Anlageverhalten der Geschlechter Warum Frauen mit weniger Rendite zufrieden sind

In den meisten Ländern kennen Frauen sich schlechter in Gelddingen aus als Männer. Doch investieren sie vielleicht gerade deshalb besser? Eine Studie gibt Antwort.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Frauen gehen in der Geldanlage weniger Risiken ein und verzichten so auf Rendite. Quelle: Marcel Stahn

Da hätte sich Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) fast um Kopf und Kragen geredet. Vereinfacht dargestellt lautete seine These so: In Afrika bringen Männer weniger Geld nach Hause als ihre Frauen, weil sie die Moneten – angeblich – größtenteils für Suff und Sex ausgeben. Darüber soll es laut Müller sogar wissenschaftliche Erkenntnisse geben. Doch Daten hin oder her, der Aufschrei war zu Recht groß, schließlich handelte sich bei dem Statement um eine Vorurteile fördernde Verallgemeinerung, für die der Minister sich anschließend auf politischen Druck immerhin entschuldigte.

Ihm sei es nicht um eine Beleidung der Afrikaner gegangen, erklärte er später, stattdessen hätte er darauf hinweisen wollen, dass Frauen vielfach verantwortungsvoller mit Geld umgingen als Männer. Der verantwortungsvollere Umgang mit knappem Kapital durch Frauen ist tatsächlich durch Studien belegt. So legen Mütter, sofern sie über die Verwendung der Haushaltseinkünfte entscheiden können, mehr für die Bildung der Kinder zurück. Das macht weibliche Haushaltsvorstände zum Beispiel zu begehrteren Adressaten von Entwicklungshilfe als die oft unzuverlässigeren Familienväter.

Verantwortungsvoll mit weniger Fachwissen

Doch ganz im Gegensatz dazu kennen Frauen sich häufig schlechter in finanziellen Dingen aus als Männer. Das zeigt eine Untersuchung durch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Grundlage dieser Erkenntnisse ist eine von der Ratingagentur Standard & Poor’s gesponsorte globale Umfragedatenbank. Darin ist gespeichert, wie Testpersonen in den verschiedenen Ländern auf Fragen zu Zinsen, Börse und Risikodiversifikation zu antworten in der Lage sind.

Zehn Geldanlage-Tipps
Geld und ein Display
Ein Kugelschreiber und ein Diagramm
Eine Hand und Münzen
Sparbuch und Geldscheine
Ein Stift und ein Diagramm
Ein Kugelschreiber, Geld, ein Taschenrechner und ein Blatt Papier
Eine Lupe vergrößert das Wort Kontoauszug Quelle: dpa

Einen Überblick über das Finanzwissen verschafften sich die Forscher auf der Grundlage relativ simpel gestrickter Fragebögen. Die Befragten mussten beantworten, wie sich eine Spareinlage bei vorgegebener Verzinsung entwickelt und wie viel nach Abzug der Inflation davon real übrig bleibt. Dann wurde allgemein abgefragt, was sicherer sei: Der Kauf einer einzelnen Aktie oder die Anlage in einen Fonds mit vielen unterschiedlichen Werten.

Das Ergebnis der Auswertung der Datenbank durch das DIW: „In 134 von 145 Ländern wissen Frauen im Durchschnitt weniger als Männer über Finanzen“, sagt Studienautorin Antonia Grohmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der DIW-Abteilung Weltwirtschaft.

Geldpolitik der EZB: Belastungen durch Niedrigzinsen

Nur Thailänderinnen und Russinnen sind kompetenter

Das gilt auch für Deutschland. Hier schneiden Frauen schlechter ab, je schwieriger die Fragen zum Finanzwissen werden. Im Vergleich dazu offenbaren sich in den USA die Wissensunterschiede auch schon bei einfachen Fragen deutlich. Ausnahmen sind Thailand und Russland. In der thailändischen Hauptstadt Bangkok etwa übernehmen Frauen mehr finanzielle Verantwortung für den Haushalt.

Geldpolitik der EZB: Entlastungen durch Niedrigzinsen

Die Frage ist, welche Folgen das oft geringere Finanzwissen bei Frauen für die Geldanlage hat. Das liegt nicht unbedingt auf der Hand, denn oberflächliches Wissen könnte zu einem unbekümmerten Umgang mit den Märkten verleiten, wodurch gerade Männer riskanter anlegen und größere Verluste erleiden würden.

Das wäre dann ähnlich wie beim Autofahren: Wahrscheinlich kennen sich die meisten Männer besser mit Höchstgeschwindigkeit und technischen Finessen ihrer Autos aus. Und wahrscheinlich fahren viele von ihnen gerade deshalb schneller und riskanter. Frauen dagegen legen eher weniger Wert auf technische Details, verhalten sich aber vielleicht gerade deswegen vorsichtiger am Steuer, bauen weniger Unfälle und sind daher schlicht die besseren Fahrer. Eine schöne Theorie. Doch fragt man die Ökonomin, lässt sich diese Analogie aus dem Straßenverkehr kaum auf Finanzangelegenheiten übertragen.

So klappt die Geldanlage für Sparer ab 50
Keine langen LaufzeitenGeht es ums Sparen im Alter, müssen sich Anleger zunächst die Frage stellen, wie sie ihr Geld besser nicht anlegen sollten. Denn vor allem Sparprodukte, die sehr langfristig angelegt sind, sind für Ältere nicht geeignet. Zu hoch ist das Risiko, dass das Ende der Laufzeit nicht mehr erlebt wird. Die Riester-Rente hat beispielsweise eine Mindestlaufzeit von zwölf Jahren. Auch Schiffsfonds, die viele Rentner zeichneten, hatten oft eine lange Laufzeit. Anleger hätten teilweise über 100 Jahre alt werden müssen, um kündigen zu dürfen. Für Ältere sind flexiblere Anlagezeiträume wichtig, um im Notfall auf zusätzliche Liquidität zugreifen zu können. Quelle: dpa
SparstrumpfBei vielen Hausentrümpelungen findet er sich noch an: der gute alte Sparstrumpf. Zwar liegt die Idee eines Notgroschens unter dem Kopfkissen nah. Allerdings gibt es mittlerweile kaum noch Argumente für viel zu Hause gelagertes Bargeld. Denn die jüngste Geschichte und ihre Bankenrettungen durch den Staat haben bewiesen, dass eine Bank in Deutschland nicht so einfach Pleite geht. Plötzliche Bargeld-Knappheiten sind daher unwahrscheinlich. Langfristig verliert das Bargeld im Strumpf aufgrund der Inflation seinen Wert. Die entgangenen Zinsen fallen trotz der aktuellen Niedrigzinsphase zusätzlich ins Gewicht. Quelle: dpa
Geschlossene FondsGerade Senioren wurden in den letzten Jahren immer wieder von ihren Bankberatern in undurchsichtige, riskante geschlossene Fonds gelockt. Auch die Zertifikate der 2008 in die Insolvenz gerutschten US-Bank Lehman Brothers vertickten die Berater gerne an ältere Anleger, die ihrem langjährigen Ansprechpartner vertrauten. Gleiches gilt für Schiffsfonds, auch hier waren viele Senioren investiert. Von derart riskanten Papieren sollten Sie in jedem Fall die Finger lassen. Sie sind nicht nur zu intransparent, auch die Laufzeiten sind in der Regel für Senioren viel zu lange. Nur wer seine Geldanlage versteht, kann weiterhin ruhig schlafen. Quelle: dpa
Kredite abzahlenOberste Priorität für reifere Geldanleger sollte das Tilgen der Altkredite haben, wie beispielsweise Hypotheken auf Wohneigentum. Denn nur wer schuldenfrei ist, kann sich über den Aufbau des weiteren Vermögens kümmern. Quelle: AP
Rentenversicherung/SofortrenteWer als älterer Mensch viel angespart hat, kann auch eine Rentenversicherung abschließen, die sogenannte Sofortrente. Der Versicherte zahlt eine größere Menge Geld ein, aus diesem Topf wird dann ab sofort eine regelmäßige Rente gezahlt. Immerhin garantiert die Rentenversicherung eine lebenslange Zahlung, während etwa ein Banksparplan irgendwann ausläuft. Allerdings ist diese Form der Rentenvorsorge eine Wette auf ein langes Leben. Stirbt der Versicherte kurz nachdem er eingezahlt hat, ist das Geld futsch - die Reste eines Banksparplans könnten an die Nachkommen vererbt werden. Quelle: dpa
AktienAuch Aktien sind für Ältere eine gute Geldanlage, viele Senioren halten Papiere. Das wird spätestens auf den jährlichen Hauptversammlungen der Konzerne klar, die Senioren gerne als Ausflug mit Erbsensuppe und Bockwurst nutzen. Der Zeithorizont sollte beachtet werden, da möglicherweise nicht endlos Zeit bleibt, um ein Kurstief auszusitzen. Vergleichsweise sicher fahren ältere Anleger mit der Dividendenstrategie, bei der gezielt Titel mit einer hohen Dividendenrendite ausgewählt werden, wie Aktien des Schweizer Lebensmittelherstellers Nestlé oder des Rückversicherers Munich Re. Auf diese Weise bringen die jährlichen Ausschüttungen regelmäßige Renditen ins Depot. Und die Bockwurst gibt es als Bonus oben drauf. Quelle: dpa
Tages- und FestgeldTages- oder Festgeldkonten sind ein Klassiker unter den Geldanlagen von Senioren. Das Ersparte ist vergleichsweise sicher angelegt und - im Fall von Tagesgeld - auch täglich verfügbar. Allerdings drohen angesichts der niedrigen Zinsen und etwas Inflation real bei vielen Konten sogar Verluste. Denn die meisten Banken und Sparkassen geizen gerade bei den Zinsen. Wer eine erträgliche Rendite einfahren will, muss sich mit Hilfe der verfügbaren Tagesgeldrechner über die aktuell besten Angebote informieren und möglicherweise den Kontoanbieter wechseln. Oft sind es Direktbanken, die beim Tagesgeld die besten Zinsen bieten. Wer sein Geld bei einer ausländischen Bank parkt, sollte sich informieren, wie die Einlagensicherung geregelt ist. Diese greift im Fall einer Pleite der Bank in der Regel für Einlagen bis 100.000 Euro. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms

Finanz-Know-how der Frauen führt zu Bescheidenheit

Stattdessen sieht es so aus, dass Frauen wegen ihres geringeren Finanzwissens schlechter bei der Geldanlage abschneiden. Ein Grund dafür könnte ihre Bescheidenheit sein: „Das geringere Wissen über Finanzdinge bei vielen Frauen führt auch zu einem weniger anspruchsvollem Geldanlageverhalten“, sagt Wissenschaftlerin Grohmann. So besitzen Frauen seltener Aktien, Fonds oder andere riskantere Finanzprodukte. Das schütze sie zwar vor dem einen oder anderen Verlust. Auf lange Sicht verzichten Frauen wegen ihres bescheideneren und risikoscheueren Anlageverhaltens aber auf Rendite.

In Deutschland zum Beispiel ist das schon zu beobachten. So warnte der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) anlässlich des diesjährigen Weltspartags, dass vor allem Frauen der höheren Altersgruppen auf sichere Sparguthaben setzten und daher angesichts der Niedrigzinsen besonders von Altersarmut bedroht seien.

Laut DIW haben bereits viele internationale Studien gezeigt, dass mehr Finanzbildung zu besserem Anlageverhalten führt. Wer mehr über Finanzen Bescheid weiß, legt mehr fürs Alter zurück, nutzt anspruchsvollere Finanzprodukte und ist dadurch wohlhabender.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%