Aktien Die Wahrheit über Agrar-Investments

In den USA vertrocknet Ackerland, die Preise für Grundnahrungsmittel schießen nach oben. Wer glaubt, das Investieren in Landwirtschaft wäre unmoralisch, irrt dennoch. Warum Agraraktien sinnvoll sind – und profitabel.

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Aussichtsreiche Agrarinvestments

Dürre, welche Dürre? Wenn Susanne Schulze Bockeloh den Blick über ihre Äcker im Münsterland schweifen lässt, sieht sie zufrieden aus. Auf 40 Hektar steht ihr Mais prächtig da. Im Juni und Juli hat es genug geregnet. „Gute bis sehr gute Erträge“ erwartet die Landwirtin. Schon mit dem vergangene Woche geernteten Weizen konnte ihr 110 Hektar großer Betrieb die gute Vorjahresernte einfahren.

In die Hände spielt Schulze Bockeloh nun, dass der Maispreis an der Börse stetig steigt. Händlern, die ihr die Maisernte schon jetzt abnehmen wollen, laufen die Preise davon. „Meist wollten die Händler schon früh am Morgen kaufen, bevor sich um elf Uhr die neuen Preise an der Pariser Agrarbörse bilden“, sagt Schulze Bockeloh. Erst wenige Wochen vor der Ernte im September verkaufte sie.

Ganz anders sieht es im Mittleren Westen der USA aus: knochentrockene Maisfelder mit verdorrten Pflanzen. Selbst wenn es jetzt endlich regnen würde, ein Teil der Ernte ist schon verloren. Der Maisgürtel der USA wird von der schlimmsten Dürre seit 1956 heimgesucht.

20 Milliarden Dollar Schaden

US-Ernteversicherer schätzen den Schaden auf etwa 20 Milliarden Dollar. Voraussichtlich 13 Prozent weniger Mais als im vergangenen Jahr werden die US-Farmer laut Landwirtschaftsministerium im Herbst ernten. Der Effekt ist ein gigantischer Preissprung: Seit Mitte Juni, als sich die Monster-Dürre in den USA abzeichnete, hat der Maispreis an der Terminbörse in Chicago um 54 Prozent auf acht Dollar je Scheffel (entspricht 25,4 Kilogramm Mais) zugelegt.

Im Sog der Mais-Rally geht auch Weizen, der als Ersatz für das Futtermittel Mais gilt, durch die Decke: ein Drittel plus seit Mitte Juni. Derzeit kostet ein Scheffel 8,80 Dollar (entspricht 27,2 Kilogramm Weizen). Obwohl die US-Farmer in diesem Jahr 13 Prozent mehr Weizen produzieren werden als erwartet, ist keine Entspannung in Sicht. Denn Russland, die Ukraine und Kasachstan, die neben den USA zu den weltweit größten Erzeugern gehören, melden deutlich schlechtere Erträge.

Ein Ausgleich dafür ist nicht in Sicht: „Die voraussichtlich guten Weizenernten in den USA und Kanada werden das nicht kompensieren können“, sagt Eugen Weinberg, Rohstoffanalyst der Commerzbank. Siegfried Hofreiter, Vorstand des Agrarunternehmens KTG Agrar, rechnet daher mit noch weiter steigenden Getreidepreisen.

Die Dürre ruft nun Politik und Nichtregierungsorganisationen auf den Plan. Die Welternährungsorganisation FAO und US-Farmer fordern, dass die Produktion von Biotreibstoff gedrosselt wird. Ins selbe Horn bläst der deutsche Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP). Er forderte am Mittwoch, E10 zu stoppen – das umstrittene Superbenzin mit zehn Prozent Biospritbeimischung. Allein 40 Prozent der US-Maisernte fließen laut FAO in den Tank von Fahrzeugen. Die sollten besser Menschen und Tieren als Nahrung dienen.

Terminbörsen im Fieber

Weniger Ökosprit würde vermutlich die derzeit nervösen Terminmärkte beruhigen. Diese Märkte sind das Fieberthermometer des Agrarhandels. Wetterextreme wie in den USA lassen die Börsenpreise hochschnellen, denn „70 Prozent der Ernteerträge hängen vom Wetter ab“, sagt Ralf Oberbannscheidt, Partner des Vermögensverwalters GT Partners in New York.

Da die Weizenernten seit Jahren den weltweiten Bedarf nicht decken können, schmelzen die Lager ab. Entsprechend empfindlich reagieren die Agrarbörsen. „Schon Korrekturen von zwei Prozent nach unten bei den Ernteprognosen lassen die Preise hochschnellen“, sagt Wolfgang Sabel, Geschäftsleiter von Kaack Terminhandel, einem Broker für Agrargüter.

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