Wenn Warren Buffett spricht, hören Anleger genau hin: „Es ist viel besser, ein wundervolles Unternehmen zu einem fairen Preis zu kaufen als ein durchschnittliches Unternehmen zu einem wunderbaren Preis“, lehrt der Chef der Beteiligungsholding Berkshire Hathaway.
Auf den Altmeister berufen sich die Analysten der Großbank Credit Suisse. Sie setzen, wenn sie Aktien beurteilen, stark auf den Cash Flow Return on Investment (CFROI). Diese Renditekennzahl misst inflationsbereinigt die Fähigkeit von Unternehmen, Cash-Flow zu erzeugen. Der Cash-Flow bildet die gesamten Bareinnahmen eines Unternehmens ab, nach Abzug aller Kosten und Investitionen.
Vereinfacht zeigt der Cash Flow Return on Investment, wie viel Geld, gemessen am investierten Kapital, in einem Jahr erwirtschaftet wurde. Gesellschaften mit einem hohen CFROI über viele Jahre sind oft Qualitätsunternehmen. Laut Credit Suisse weisen Unternehmen aus wenig konjunkturabhängigen Branchen wie Pharma oder Nahrungsmittel oft eine nachhaltigere Profitabilität auf als die Zykliker aus dem Maschinenbau, der Chemie oder der Autobranche.
Für Industrieunternehmen und Dienstleister ergibt sich bei der langfristigen Messung im weltweiten Vergleich ein CFROI von im Schnitt rund sechs Prozent pro Jahr. Das heißt, gemessen an dem um Inflationseffekte bereinigten eingesetzten Kapital, wird jährlich ein Geldzufluss von sechs Prozent generiert. Wer mehr schafft, ist laut Credit Suisse ein Werterzeuger, wer darunter liegt, ein Wertvernichter – er holt nach Inflation nicht mehr herein, als er anderswo für sein Kapital an Zinsen bekommen würde.
Ein Unternehmen, das mehr als die eigenen Kapitalkosten erwirtschaftet, schafft Mehrwert für Aktionäre. Theoretisch sollte die Aktie dann über dem Buchwert (dem Wert aller Anlagen, Immobilien und Patente, der Aktionären nach Abzug aller Schulden zustünde) gehandelt werden. Für Unternehmen, die Kapital vernichten, sollten Anleger dagegen weniger als den Buchwert bezahlen.
Die Credit-Suisse-Analysten Bryant Matthews und David Holland haben beobachtet, dass zwischen Wertschaffern und -vernichtern wenig Bewegung herrscht: Gute Unternehmen bleiben gut, schlechte bleiben schlecht. Wechseln bei anderen Unternehmen zuvor erfolgreiche Manager zu einem Wertvernichter, gelingt ihnen eine Wende eher selten. Laut Holland kommt hier wieder Buffett ins Spiel, der einmal sagte: „Fängt ein Managementteam mit erstklassigem Ruf bei einem Unternehmen mit schlechtem Ruf an, bleibt meist nur der Ruf der Gesellschaft intakt.“
Unternehmen mit nachhaltigem Wettbewerbsvorteil
Gut geführte Unternehmen nutzen den Cash Flow Return on Investment als Steuerungsinstrument. Beim Schweizer Pharmakonzern Novartis etwa hat Finanzvorstand Harry Kirsch allen Konzerndivisionen vorgegeben, den CFROI in den nächsten fünf Jahren zu steigern. Auch Fondsmanager orientieren sich an der Größe. „Viele sind Value-Investoren, die ähnlich wie Buffett sehr auf eine hohe Qualität der Unternehmen achten“, sagt Holland. „Der CFROI hilft uns, Gesellschaften mit unterschiedlichen Verschuldungsgraden über Branchen und Länder hinweg zu vergleichen“, sagt Louis Florentin Lee, Portfoliomanager bei Lazard Asset Management.
Für Anleger zahlt sich das aus: Laut Berechnungen der Credit Suisse haben Unternehmen mit einem niedrigen CFROI Anlegern über einen Zeitraum von 20 Jahren ein durchschnittliches Kursplus von 4,5 Prozent gebracht. Solche mit einem hohen CFROI kamen dagegen auf einen Wertzuwachs von 10,9 Prozent pro Jahr – brachten also 6,4 Prozentpunkte mehr, bei geringeren Kursschwankungen. „Die Strategie, gute Unternehmen zu einem fairen Preis zu kaufen, ist empirisch fundiert“, so Credit-Suisse-Analyst Holland.
Er rät dazu, auf Unternehmen zu setzen, die einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil haben und vergleichsweise günstig sind. Einen entscheidenden Rendite-Kick gibt dann noch der sogenannte Momentum-Ansatz. Hier werden Aktien mit relativer Stärke favorisiert – letztlich Papiere, die besser gelaufen sind als der Gesamtmarkt. Die allerbesten Ergebnisse bringt eine Strategie, die günstige Qualitätsunternehmen mit Kursstärke kombiniert.
Bestückt mit diesem Wissen, jagt ein Team der Credit Suisse regelmäßig gut 20.000 Unternehmen aus mehr als 60 Ländern durch seine Rechner. Aktuell weist dieses System unter den Qualitätsaktien mit attraktiver Bewertung und relativer Stärke als Unternehmen mit dem höchsten CFROI die britische Vermögensverwaltungsgesellschaft Aberdeen Asset Management aus. Deren CFROI beträgt 65,8 Prozent – zehnmal so viel, wie der weltweite Durchschnitt.
Auf Platz zwei liegt mit 62,4 Prozent FleetCor Technologies. Das US-Unternehmen bietet Karten an, mit denen Mitarbeiter von Unternehmen etwa Benzin oder Hotels bezahlen. Rang drei belegt der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock.
Populär unter Fondsmanagern ist laut Holland eine Systemabfrage, die nach den 40 Prozent der qualitativ besten Unternehmen sucht, nach den 40 Prozent mit der attraktivsten Bewertung und den 40 Prozent mit dem höchsten Momentum. Zu den Klassenbesten dieser Liste in Europa zählen Autozulieferer Continental sowie Allianz und Münchener Rück (siehe Chartgalerie). An dem Rückversicherer ist – Überraschung! – Buffett mit 11,2 Prozent beteiligt.
Derartige Qualitätswerte zu kaufen lohnt sich für Anleger meist mehr, als bei schlecht geführten Unternehmen auf einen Turn-around zu setzen. Buffett hat das schon früh erkannt: „Ich versuche Aktien von Unternehmen zu kaufen, die so wunderbar sind, dass sogar ein Idiot sie führen kann. Denn früher oder später wird genau so jemand das tun.“