, weil Atommeiler so gut wie kein CO2 an die Atmosphäre abgeben würden. Nachrichten, wie das Verschieben des Gesetzes zur Kohlendioxidspeicherung (CCS) und dessen mögliches Scheitern nach der Bundestagswahl, könnten dagegen eher die Preise für Emissionsrechte nach oben treiben. „Diese politische Komponente macht den CO2-Markt schwankungsanfällig und intransparent, was insbesondere risikofreudige Hedgefonds anzieht“, sagt Hüwener.

Nur wenige Banken bieten bisher spezielle Anlagezertifikate und Fonds an, die Anlegern den sehr aufwendigen direkten Kauf und Verkauf von Emissionsrechten abnehmen (siehe Tabelle). Die Wertentwicklung dieser Papiere ist eher zum Gruseln: Binnen zwölf Monaten büßten Produkte von Commerzbank und Royal Bank of Scotland jeweils 55 Prozent ein. Sie sind direkt an den Index Carbon Emissions Future gekoppelt – und der ist abgeschmiert: „Wegen der Wirtschaftskrise sind der Energiebedarf und damit auch die Nachfrage nach Emissionsrechten gesunken“, sagt Christoph Butz, Nachhaltigkeitsexperte der Schweizer Bank Pictet. Verbrauchte Deutschland 2006 noch 509 Millionen Tonnen Steinkohleeinheiten, waren es 2008 lediglich 483 Millionen Tonnen. Prompt halbierte sich am Spotmarkt der Strombörse Leipzig der Preis für CO2-Zertifikate seit September von 24 auf etwa 12 Euro.

Diese Konjunkturfalle sollte der DWS CO2 Opportunities eigentlich umgehen, weil er – anders als die Zertifikate und der Indexfonds von ETF Securities – nicht nur auf steigende Kurse spekuliert. Wie ein Hegdefonds kann er auf Preisdifferenzen im Emissionshandel wetten und so auch in fallenden Märkten Erträge erwirtschaften. „Wir nutzen unter anderem die Preisunterschiede zwischen dem Spot- und dem Terminmarkt“, sagt Kai Ristau, Fondsberater vom Hamburger Vermögensverwalter Aquila Capital, die den Fonds für die DWS managt. Am Spotmarkt ordern Unternehmen Emissionsrechte für sofort, am Terminmarkt für zukünftige Zeiträume.

Der DWS-Fonds verdient auch an Preisdifferenzen zwischen zwei Sorten von Emissionsrechten – zumindest theoretisch: Neben den klassischen CO2-Zertifikaten werden auch Emissionsminderungsrechte gehandelt, die Unternehmen über Klimaschutzprojekte erwerben. Diese Projekte sind als Clean Development Mechanism (CDM) Teil des Kyoto-Protokolls, des internationalen Klimaschutzabkommens von 1997. Wenn ein Unternehmen etwa eine Biogasanlage in Indien finanziert, bekommt es CDM-Emissionsrechte gutgeschrieben. Mit diesen lassen sich klassische CO2-Zertifikate ersetzen, die das Unternehmen in die dritte Handelsperiode ab 2013 übertragen kann.

Für Anleger haben sich die ausgeklügelten Arbitrage-Strategien bisher nicht ausgezahlt. Mit minus 25,1 Prozent verlor der aktiv gemanagte Fonds in diesem Jahr mehr als die Indexprodukte. „Wir haben auf eine wachsende Preisdifferenz zwischen klassischen und CDM-Zertifikaten gesetzt, aber die Industrieunternehmen haben im Frühjahr unerwartet viele Emissionsrechte verkauft, um kurzfristig ihre Liquiditätsprobleme wegen der Finanzkrise zu lösen“, sagt Fondsberater Ristau. Jetzt setzt er auf steigende Preise. Industrieunternehmen hätten mehr Zertifikate auf den Markt geworfen, als sie entbehren könnten, daher seien Rückkäufe zu erwarten. Zum Ende der aktuellen Handelsperiode 2012 werde es auch, anders als 2007, keinen Preiseinbruch geben. Damals verfielen nicht verbrauchte Zertifikate wertlos. 2012 aber dürfen Emissionsrechte auf die Folgejahre übertragen werden.

Ob Ristaus optimistische Prognose eintrifft, hängt vor allem davon ab, wie schnell die Weltwirtschaft aus der Krise kommt. Mit steigendem Energiebedarf wäre auch mit teureren CO2-Zertifikaten zu rechnen.

Mittelfristig entscheidet sich das Schicksal des Emissionshandels im Dezember auf dem Klimagipfel in Kopenhagen. Werden sich die USA zu ambitionierten Klimazielen verpflichten, dann dürften auch die EU-Staaten für die dritte Handelsperiode ab 2012 die CO2-Kontingente stärker verknappen als bisher geplant. Das würde die Preise auf dem Terminmarkt nach oben treiben. Ein Scheitern des Klimagipfels wäre dagegen ein schlechtes Signal für das Weltklima – und für CO2-Investments. Privatanleger gehen deshalb eine riskante Wette ein – trotz bereits stark gefallener Preise.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%