Alternative Märkte Für mutige Anleger gibt's im Irak viel zu holen

Angesichts des alltäglichen Bombenterrors klingen Investments im Irak nach Anleger-Harakiri. Doch wer es wagt, kann viel gewinnen, sagen Pioniere wie der irakische Broker Shwan Taha.

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Die Gulan-Towers sind eines der neuen Bauprojekte in der nordirakischen Hauptstadt Erbil. Quelle: Laif

Der Weg ins „italienische Dorf“ führt über eine achtspurige Ausfallstraße quer durch Erbil. Es ist früher Abend, die Sonne steht tief, die Stadt ist voller Menschen. Erbils Jugend tummelt sich auf den Straßen und in den Cafés. Autokolonnen schieben sich an den Menschen vorbei. An jeder zweiten Ecke wird gebaut, Bürotürme und Hotels schießen aus dem Boden.

Erbil, Hauptstadt der kurdisch-autonomen Provinz im Norden des Irak, platzt aus allen Nähten. Seit neun Jahren hat es hier keinen Anschlag mehr gegeben, keine Bomben, keine Opfer. Die Kurden sind bis jetzt nur Zaungäste des schiitisch-sunnitischen Konflikts im Irak und des Syrien-Kriegs nebenan. Das lockt Investoren und treibt den Konsum. Der Boom ist mit Händen zu greifen.

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20 Kilometer weiter, im Flüchtlingslager Kawergost, ist davon indes nichts mehr zu spüren. Hier kampieren syrische Kriegsflüchtlinge zu Tausenden in Zelten, mit wenig mehr als ihren Kleidern auf dem Leib und den Erinnerungen an ihre umkämpfte, zerstörte Heimat.

220.000 Flüchtlinge aus Syrien

Kawergost ist eines von vielen Lagern in der kurdisch-irakischen Grenzregion, die jeden Tag mehr Flüchtlinge aufnehmen müssen. Seit die Provinzregierung in Erbil Mitte August die Grenze zu Syrien wieder öffnete, sind 40 000 hinübergeströmt.

Jeden Tag kommen 500 bis 1000 neu dazu. 22 000 syrische Flüchtlinge sind seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs vor zwei Jahren im kurdischen Irak gestrandet, und sie werden zu einer wachsenden finanziellen und logistischen Belastung für die Region. Insider berichten, die kurdische Regierung sei zunehmend nervös. Die Ölfirmen vor Ort wurden bereits um 50 Millionen Dollar Unterstützung gebeten.

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In Erbil selbst ist von dieser Nervosität wenig zu spüren. Die Stadt – voll von Flüchtlingen nicht aus Syrien, sondern aus dem eigenen Land – sehnt sich nach Normalität. „Hier spüren wir Aufbruchstimmung, die positive Seite des Irak, über die Sie draußen so gut wie nichts erfahren“, sagt Shwan Taha. Der hochgewachsene Mann im schwarzen Anzug blickt etwas misstrauisch drein. Draußen, sagt er, werde der Irak ja nur mit Bombenanschlägen gleichgesetzt. Taha ist Eigentümer des Finanzbrokers Rabee Securities. Sein Büro ist in einer braunen Würfelvilla im italienischen Dorf untergebracht, ein Viertel, das dem Bauboom der letzten Jahre entsprungen ist und von dem man gern wüsste, wie es an seinen Namen gekommen ist.

Hinter dem Schreibtisch hängt ein raumfüllendes Ölgemälde, grau in grau, auf dem Tisch steht eine Schüssel mit Gurken und Äpfeln. Taha scheint die Frage, die jetzt kommt, zu erwarten: Wie kann man in einem Land, in dem täglich Bomben explodieren, Zivilisten sterben und Tausende Flüchtlinge ankommen, Finanzgeschäfte machen?

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