Jörg Asmussen kann nicht klagen. Als EZB-Direktor verfügt er über ein Einkommen, welches es ihm sicherlich erlaubt, ausreichend Rücklagen zu bilden. Kein Wunder also, dass der deutsche EZB-Direktor in einem Interview mit der Bild-Zeitung Anfang dieser Woche verkündete, Sparen lohne sich noch.
Wer allerdings nicht mit einem derart üppigen Einkommen gesegnet ist, mag sich angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase die Haare raufen. Denn es sind vor allem die einfachen, auch für Geringverdiener geeigneten Sparprodukte wie Tages- oder Festgeldkonten, bei denen die Zinsen so niedrig sind, dass abzüglich der Inflation sogar Verluste möglich sind. Dieses Zins-Dilemma lässt vor allem Sparer mit kleinem Geldbeutel schnell kapitulieren und hält sie vom Sparen ab – lieber investieren sie ihr Geld in einen Lottoschein und hoffen auf den großen Gewinn.
Dabei sollten auch Geringverdiener den Kopf nicht vorschnell in den Sand stecken. Denn nicht nur Vermögende können ein kleines Vermögen aufbauen. Wer ein paar wichtige Regeln beachtet und die richtigen Produkte und Fördermöglichkeiten kennt, kann auch seine kleine Haushaltskasse aufbessern.
Erst tilgen, dann sparen
Grundregel Nummer eins für den Vermögensaufbau im etwas kleineren Rahmen: Erst wenn alle Kredite getilgt sind, sollte übriges Geld angespart werden. Zahlt ein Berufsanfänger beispielsweise noch sein Bafög zurück, sollte das erst abbezahlt werden, bevor weitere Sparprodukte angeschafft werden. Gleiches gilt für Dispokredite oder die Raten für das neue Auto oder den neuen Fernseher. Verbraucherschützer wie Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen warnen davor, diese oft kleinen Verpflichtungen auf die leichte Schulter zu nehmen. Denn insbesondere für Dispokredite werden enorme Gebühren fällig. Die zu reduzieren ist also auch schon eine Form des Sparens.
Nicht nur derartige Altlasten, auch in einen ausreichenden Versicherungsschutz sollten Anleger vor dem Gang ans Sparschwein investieren. Eine private Haftpflichtversicherung etwa ist günstig, kann aber im Ernstfall viel Geld sparen. Ist dann die Bar-Reserve auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto so groß, dass eine kaputte Waschmaschine oder die teure Klassenreise der Kinder kein Loch in die Haushaltsplanung reißen, darf auch langfristig Geld angelegt werden. Das gilt im Übrigen auch für Berufsanfänger: Erst wenn der Notgroschen vorhanden ist, darf investiert werden.
Geschenke mitnehmen
Was viele Anleger vergessen: Wer sich willig zeigt, fürs Alter vorzusorgen und Reserven ansparen will, der wird belohnt – nicht nur vom Staat, sondern auch vom Arbeitgeber. Denn viele Angestellte in Deutschland haben Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen (VL). Die wenigsten nehmen den Bonus vom Chef allerdings in Anspruch. Aktuelle Analysen ergaben, dass gerade einmal 13 Prozent aller Haushalte die VL für ihre Sparvorhaben nutzen. Viele vermuten, ihnen würden die Leistungen nicht zustehen oder schrecken vor zusätzlichem Aufwand zurück.
Viel Geld verschenkt
Auf diese Weise wird viel Geld verschenkt. Dabei sind VL gerade für Geringverdiener ein guter Weg, ein wenig Vermögen anzusparen. Immerhin zahlt der Arbeitgeber monatlich zwischen sechs und 40 Euro. Da die Ansparzeit sich normalerweise auf sechs Jahre beläuft, können bis zu 2880 Euro zusammenkommen. Insgesamt läuft der VL-Vertrag in der Regel sieben Jahre, das letzte Jahr wird pausiert, dann kann über das Geld verfügt werden. Ist die Laufzeit beendet, können die Zulagen für ein neues Sparvorhaben genutzt werden.
Wie bekomme ich das Geld?
Zunächst muss geprüft werden, ob Anspruch auf VL besteht. Denn nicht jedes Unternehmen zahlt seinen Angestellten diesen Sparanreiz. Auch Mitarbeiter in der Probezeit haben es oft schwer, die Förderung zu bekommen. Grundsätzliches ist normalerweise im jeweiligen Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt. Die Personalabteilung kann bei Fragen am besten weiterhelfen. Zahlt das Unternehmen, können sich in der Regel alle fest angestellten Mitarbeiter sowie Auszubildende über das Geld vom Chef freuen. Wer Teilzeit arbeitet, bekommt oft einen reduzierten Satz.
Die Höhe der Zuzahlungen ist allerdings von Branche zu Branche sehr unterschiedlich. Während Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst 6,65 Euro monatlich bekommen, sind es in der Druckindustrie in Nordrhein-Westfalen 26,59 Euro pro Monat. Bankangestellte kassieren sogar die vollen 40 Euro monatlich.
Was Banken für eine Konto-Überziehung verlangen
Finanztest und die FMH-Finanzberatung aus Frankfurt haben bei den Banken die Dispo-Zinsen erfragt oder ermittelt.
"Der Durchschnittszins von 11,76 Prozent liegt zwar gut einen halben Prozentpunkt unter der Vorjahresuntersuchung, aber immer noch zu hoch. Denn die Zinsen, zu denen sich die Banken Geld leihen können, sind stärker gesunken als die Zinsen, zu denen die Kunden ihr Konto überziehen dürfen."
"Die Dispozinsen sanken zum Quartalsende im Schnitt nur um 0,28 Prozentpunkte."
Die Banken verdienen heute an Überziehungen deutlich mehr als früher. Vergleicht man zum Beispiel einen Schnitt der Dispo-Zinsen mit dem Referenzzins, dem Euribor für drei Monate, so ergeben sich in den vergangenen vier Jahren im Schnitt Gewinnmargen von über 10 Prozentpunkten. Vor der Jahrtausendwende waren es dagegen mal sieben Prozentpunkte oder weniger, ermittelte die FMH-Finanzberatung.
Deutsche Skatbank, DAB bank AG, PSD Bank Westfalen-Lippe eG, VR-Bank Uckermark-Randow
Quelle: FMH Finanzberatung, Finanztest
Sparkasse Leipzig, Frankfurter Sparkasse, Berliner Volksbank, Berliner Bank, Deutsche Bank AG
Sparkasse Hannover, Mainzer Volksbank, Wiesbadener Volksbank, Santander Bank
Commerzbank: 13,24 Prozent, Sparkasse Langen-Seligenstadt: 13,5 Prozent
Volksbank Stendal, Volksbank Eisenberg, Sparkasse Göttingen, Stadtsparkasse Hameln
VR-Bank Aalen, Sparkasse Elbe-Elster, Raiffeisenbank Fischenich-Kendenich, Targobank
Manche Überziehungen über das vereinbarte Soll hinaus werden von den Banken geduldet. Sie verlangen dafür jedoch höhere Zinsen. In der Spitze ermittelte die FMH Finanzberatung für geduldete Überziehungen Werte von bis zu 18,75 Prozent.
Um die Zulage zu bekommen, können Anleger zwischen verschiedenen Sparprodukten wählen. Gezahlt werden die VL unter anderem für Bausparverträge, Banksparpläne, Lebensversicherungen oder Fonds. Haben sie ihr Wunschprodukt ausgewählt, müssen Anleger lediglich eine Kopie des VL-Vertrags beim Arbeitgeber einreichen. Der zahlt den Beitrag dann direkt auf das gewählte Depot oder den entsprechenden Vertrag.
Wer mehr Ansparen möchte, kann die Leistungen des Arbeitgebers auch freiwillig aufstocken. Der Betrag wird in dem Fall direkt vom Gehalt abgezogen. Gerade für Berufsanfänger oder Geringverdiener ist allerdings hier Vorsicht geboten: „Bevor freiwillig mehr angespart wird, muss genau überprüft werden, ob das im monatlichen Budget drin ist“, sagt Geldanlage-Expertin Oelmann. Wird es knapp, sollten sich Sparer lieber mit dem zufrieden geben, was der Chef beisteuert.
Auch der Staat fördert den VL-sparenden Bürger. Wer jährlich weniger als 20.000 Euro verdient – bei Ehepaaren sind es 40.000 Euro – darf sich zusätzlich über die staatliche Arbeitnehmer-Sparzulage freuen. Mit bis zu 80 Euro jährlich unterstützt der Staat die Sparbemühungen. Ausgezahlt wird die Zulage von Vater Staat allerdings erst nach Ende der Laufzeit – wer vorher kündigt, hat keinerlei Ansprüche auf die staatliche Förderung. Wer Anspruch auf die staatliche Sparzulage hat, muss bei der Produktauswahl einige Kriterien beachten, denn nicht alles ist förderfähig. Gerade bei Aktienfonds gelten strenge Regeln, für welche Fonds VL und die Sparzulage verfügbar sind. Beim Fondsverband BVI finden Anleger eine entsprechende Liste mit Fonds.
Die Qual der Wahl
Doch auch ohne staatlichen Bonus stellt sich die Frage, welches VL-Sparprodukt sich am meisten lohnt – und vor allem, um bei der Aussage Asmussens zu bleiben, ob sich das Sparen überhaupt noch lohnt.
Wie profitabel das Sparen mit dem Chef-Bonus am Ende ist, hängt unter anderem von den fälligen Gebühren ab. „Bei Bausparverträgen müssen Anleger mit einer Abschlussgebühr rechnen, oft liegt die bei einem Prozent der Bausparsumme“, sagt Oelmann. Deshalb seien die in der Regel nur für Sparer interessant, die wirklich am Kauf eines Hauses oder einer Wohnung interessiert seien. Wer den Bausparvertrag nur als Geldanlage sieht, der sollte lieber auf andere Alternativen ausweichen.
So funktioniert Bausparen
Bausparer sammeln zunächst ihr Guthaben an. Bei Verträgen, die für eine spätere Finanzierung gedacht sind, ist die Verzinsung nicht so wichtig und auch häufig schlechter als bei den besten Banksparplänen. Die Sparphase läuft mindestens so lange, bis der Kunde das Mindestguthaben erreicht hat.
Wenn der Bausparer das vereinbarte Mindestguthaben angespart, die abhängige Bewertungszahl erreicht und die Mindestwartezeiten eingehalten hat, ist der Vertrag zuteilungsreif. Dann kann der Kunde die Bausparsumme (Sparguthaben plus Bauspardarlehen) für die Finanzierung nutzen.
Der Kunde zahlt für den Kredit einen bei Vertragsschluss bereits vereinbarten Zinssatz. Die monatliche Rückzahlung des Darlehens wird auch Tilgungsrate genannt und fast immer in Promille der Bausparsumme aus gewiesen. Es ist schon bei Vertragsabschluss daher auf eine angemessene Ratenhöhe zu achten.
Die sicherste Variante ist normalerweise der Banksparplan. Zwar sind die Zinsen überschaubar, das Risiko dafür aber auch. Die ING-Diba beispielsweise bietet VL-Sparen mit einem festen Zins von zwei Prozent. Wer die maximale Summe von 40 Euro monatlich anspart, kommt so bei insgesamt eingezahlten 2880 Euro am Ende auf knapp 3100 Euro – Kleinvieh macht eben auch Mist und ist besser als nix. Allerdings werden die Banksparpläne von den Banken selten angeboten, da dort weniger Provisionen zu holen sind. Gezieltes Nachfragen lohnt sich also.
Mehr zu holen
Deutlich mehr ist bei VL-Anlegen mit Fonds zu holen. Ist die Entwicklung am Aktienmarkt gut, stimmt am Ende auch die Rendite für den mit VL angesparten Betrag. Dafür müssen Anleger mit dem größeren Risiko im Vergleich zum Bank- oder Bausparen leben. Allerdings ist die Laufzeit des VL-Vertrags mit sieben Jahren noch im Rahmen.
Insbesondere Geringverdiener sollten allerdings ein Auge auf die Kosten haben. Denn nicht nur die laufenden Verwaltungskosten schlagen mit jährlich etwa 1,6 Prozent zu buche, normalerweise ist beim Kauf des Fonds ein Ausgabeaufschlag fällig. Der kann schnell bei rund fünf Prozent liegen. Sparfüchse sollten also darauf achten, Fonds auszuwählen, bei denen kein Ausgabeaufschlag fällig wird. Einige Fondsgesellschaften kennzeichnen diese separat, bei der DWS beispielsweise entfällt der Aufschlag bei allen Fonds Typ O. Auch andere große Anbieter wie die Deka bieten vereinzelt Fonds ohne Ausgabeaufschlag an. Außerdem gibt es unabhängige Fondsvermittler, bei denen Fonds ohne Ausgabeaufschlag zu haben sind. Sie bekommen ihre Provision nicht vom Kunden, sondern direkt von den Fondsgesellschaften.
Riester für Hartz IV
Mittlerweile können VL auch in Riester-Verträge eingezahlt werden. In einigen Branchen, wie der Metall- und Elektroindustrie, sind sogar ausschließlich diese Altersvorsorge-Vermögenswirksame Leistungen (AVWL) zulässig. Diese Variante ist insbesondere dann interessant, wenn bereits ein Riester-Vertrag besteht. Die VL des Arbeitgebers fließen dort einfach mit hinein, es ist kein weiterer Vertrag oder ein zusätzliches Depot nötig.
Nicht nur für Groß-Sparer
Auch Riester ist nicht nur was für Groß-Sparer. Seit einigen Monaten gibt es sogar einen Tarif mit gesonderten Konditionen für Hartz IV-Empfänger. Der soll es auch Geringverdienern ermöglichen, Geld fürs Alter anzulegen und von den staatlichen Fördermöglichkeiten zu profitieren. Wer ein Jahresnettoeinkommen von unter 11.000 Euro hat oder Arbeitslosengeld II bezieht, der bekommt den DWS TopRente zu Sonderkonditionen ohne Verwaltungs- und Vertriebskosten. Schon für einen geringen Eigenanteil fließt so die staatliche Grundförderung in Höhe von 154 Euro pro Jahr auf das Riester-Konto.
Kritiker stören sich allerdings daran, dass das Nettoeinkommen als Kriterium herangezogen wird. So könnten sich auch Besserverdiener versuchen arm zu rechnen, um an die günstigen Konditionen zu kommen. Außerdem werden die Leistungen aus der privaten Altersvorsorge mit der staatlichen Grundsicherung verrechnet. Verringern sich also die staatlichen Ansprüche des Anlegers durch die private Vorsorge, war diese im Zweifel umsonst. Gerade ältere Geringverdiener oder Hartz IV-Empfänger sollten daher genau rechnen, bevor sie einen entsprechenden Riester-Vertrag abschließen.
Um einige Produkte sollten gerade Geringverdiener allerdings lieber einen Bogen machen. Grundsätzlich gilt: Je mehr Gebühren die Bank oder die Versicherung für das Verwalten und Anlegern der Spargroschen kassiert, desto eher muss der Anleger hinterfragen, ob das Sparen auf diese Weise wirklich rentabel ist. Denn aufgrund der hohen Provisionen, die der Anleger bei Abschluss bezahlt, zahlen Verbraucher zum Beispiel bei kapitalbildende Lebensversicherungen in den ersten zehn Jahren die kompletten Kosten. Erst danach wird der Vertrag lukrativ. „So lange halten viele gar nicht durch“, weiß Verbraucherschützerin Oelmann.
Das gelte insbesondere, wenn der Haushaltsplan eng gestrickt ist. Und der Rückkaufwert, den Anleger erhalten, wenn sie ihre Lebensversicherung vorzeitig kündigen, ist in der Regel sehr niedrig. Verluste sind also programmiert, Sparen lohnt sich dann nicht mehr.