Anlage in Krisenzeiten Diese vier Grafiken zeigen die Angst an den Börsen

Inflation, Zinswende und Ukraine-Krieg wirbeln die Börse durcheinander, die Risiken nehmen zu. Quelle: imago images

Die Wohlfühlzeit an den Börsen ist vorbei. In Krisenzeiten geht bei Investoren die Angst um. Der Ukraine-Krieg drängt Anleger in sicherere Häfen.

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Die Welt ist in Aufruhr, auch die Investorenwelt. Im Stundentakt erreichen sie neue Nachrichten zum Krieg in der Ukraine und den massiven Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. An den Börsen geht die Angst um. Privatanleger bangen um ihre Investitionen.

Wie empfindlich die Märkte auf geopolitische Krisen reagieren, zeigte sich unmittelbar nach der russischen Invasion in der Ukraine. Die Aktienkurse überall auf der Welt gaben heftig nach. Seitdem orientieren sich Anleger um – und suchen nach sicheren Anlagen.

Fest steht: Wer jetzt am Kapitalmarkt investiert ist, braucht starke Nerven. Schon lange waren die Unwägbarkeiten nicht mehr so groß wie jetzt. Diese vier Grafiken zeigen, wie angespannt die Lage an den Märkten aktuell ist.

1. Sicherer Hafen: Anleger flüchten ins Gold

Gold ist in Krisenzeiten eine gefragte Investition, das ist nicht erst seit der Corona-Pandemie bekannt. Auch die Ukraine-Krise treibt den Goldpreis weiter nach oben: Allein im Februar ist der Goldpreis in Dollar um gut sieben Prozent gestiegen und notierte zuletzt bei etwa 1933 Dollar pro Feinunze (etwa 31,1 Gramm). Manche Analysten glauben sogar, dass Gold trotz des starken Dollar-Kurses auch die US-Rekordmarke von 2063 Dollar pro Feinunze aus dem Sommer 2020 knacken kann.

Ein Anstieg des Goldpreises gilt als Indikator für nervöse Märkte. Der Preis des Edelmetalls verhält sich antizyklisch zum Verlauf von Aktienkursen. Seit Jahrzehnten gilt Gold als Krisenwährung im Depot. Tatsächlich hat sich das Edelmetall als Schutz vor Inflation und geopolitischen Risiken etabliert und kann Schwankungen abfedern. Anleger hoffen jetzt, durch Goldinvestments ihr Portfolio abzusichern.

2. Kurse von Kryptowährungen steigen

Ähnlich sieht es gerade bei Kryptowährungen aus. Der Branchen-Primus Bitcoin legte seit der russischen Invasion vor einer Woche um gut acht zu und notierte zuletzt bei 41.400 US-Dollar. Auch Kryptowährungen in der zweiten und dritten Reihe stiegen stark, der Terra-Coin Luna sogar um 40 Prozent. Kryptowährungen zogen damit stärker an als Gold..

Die aktuelle Performance wird von manchen Kryptofans als Bestätigung gesehen, dass Bitcoin und Co. als Krisenwährung und Investitions-Pendant zu Gold taugen. Zumindest aktuell scheinen einige Anleger den Bitcoin durchaus als Wertaufbewahrungsmittel zu interpretieren. Allerdings zeigte sich auch nun wieder, dass Anleger das Wachstum bei Kryptowährungen für Gewinnmitnahmen nutzten. Im Vortagesvergleich notieren die Cyberdevisen nämlich wieder deutlich im Minus.

Spannend dürfte bleiben, wie sich die Anlegerstimmung weiter entwickelt. Aufschlüsse darüber bietet der sogenannte „Fear and Greed"-Index (zu Deutsch: Gier und Angst). Zuletzt lag der Index bei 33 von 100 und damit eher im neutralen Bereich. Je niedriger der Wert, desto unwahrscheinlicher ist ein weiterer Kursrückgang, weil verkaufswillige Anleger ihre Positionen bereits abgestoßen haben.

Allerdings sinkt der Index seit einigen Tagen wieder – inwiefern Anleger jetzt noch auf Bitcoin und Co. als Schutz setzen sollten, bleibt abzuwarten. Trotz des derzeitigen Kurswachstums darf man nicht vergessen: Im Vergleich zu Gold, das sich über Jahrhunderte zur Krisenwährung entwickelt hat, blickt der Bitcoin auf eine noch junge Historie zurück. Wie sich die Krypto-Kurse langfristig in Krisenzeiten halten werden, kann noch nicht analysiert werden.

Spannend ist auch: Nicht alle Krypto-Coins stehen im Plus. Kryptowährungen wie Cardano, Polkadot und Dogecoin mussten im vergangenen Monat stärkere Kursverluste hinnehmen als etwa der US-Börsenindex Dow Jones.

3. Das Angstbarometer deutet auf turbulente Zeiten

Die Wohlfühlzeit an den Börsen ist vorerst vorbei, zeigt der Volatilitätsindex VDax. Er ist eine Art Angstbarometer der Börse. Allein im vergangenen Monat stieg er um fast 74 Prozent. Der VDax entwickelt sich gerade gegensätzlich zum deutschen Leitindex Dax, der wegen der Zinssorgen und der dramatischen Situation im Ukraine-Konflikt seit Jahresbeginn deutlich an Wert verloren hat.



Je höher der VDax steigt, desto nervöser sind Anleger – und umso turbulenter geht es an den Märkten zu. Dann kommt es nämlich vermehrt zu teils großvolumigen Aktienverkäufen, was die Kurse drückt. Aussagen über einen baldigen Kursverfall allerdings erlaubt der Index natürlich nicht. Er ist schließlich keine Glaskugel.

Verglichen mit der ersten Coronawelle scheinen die Anleger aber noch recht gefestigt. Im Frühjahr 2020, als die Pandemie begann, sich auf der Welt auszubreiten, schoss der VDax auf bis zu 99 Punkte. Damit notierte er gut 60 Punkte über dem jetzigen Niveau.

4. MSCI World Index: Der Liebling der Anleger steht unter Druck

Börsengehandelte Indexfonds (kurz: ETFs) sind in den vergangenen Jahren zu einer beliebten Anlageklasse aufgestiegen. Sie versprechen Anlegern ein unkompliziertes und breit gestreutes Investment. Sie bilden einen Index passiv nach.

Insbesondere der MSCI World Index stößt bei Anlegern auf großes Interesse. Anleger investieren so in 1600 Unternehmen aus aller Welt. In den vergangenen Jahren sind sie damit gut gefahren. Innerhalb der vergangenen vier Jahre legte der Index gut 40 Prozent an Wert zu. Vor allem mit Beginn der Börsenrally kurz nach Ausbruch der Pandemie sorgte er für satte Renditen.

Seit einigen Monaten allerdings zeigt der Chart nach unten. Binnen drei Monaten hat der MSCI World Index gut fünf Prozent an Wert verloren. Das liegt vor allem an der Konstruktion des Index. Er wird zwar gerne als Weltaktienindex bezeichnet, weist letztlich aber eine hohe US-Konzentration auf und deckt die meisten Länder gar nicht ab.



Hinzu kommt: Mit einem Anteil von gut 23 Prozent sind Techtitel im Index am stärksten vertreten. Acht der zehn größten Positionen im Index zählen zu dem Sektor. Mit einem Anteil von etwa 4,7 Prozent ist die Apple-Aktie die größte Einzelposition im MSCI World Index. Zuletzt waren Techaktien in Mitleidenschaft gezogen worden, weil die US-Notenbank Fed einen schnelleren Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik ankündigte. Steigende Zinsen wirken sich tendenziell schlecht auf Wachstumstitel aus.

Die unfassbare Marktmacht der MSCI-World-ETFs könnte nun in Krisenzeiten zu Problemen führen. Gerade unter Neuanlegern, die im Zuge der Coronapandemie das erste Mal Geld am Kapitalmarkt investiert haben, ist der Index äußerst beliebt.

Sie wurden mit stetig steigenden Kursen sozialisiert. Nun lernen sie Zeiten mit stärkeren Kursschwankungen und Rücksetzern kennen. Es besteht die Gefahr, dass vermehrt Anleger Kapital aus dem Markt abziehen. Ein massenhafter Ausstieg aus ETFs auf den MSCI-World-Index würde die Märkte stark beeinflussen.

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