Anlagestrategie Es gibt sie noch, die Optimisten!

Die Stimmung ist nach wie vor schlecht, trotz der zwischenzeitlichen Erholung der Börsen bleiben die Anleger – private wie institutionelle – pessimistisch. Doch es gibt Ausnahmen. Wer jetzt noch Aktien kauft und warum.

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Blumen an der Frankfurter Börse: Die Stimmung ist schlecht, doch einige Optimisten gibt es. Quelle: dpa

Düsseldorf Schuldenkrise und kein Ende – an der Börse will einfach keine Zuversicht aufkommen, obwohl der Dax sich von seinem Tief bei etwas mehr als 5.000 Punkten im September wieder auf aktuell knapp 6.000 Punkte erholt hat: Die meisten Investoren sind noch immer extrem skeptisch gestimmt, ihre Stimmung ist zuletzt auf ein 52-Wochen-Tief gefallen. Das kann ein Warnsignal sein: „Da die mittelfristigen Erwartungen in der Regel dem Markt vorauslaufen und damit Prognosecharakter haben, bleiben die Aktienmärkte in schwierigem Fahrwasser“, sagt Manfred Hübner von Sentix. Das Researchhaus misst regelmäßig die Stimmung von 3.500 Investoren, davon 750 Institutionelle.

Doch auch wenn die Mehrzahl der Investoren nichts Gutes für die Aktie erwartet: Es gibt sie noch, die letzten Optimisten, die unbeirrt für Aktieninvestments trommeln. Zum Beispiel Max Otte: Der Bestsellerautor und Fondsmanager hat bereits seit August Aktien nachgekauft und so einige bestehende Positionen verbilligt. „Viele Top-Unternehmen sind im Moment günstig zu haben“, sagt Otte. Noch im Frühjahr hatte er in seinem Fonds einen Cash-Anteil von bis zu zwölf Prozent, mittlerweile ist er wieder fast voll investiert.

Ein weiterer Verfechter der Aktie ist Christoph Bruns: Der Chef der  Fondsboutique Loys ist überzeugt, dass an der Aktie kein Weg vorbei führt und sie die „beste Anlage“ ist. „Es ist ein Fehler, jetzt nicht zu kaufen“, sagt er.

Beide Fondsmanager sind sich einig: Aktien sind in Zeiten, in denen das Geld immer schneller an Kaufkraft verliert, eine gute Wahl. Denn sie sind Sachwerte und sind weniger von Inflation betroffen als andere Anlageklassen. „Unternehmen sind dynamisch und können sich an wandelnde Bedingungen anpassen“, sagt Bruns. „Ob die EZB Geld druckt und weiter Anleihen kauft oder Griechenland pleite geht, stört Unternehmen wie BMW oder Pfeiffer Vacuum nicht.“ Es komme auf ihre Geschäftsentwicklung an, und die laufe bei beiden gut.

Trotzdem sind aber auch die Aktien solcher Unternehmen unter die Räder gekommen. „In Krisenzeiten wird Aktien einer ihrer größten Vorteile, nämlich die Liquidität, zum Verhängnis“, sagt Bruns. „Wenn die wirtschaftliche Unsicherheit steigt, verkaufen Anleger ihre Aktien – auch wenn es absurd und ökonomisch unsinnig ist.“


„Grandiose Fehlentscheidungen“ bergen Chancen

Der Fondsmanager ist überzeugt, dass es durch den Börsenabsturz zu „grandiosen Fehlbewertungen“ gekommen ist und die Chancen derzeit die Risiken überwiegen. Auch Max Otte sieht Einstiegschancen: „Krisensichere Unternehmen wie Henkel, Beiersdorf oder Nestlé sind nicht zu teuer, sehr billig sind Zykliker wie Stahl- oder Autowerte.“ Inflationsschutz bieten nach seiner Meinung vor allem Pharmafirmen, Markenanbieter, Luxusunternehmen und gute Dienstleister.

Die wichtigsten Kennzahlen, auf die Anleger achten sollten, sind Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) – bei Zyklikern auf Basis des langfristigen, durchschnittlichen Gewinns berechnet – und der Buchwert. „Viele Unternehmen gibt es derzeit unter Buchwert“, so Otte. Auch die Dividendenrendite und die Ausschüttungsquote helfen bei der Aktienauswahl. „Viele Unternehmen bieten im Augenblick eine hohe Dividendenrendite“, sagt Otte. „Besonders interessant sind Firmen, die organisch wachsen und fast ihre gesamten Gewinne an ihre Anleger ausschütten – das liebt auch Warren Buffett.“

Optimistisch ist auch Andreas Grünewald: Der Vermögensverwalter fährt die Aktienquote in den Depots seiner Kunden seit August sukzessive hoch. Er rät Anlegern, schrittweise einzusteigen. Auch seine Favoriten sind Pharma und Konsumtitel. Die Begründung: „Die Weltwirtschaft wird sich weiterdrehen – Schuldenkrise hin oder her.“

Der Vorstand des Vermögensverwalters FIVV rät, nicht immer nur auf Europa und die USA zu schauen. „Wir vergessen gerne die vier Milliarden Asiaten, hinzu kommen Afrikaner und Lateinamerikaner“, sagt Grünewald. „In den Emerging Markets leben viele junge Menschen, die gut ausgebildet sind und nach vorne kommen wollen. Und davon können Anleger profitieren.“ Aktien von Unternehmen, die stark in den aufstrebenden Schwellenländern engagiert und derzeit günstig bewertet sind, sind seine erste Wahl.

Drei Profis, eine Meinung: Kaufen! Doch wie passt das zur aktuellen Stimmung an den Märkten? „Den Optimismus der Fondsmanager sehen wir in unseren Daten nicht“, sagt Sentix-Experte Hübner. Doch die Zuversicht hat einen Grund: Value Investoren wie Max Otte suchen Aktien, die sie für günstig bewertet oder sogar unterbewertet halten. „Ich kaufe günstig, unabhängig davon, wie die allgemeine Stimmung an den Märkten gerade ist“, sagt Otte. „Und ich investiere mit dem Wissen, dass auch ich nicht weiß, wo Dax oder Dow in sechs Monaten oder zwei Jahren stehen werden.“

Ähnlich argumentiert Bruns: „Wir bilden uns ein Urteil darüber, wie viel ein Unternehmen wert ist und schauen dann auf den Aktienkurs – wie sich die Märkte entwickeln, spielt dabei kaum eine Rolle.“ Abstürze wie im August, gehen aber auch an den Portfolios der Profis nicht spurlos vorbei.

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