Sparen macht froh. Und Sicherheit geht vor. Zwar sind dies nur zwei von vielen Ergebnissen des diesjährigen Vermögensbarometers des Sparkassen- und Giroverbands. Dennoch stehen sie sinnbildlich für den deutschen Sparer. Und für sein Dilemma. Denn er scheut das Risiko und lässt dafür lieber die Rendite links liegen. Geht es um hohe Summen, ist das besonders dramatisch.
Den Weltspartag in der kommenden Woche nutzen Banken und Finanzdienstleister traditionell, um die deutschen Sparer auf dieses Dilemma aufmerksam zu machen. Auch das Vermögensbarometer zeigt nicht nur, dass sich Anleger das Sparen fürs Alter kaum noch leisten können. Es zeigt auch, dass Anleger, die noch fürs Alter vorsorgen, klassische Geldanlagen wie Immobilien, Rentenversicherungen oder Bausparverträge weiterhin bevorzugen. Die Befragten sind der Meinung, dass diese Produkte sich besonders für die Altersvorsorge eignen. Selbst der Lebensversicherung, welche dank immer niedrigerer Zinsen in der Beliebtheitsskala deutlich gesunken ist, geben immerhin noch ein Viertel der Sparer ihre Stimme.
Sparen macht arm, nicht sexy
Eine Umfrage der comdirect kommt ebenfalls zu einem klaren Ergebnis. Die Deutschen sparen sich arm. Sie legen ihr Geld einfach genauso an wie vor der Zinswende. Demnach würden 49 Prozent der Befragten die niedrigen Zinsen bei Tages- und Festgeld sowie auf dem Sparbuch einfach ignorieren. "Eine Mischung aus Unsicherheit, Unwissenheit und Desinteresse führt dazu, dass sich zu viele Deutsche langfristig arm sparen", sagt Holger Hohrein, Finanzvorstand der comdirect.
Warum reagieren die Sparer nicht? 16 Prozent sind laut der Umfrage unsicher, wie sie ihr Geld besser anlegen können. Neun Prozent geben zu, sich schlicht nicht für das Thema zu interessieren und sieben Prozent geben an, nicht zu wissen, wie hoch die Zinsen gerade sind.
Ignoranz hat ihren Preis
Richtig teuer wird diese Ignoranz erst, wenn es große Summen sind, die einfach aufs Tagesgeldkonto oder Sparbuch geschoben werden. Rund 80,2 Milliarden Euro haben Lebensversicherer im vergangenen Jahr an ihre Kunden ausgeschüttet. Experten gehen allerdings davon aus, dass ein großer Teil des Geldes aus fälligen Policen vom Empfänger sträflich vernachlässigt wird und auf simplen Sparkonten landet. Dadurch gehen enorme Zinseinnahmen verloren. Wie lassen sich große Beträge trotz Minizinsen sinnvoll anlegen?
Wenn die Lebensversicherung fällig wird, haben Anleger normalerweise die Wahl. Die meisten Assekuranzen bieten an, das Geld entweder als Einmalzahlung zu überweisen, oder verrentet, also häppchenweise in monatlichen Raten. Wie hoch der Anteil der Kunden ist, die sich für die lebenslange Rente entscheiden, ist allerdings nicht bekannt. Die R+V Versicherung beispielsweise will die Zahlen aus Wettbewerbsgründen lieber nicht nennen.
Auch wenn die lebenslange Rente der eigenen Versicherung bequem und verlockend erscheint, sollten Sparer sich die Mühe machen, das Angebot mit anderen Sofortrenten zu vergleichen. "Normalerweise haben Bestandskunden keinen Vorteil bei ihrer Versicherung, sie zahlen die gleiche Provision für Sofortrenten wie Neukunden", sagt Honorarberaterin Stefanie Kühn aus Grafing bei München. Grundsätzlich sei die Idee der Sofortrente zwar gut für Anleger, die sich eine regelmäßige Ergänzung zur Rente wünschten. Allerdings sei das Modell eben mit hohen Kosten verbunden.
Selbstständig anlegen ist günstiger
Außerdem sind Sofortrenten wie jede Rentenversicherung eine Wette auf ein langes Leben. Wer früh verstirbt, verschenkt möglicherweise einen Teil seiner mühsam angesparten Lebensversicherung. "Für Anleger ohne Kinder kann die Sofortrente eher eine Möglichkeit sein", sagt Anlageexpertin Kühn. Zumal die Verrentung der Einmalzahlung steuerliche Vorteile bietet. Nur ein kleiner Teil, der sogenannte Ertragsanteil der Rente, ist überhaupt steuerpflichtig.
Parkplatz gefällig?
Einige Versicherer bieten ihren Kunden nicht nur die Verrentung des Geldes, sie haben auch sogenannte Parkdepots im Angebot. Wer noch nicht weiß, was er mit der fällig werdenden Lebens-Police anfangen soll, kann das Geld noch ein Jahr in der Obhut der Assekuranz lassen. Die freut sich über jede Art von Liquidität - und verzinst das Guthaben teilweise recht ordentlich. Bei guten Angeboten mit Zinsen jenseits der zwei Prozent können Unentschlossene zugreifen.
Da die Verrentung selten die beste Variante ist, raten Finanzexperten dazu, das Geld selbstständig wieder anzulegen. Honorarberaterin Kühn empfiehlt, die frei werdenden Beträge zunächst dafür zu nutzen, teure Darlehen abzubezahlen, beispielsweise bei Immobilien. "Wer eine Sondertilgung ohne Vorfälligkeitsentschädigung machen darf, sollte einen Teil des Geldes dafür nutzen", sagt Kühn.
Im Anschluss sei es wichtig, zu wissen, wofür das Geld eingeplant war, meint Annabel Oelmann, Finanzexpertin bei der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen. Davon hänge ab, wie schnell das Ersparte verfügbar sein muss. Wer zunächst auf das Geld verzichten kann, darf es erst mal fest anlegen.
Stufenmodell
Zu lange sollten sich Sparer dennoch nicht festlegen. In der Niedrigzinsphase gilt es, möglichst flexibel zu bleiben. Kommt irgendwann die Wende und die Zinsen steigen wieder, möchte jeder Sparer am Renditeanstieg teilhaben und sollte daher relativ kurzfristig sein Erspartes umschichten können. Kühn rät zu mittleren Laufzeiten von maximal fünf Jahren. Statt Sparbrief kommt auch eine sogenannte "Festgeld-Treppe" in Frage. "Dabei wird der Betrag in fünf Teile aufgeteilt und mit unterschiedlichen Fälligkeiten von maximal fünf Jahren angelegt", erklärt Kühn. Wer sich nicht so lange festlegen will, teilt einfach nur in vier Teile. "Im Idealfall wird jedes Jahr ein Teil des Geldes fällig und kann entweder wieder angelegt werden oder ist für Investitionen verfügbar", erklärt die Beraterin. Diese Methode erfordere zwar etwas Aufwand, da die verschiedenen Zinsangebote verglichen werden müssen. Andererseits ist so eine vergleichsweise sichere und flexible Anlage mit akzeptabler Verzinsung möglich.
Allerdings: "Idealerweise wird die fällige Lebensversicherung aufgeteilt und in verschiedene Anlageklassen investiert", sagt Finanzexpertin Oelmann. So blieben Sparer möglichst flexibel und könnten gleichzeitig ihr Risiko breit streuen. Neben der eher konservativen Anlage dürfen es also auch Aktien sein. Wer das Risiko scheut, dem rät Beraterin Kühn zu einem Anteil von zehn Prozent des Geldes. "Entscheidend ist, wie viel Risiko der Anleger eingehen will", sagt Oelmann.
Fertige Pläne: bequemer, aber teurer
Relativ einfach lässt sich der Aktienteil in börsennotierte Indexfonds, sogenannte ETFs, investieren. Diese bilden einen bestimmten Index, beispielsweise den Dax, nach. Dadurch hat der Anleger automatisch eine gewisse Streuung in seinem Portfolio. Außerdem spart er die Gebühr für einen aktiven Fondsmanager, gegenüber anderen Investmentfonds oder einzelnen Aktien punkten ETFs deshalb mit niedrigen Gebühren. Auch hier können Anleger sich eine Art Auszahlplan bauen, in dem sie sich regelmäßig Tranchen des eingezahlten Geldes auszahlen lassen. Das ist oft günstiger und besser als einen festen Fonds-Entnahmeplan abzuschließen.
Dabei wird ein Einmalbetrag in einen bestimmten Investmentfonds investiert. Daraus werden dann regelmäßig verzinste Teile wieder ausgeschüttet. Angesichts der aktuellen Turbulenzen an den Börsen warnen Beobachter allerdings gerade risikoscheue Anleger vor dieser Variante. Das gute am Entnahmeplan: er ist weniger aufwendig, als der selbstgebaute Auszahlplan mit Indexfonds. Gleichzeitig kann die Höhe der Auszahlungen flexibel geändert werden.
Gut planbar
Wer nach einer bequemen Auszahlvariante ohne Aktien sucht, ist mit einem Bankauszahlplan womöglich besser bedient. Auch da wird ein größerer Betrag eingezahlt, der danach in Raten verzinst wieder ausbezahlt wird. Wer vergleicht, findet einige Angebote mit akzeptabler Verzinsung. Die FMH Finanzberatung hat vor kurzem für WirtschaftsWoche Online die Auszahlpläne mit der höchsten Verzinsung herausgefiltert.
Während die Sofortrente eine Wette auf das lange Leben ist und sich bei frühem Tod als Nachteil erweist, sind Auszahl- und Entnahmepläne besser kalkulierbar. Hier ist das Geld nach einem vorher festgelegten Zeitraum einfach aufgebraucht. Wer länger lebt, muss dann mit anderen Reserven nachhelfen.
Insgesamt macht es nicht nur Sinn, größere Summen auf mehrere Anlageklassen zu verteilen. Verbraucherschützerin Oelmann rät auch dazu, den Betrag bei mehreren Banken unterzubringen. "Werden maximal 100.000 Euro bei einem Geldinstitut angelegt, greift in jedem Fall die Einlagensicherung", sagt Oelmann. Nicht nur die Deutsche, auch die europäische Einlagensicherung garantiert Beträge bis zu 100.000 Euro. Viele deutsche Banken haben allerdings noch eine ergänzende Sicherung, welche teilweise auch unbegrenzt Garantien zusagt.
Das überzeugt die Sparer offenbar. Laut Vermögensbarometer bevorzugen fast zwei Drittel das deutsche System der Einlagensicherung. Den Vorschlag der EU-Kommission, Bankeinlagen nicht auf nationaler, sondern auf europäischer Ebene zu garantieren, lehnt die Mehrheit der Verbraucher dagegen ab. Negativbeispiele wie die Pleite der isländischen Kaupthing Bank haben Spuren hinterlassen. Nur sechs Prozent würden das europäische System dem nationalen vorziehen.
Egal ob aus Deutschland oder Europa, ob die Einlagensicherung im Ernstfall, einer Pleite der Bank, tatsächlich Abhilfe schaffen kann, das muss sich jeder Anleger selber überlegen. Die Deutschen sind positiv gestimmt. Immerhin sechs von sieben Bundesbürgern sind laut Vermögensbarometer davon überzeugt, dass ihre Spargroschen gut aufgehoben sind und halten diese für "ganz sicher". Gegenüber den Jahren der Finanzkrise ist das Vertrauen damit deutlich gestiegen.
Grundsätzlich sollten größere Beträge also nicht viel anders angelegt werden als kleine - allerdings sind die großen Summen ein Luxus, denn sie bieten deutlich mehr Möglichkeiten.