Lange hat es so ausgesehen, als stünde der Ära Macron ein jähes Ende bevor. Zu bedrohlich schien die innenpolitische Situation mit den fortwährenden Protesten der sogenannten „Gelbwesten-Bewegung“. Doch es ist anders gekommen. Der französische Präsident hat die Situation mit vermutlich gut dosierten Zugeständnissen wieder in den Griff bekommen. Und außenpolitisch macht der hierzulande manchmal unterschätzte Staatsmann, der die europäische Idee sogar eleganter verkörpert als Angela Merkel, selbst gegenüber einem unberechenbaren Donald Trump ein gute Figur.
Auch die wirtschaftliche Lage Frankreichs stellt sich vor allem im Vergleich mit Deutschland deutlich besser dar. Nach jüngsten Angaben des Auswärtigen Amtes lag das Wirtschaftswachstum im Jahr 2018 bei 1,6 Prozent und wird laut aktuellen Prognosen im Jahr 2019 bei 1,3 Prozent liegen, was gegenüber den Vorhersagen für Deutschland (0,4 Prozent, DIW-Prognose) einen deutlichen Vorsprung bedeutet.
Dabei sind die Staatsfinanzen weniger solide als hierzulande. Zwar konnte das Haushaltsdefizit in den beiden zurückliegenden Jahren reduziert werden. Frankreich hat so erstmals nach zehn Jahren im Jahr 2017 mit einem Staatsdefizit in Höhe von 2,8 Prozent des Bruttosozialprodukts (BIP) das Maastricht-Defizitkriterium von maximal drei Prozent einhalten. 2018 sank es sogar auf 2,5 Prozent. Allerdings zeichnet sich für 2019 erneut ein Anstieg des Defizits auf 3,1 Prozent ab. Gleichzeitig liegt die öffentliche Verschuldung bei knapp 99 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und damit deutlich über dem europäischen Durchschnitt und der Maastricht-Grenze von 60 Prozent.
Französischer Leitindex performt besser als der deutsche
Dennoch läuft es für Frankreichs Wirtschaft. Der französische Leitindex CAC 40 zeigt eine günstigere Entwicklung als sein deutsches Pendant, der Dax. In den vergangenen zwölf Monaten hat das gallische Kursbarometer um 3,1 Prozent zugelegt, der Dax hingegen nur um 0,7 Prozent. Selbst über den Zeitraum von drei Jahren kletterte der CAC 40 mit 27,6 Prozent deutlicher nach oben als der Dax mit einem Plus von 18,2 Prozent.
Frankreichs stärkste Exportbranchen sind Kfz-Zuliefer- und die pharmazeutische Industrie, die Hochtechnologie der Luft- und Raumfahrt sowie die Branche der Luxusgüter (insbesondere Textilien, Accessoires und Kosmetik) und Agrarprodukte (insbesondere Molkereiprodukte und Delikatessen). Die Arbeitslosenquote betrug im ersten Quartal 2019 8,7 Prozent und liegt damit auf dem niedrigsten Niveau seit 2009.
Der plötzliche Erfolg Frankreichs kommt nicht von ungefähr. In den Bereichen Rüstung, hochwertige Nahrungsmittel, Luxus, Chemie und Luftfahrt gehört das Land zur europäischen Spitze. Auch die Renaissance der französischen Automobilindustrie, die wie zuvor bereits in Deutschland durch die Verlagerung der Produktion in Niedriglohnländer die Kosten deutlich gesenkt hat, hat Peugeot und Renault wieder konkurrenzfähig gemacht. Zudem besitzt das produzierende Gewerbe wegen eines um rund 25 Prozent niedrigeren Strompreises (kein Verzicht auf die Kernkraft) gegenüber deutschen Firmen Wettbewerbsvorteile.
Woher kommt die Kursfantasie für den französischen Aktienmarkt?
Die Regierung Macron will trotz der Proteste der Gelbwesten an ihrem Umstrukturierungsprogramm festhalten: Die Verringerung der vergleichsweise hohen Leistungen für Arbeitslose und die Kürzung der Renten. Wobei sich erst noch zeigen muss, in welchem Maße die Einschränkungen in der Realität Einzug halten werden. Besonders bei der Rente verstehen die Franzosen in der Regel keinen Spaß, Macron muss mit heftigem Widerstand rechnen.
Dennoch: Der Leitindex unserer gallischen Nachbarn enthält weniger zyklische Werte und eine kleinere Anzahl an exportorientierten Gesellschaften, wobei auch französische Nebenwerte gute Einstiegschancen bieten. Daher wurde und wird die französische Börse weniger von der Hauruck-Handelspolitik eines Donald Trump in Mitleidenschaft gezogen als die deutsche.
Anleger, die auf Frankreichs Aufholjagd setzen wollen, finden eine ganz Reihe interessanter Fonds mit Schwerpunkt auf französische Aktien. Besonders die auch für deutsche Anleger verfügbare ETFs mit Schwerpunkt Frankreich zeigen eine erfreuliche Performance. Hier einige Beispiele:
Weil ein weiterer Sieg Donald Trumps bei der in 2020 anstehenden US-Präsidentschaftswahl die deutsche Wirtschaft nachhaltiger treffen würde als die unserer westlichen Nachbarn, spricht einiges mehr für den CAC 40 als für den Dax. Und nicht zuletzt sprechen Macrons geplante Kürzungen des Sozialstaats für ein Investment in Finanzprodukte mit Fokus auf die Grande Nation, da sie dem Land neue Spielräume für Investitionen verschaffen.
Da kann man dem Nachbarland und geneigten Anleger nur „Bonne chance!“ wünschen.