Absturz der Kryptowährungen 116 Milliarden Dollar verbrannt: Die Mega-Verluste der Kryptogurus

Verbrannte Bitcoins: Diese Krypto-Gurus sind zusammen um 116 Milliarden Dollar leichter. Quelle: Collage: Marcel Reyle

Nicht nur Normalanlegern bescherte das Krypto-Horrorjahr 2022 hohe Verluste. Der Crash bei Bitcoin und Co. ließ auch die Vermögen der Krypto-Milliardäre schrumpfen. Größter Verlierer ist ausgerechnet der Chef des Marktführers.

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Sam Bankman-Fried schiebt sich durch die Menschenmasse, zahllose Kameras sind auf ihn gerichtet. Er blickt zu Boden, sein Slacker-Outfit hat er ausnahmsweise gegen Hemd und Sakko eingetauscht. An diesem lauen Dienstagmittag ist der Gründer der kollabierten Kryptobörse FTX – einst drittgrößter Umschlagplatz für den Handel mit Bitcoin und Co. – nämlich auf dem Weg in ein New Yorker Gericht. Dort muss er sich den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft stellen. Und die haben es in sich: Die Staatsanwaltschaft wirft dem 30-Jährigen „Betrug epischen Ausmaßes“ vor.

In dem Prozess soll geklärt werden, ob SBF (wie Bankman-Fried in der Szene genannt wird) und seine Geschäftspartner versucht haben, mit FTX-Einlagen den ebenfalls kriselnden Hedgefonds Alameda Research zu retten, ob sie sich an Kundengeldern bereichert und Immobilien im Wert von 120 Millionen Dollar gegönnt haben. Oder ob, wie von SBF behauptet, simple Managementfehler zum Kollaps der Kryptobörse geführt haben.

So oder so: Mit dem FTX-Aus ist ein Milliardenschaden entstanden. Hunderttausenden Kunden droht der Totalverlust – und die Branche kämpft nun um das Vertrauen der Anleger. Der Crash von FTX potenzierte den herben Wertverlust von Kryptowährungen wie Bitcoin. Im vergangenen Jahr verlor der Kryptosektor etwa so viel Geld, wie alle 40 Dax-Unternehmen zusammen an der Börse wert sind. Insgesamt wurden Vermögenswerte in Höhe von 1,4 Billionen Dollar vernichtet.

Das Debakel spüren auch all jene Krypto-Unternehmer, die dank der enormen Kurszuwächse der vergangenen Jahre mit Bitcoin und Co. ein Milliardenvermögen aufgebaut haben. Die Krypto-Krise frisst große Teiles ihres Reichtums auf. Seit März vergangenen Jahres haben die 17 reichsten Krypto-Investoren und -Unternehmer – allesamt Männer – zusammengerechnet 116 Milliarden Dollar verloren, zeigt eine Schätzung des US-Magazins „Forbes“.



Zehn von ihnen haben ihren Status als Milliardär verloren – vor allem wegen des Zusammenbruchs von FTX. Auch die Geschäftsführer der großen Kryptobörsen wie Binance und Coinbase erlitten herbe Einbußen. Eine Übersicht über die Mega-Verluste der großen Kryptogurus.

Changpeng Zhao (Binance)

Quelle: Collage: Marcel Reyle

Changpeng Zhao ist das Schwergewicht der Krypto-Branche – zumindest, was seine Vermögensbilanz angeht, oder besser gesagt: anging. Laut „Forbes“ hat Zhao nämlich am meisten verloren, insgesamt über 60 Milliarden US-Dollar. Auch der Binance-Gründer ist also vom Krypto-Crash betroffen, obgleich er mit 4,5 Milliarden Dollar noch immer am meisten Vermögen übrig hat.

Der 45-Jährige wurden in Jiangsu, China, geboren. In den späten 1980-er Jahren zog er mit seinen Eltern, einem Hochschulprofessor und einer Lehrerin, nach Kanada. Bereits in seiner Teenagerzeit fing er mit dem Coden an und entschied sich später für das Studienfach Computerwissenschaften an der McGill-Universität in Montreal.

Ein Pokerabend im Jahr 2012 in Shanghai entfachte Zhaos Krypto-Interesse. Dort erzählte man ihm zum ersten Mal von Bitcoin. Danach ging es steil bergauf: Nach mehreren Stationen bei Kryptounternehmen gründete Zhao 2017 die Kryptobörse Binance, die innerhalb weniger Monate zum größten Handelsplatz der Kryptobranche aufstieg.

Heute leidet Binance unter den Auswirkungen des Kryptowinters. Schließlich verdient die Kryptobörse an den Gebühren, die Kunden für ihre Transaktionen zahlen. Jetzt, wo weniger Kunden handeln, macht Binance weniger Geld. Darüber hinaus kämpft das Unternehmen wegen mangelnder Transparenz mit einem Vertrauensverlust.

Sam Bankman-Fried (FTX)

Quelle: Collage: Marcel Reyle

Von 24 Milliarden auf 100.000 US-Dollar innerhalb kürzester Zeit – das Vermögen von FTX-Gründer Bankman-Fried ist in Rekordzeit dahingeschmolzen. Nachdem Anleger massenhaft Geld von der Kryptobörse abgehoben und der Rivale Binance prompt sein Übernahmeangebot zurückgezogen hatte, fiel das Kartenhaus in sich zusammen.

Nun hofft Bankman-Fried, von den Resten seines Vermögens wenigstens noch seine Anwälte bezahlen zu können. Die werden gut zu tun haben, wenn am 2. Oktober die Verhandlungen starten. Auch FTX-Mitgründer Gary Wang verlor nahezu all sein Geld. Nach seinem Schuldgeständnis könnte er den ehemaligen FTX-Chef im anstehenden Prozess belasten.

Bankman-Fried wurde 1992 geboren, ist Sohn zweier Hochschulprofessoren und studierte Physik am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Seine Karriere begann der Mann mit der markanten Wuschelfrisur beim US-Tradingunternehmen Jane Street, bevor er den Hedgefonds Alameda Research und später dann FTX gründete. In nur wenigen Jahren stieg er in die Liste der reichsten Amerikaner auf.

Geld habe für ihn keine große Bedeutung, beteuerte SBF stets. Er sei Verfechter des sogenannten effektiven Altruismus. Der 30-Jährige pflegte tatsächlich auch in besseren Zeiten einen zurückgenommenen Lebensstil: Er fuhr einen Toyota Corolla, ernährt sich vegan und wollte einen großen Teil seines Geldes spenden. Selbst kurz vor der Pleite inszenierte er sich noch als Retter kriselnder Kryptounternehmen und sicherte ihnen millionenschwere Unterstützung zu. Damit ist es jetzt wohl vorbei.

Brian Armstrong (Coinbase)

Quelle: Collage: Marcel Reyle

Als Coinbase-Chef führt Brian Armstrong den einzigen Kryptohandelsplatz, der an der Börse gelistet ist – und der deshalb deutlich transparenter ist als die Konkurrenz. Die Geschäftszahlen sehen gerade alles andere als gut aus: Transaktionserlöse und Umsatz (576 Millionen Dollar) lagen im dritten Quartal 2022 deutlich unter dem Vorjahresniveau. Auch die Coinbase-Aktie verlor deutlich an Wert, auf Jahressicht gut 85 Prozent.

Ähnliche Verluste verbuchte der „Forbes“-Schätzung zufolge auch Armstrong persönlichem. Demnach schrumpfte sein Vermögen seit März um 75 Prozent auf nunmehr 1,5 Milliarden Dollar.

Taylor und Cameron Winklevoss (Gemini)

Quelle: Collage: Marcel Reyle

Die Zwillinge wurden durch den Facebook-Streit mit Mark Zuckerberg bekannt. Sie warfen ihm vor, ihre Idee für das soziale Netzwerk gestohlen zu haben, und bekamen letztlich 65 Millionen US-Dollar Entschädigung. Die Schlammschlacht wurde im Hollywood-Hit „The Social Network“ verfilmt.

Nach dem Facebook-Streit investierten die Brüder elf Millionen Dollar in die Kryptowährung Bitcoin. Das Ergebnis konnte sich zunächst sehen lassen: Im März vergangenen Jahres standen vier Milliarden Dollar auf der Haben-Seite, bei jedem der Brüder. Nachdem der Bitcoin im vergangenen Jahr mehr als 60 Prozent seines Werts verlor, liegt das Vermögen laut „Forbes“-Schätzung jetzt allerdings bei nur noch je 1,1 Milliarden Dollar.

Nicht nur ihr persönlicher Vermögensverlust dürfte die Winklevoss-Brüder belasten. Ihre 2015 gegründete Kryptobörse Gemini steckt in Schwierigkeiten: Investoren haben eine Sammelklage eingereicht, weil die Börse einen Auszahlungsstopp verhängt hat. Auch Betrug und Verstöße gegen das US-Wertpapierrecht werfen Anleger den beiden Gründern vor.

Wie sich das Winklevoss-Vermögen entwickeln wird, hängt auch vom Wettbewerb mit einem alten Bekannten ab. Die beiden 41-Jährigen wollen ihren eigenen digitalen Raum bauen, ein Metaversum. Damit machen sie Zuckerberg Konkurrenz – der Zwist dürfte also weitergehen.

Jed McCaleb (Ripple)

Jed McCaleb ist die Ausnahme unter den prominenten Krypto-Köpfen, denn sein Vermögen ist im vergangenen Jahr stabil geblieben. Es liegt bei 2,4 Milliarden US-Dollar. Dahinter steht allerdings keine überlegene Strategie, sondern ein Streit. 

Krypto-ABC: Die wichtigsten Begriffe verständlich erklärt

Der Programmierer McCaleb trägt eine Fehde mit seinen Mitgründern des Krypto-Anbieters Ripple aus. Nachdem McCaleb das Unternehmen verlassen hatte, hielt er immer noch einen Anteil von 18,6 Prozent an der mit Ripple zusammenhängenden Kryptowährung XRP. Immer wieder hatte er große Mengen davon auf den Markt gebracht und so den Kurs bewegt. Nun hat er seine Bestände vollständig verkauft. Die letzte große Transaktion fand im Juli letzten Jahres statt. Ein guter Zeitpunkt, denn im November 2022 verlor die Währung im Zuge der FTX-Pleite nochmals massiv an Wert. Ripple-Mitgründer Chris Larsen hingegen verlor die Hälfte seines Vermögens und hat nun „nur noch“ 2,1 Milliarden Dollar.

Sein Vermögen steckt McCaleb in sein neues Unternehmen Vast, das das Wohnen und Arbeiten im All ermöglichen soll. Seit Kindesbeinen ist McCaleb nicht nur vom Coden fasziniert, sondern auch vom Weltall. 1975 wurde er in Arkansas geboren und lebt nun in Berkeley, Kalifornien. Darüber hinaus ist über sein Privatleben wenig bekannt. 

Bitcoin, Ether und Co. sollten die Zukunft sein und haben nach wie vor viele Fans. Doch das Jahr 2022 hat gezeigt, dass Kryptowährungen an ihren Ansprüchen scheitern.
von Philipp Frohn

Bei seinem Engagement für die Krypto-Welt treibt McCaleb die Idee eines demokratisierten Finanzsystems an. So verkündete das Krypto-Unternehmen Stellar, das McCaleb in Konkurrenz zu Ripple aufgezogen hat, Mitte Dezember eine Zusammenarbeit mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk. Für Menschen in der Ukraine sollen über den Krypto-Anbieter verbesserte Zahlungsbedingungen geschaffen werden.

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