Anlegeranwalt Klaus Seimetz „Gold macht es Betrügern einfacher“

Goldbarren: Der Goldhändler PIM Gold soll Anleger um drei Tonnen Gold geprellt haben. Am Dienstag beginnt der Prozess gegen die Verantwortlichen. Quelle: imago images

Anleger des hessischen Goldhändlers PIM Gold wurden offenbar um drei Tonnen Gold geprellt. Am Dienstag startet der Prozess. Anlegeranwalt Klaus Seimetz erklärt, was der Prozess für Anleger bedeutet.

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WirtschaftsWoche: Herr Seimetz, am Dienstag startet der Prozess gegen zwei Goldhändler des Anbieters PIM Gold wegen schweren Betrugs. Die beiden Angeklagten sollen Anleger um mindestens 180 Millionen Euro geprellt haben. Steigen durch den Prozess die Chancen der Anleger, an das investierte Geld zu gelangen?
Klaus Seimetz: In Sachen Schadenersatz für die Anleger spielt der Strafprozess zunächst einmal nur eine untergeordnete Rolle. In dem Prozess ab Dienstag wird nur die strafrechtliche Seite des Falls aufgearbeitet werden. Es geht also um die Fragen, wieweit sich die Verdächtigen wegen Betrugs schuldig gemacht haben, welche Rolle die Mitarbeiter spielten und wer die Initiatoren des Betrugs waren.

Werden Sie sich als Zivilkläger an dem Prozess beteiligen?
Es gibt im Rahmen des Strafprozesses zwar die Möglichkeit, zivilrechtliche Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Das funktioniert im Rahmen des sogenannten Adhäsionsverfahrens. Allerdings werden diese Adhäsionsverfahren von Strafgerichten in der Regel nur dann zugelassen, wenn die Anzahl der Anleger überschaubar bleibt. In einem ähnlichen Fall vor eineinhalb Jahren hat ein Strafgericht diese Anzahl mit etwa 50 Anlegern festgelegt. Bei PIM Gold sind mittlerweile aber mehr als 7000 Forderungen von Anlegern angemeldet. Insofern rechne ich nicht damit, dass man sich dem Strafverfahren als Zivilkläger anschließen kann. Schadenersatzansprüche wird man separat vor einem Zivilgericht einbringen müssen. 

Steigen die Chancen der Anleger, an ihr Geld zu gelangen, wenn die Verdächtigen verurteilt werden?
Die Zivilprozesse würden sich vorwiegend gegen die Initiatoren des Schneeballsystems von PIM Gold und die Mitwirkenden richten. Insofern hilft der Strafprozess, hier Klarheit über die Verantwortung der einzelnen Mitarbeiter zu bekommen. Im Fall einer Verurteilung würden die Schuldigen dann auch schadenersatzpflichtig werden. Ob bei diesen Personen allerdings genügend Geld vorhanden ist, damit Anleger eine entsprechende Schadenskompensation erhalten, wage ich zu bezweifeln.

Klaus Seimetz ist Rechtsanwalt in einer Kanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht.

Wie viel des investierten Geldes werden die getäuschten Anleger voraussichtlich wiederbekommen?
Von den Initiatoren des Betrugs wahrscheinlich nicht allzu viel. Was sonst an Geldern zurückfließen wird, hängt maßgeblich davon ab, was der Insolvenzverwalter noch zusammentragen kann. Zuletzt wurde eine Quote von rund 30 Prozent kolportiert, die an die Anleger zurückfließen könnte. Wir haben für alle unsere Mandanten die Forderungsanmeldung vorgenommen und warten jetzt auf die weiteren Verlautbarungen des Insolvenzverwalters. Eventuell gibt es auch noch weitere Anspruchsgegner, etwa das Unternehmen, das das Gold verwahrt hat. Das prüfen wir gerade.

Wie viel Geld haben die von Ihnen vertretenen Anleger im Schnitt in die Goldankaufprogramme von PIM Gold investiert?
Wir vertreten in diesem Fall rund 40 geschädigte Anleger. Deren Investitionen reichen von 10.000 Euro bis zu 200.000 Euro. Die Anleger sind allerdings unterschiedlich betroffen. So gab es bei PIM Gold die Möglichkeit, dass sich Anleger Teile des angesparten Goldes direkt zusenden lassen konnten. Diejenigen, die davon Gebrauch gemacht haben und sich nicht auf die Lagerung durch PIM Gold verlassen haben, sind jetzt natürlich im Vorteil.

Offenbar sollen bei PIM Gold bis zu drei Tonnen Gold fehlen. Weiß man denn, wo dieses Gold ist beziehungsweise ob es überhaupt jemals existiert hat?
Das ist noch weitgehend unklar. Es gibt Hinweise, dass Teile des Goldes offenbar ins Ausland geschafft wurden. Speziell in die Türkei soll Gold von PIM Gold geflossen sein. Ob Anleger dieses Gold aus dem Ausland zurückbekommen, muss nun der Insolvenzverwalter prüfen. Ebenso ist zu prüfen, ob das Gold in dem Umfang, der Anlegern versprochen wurde, überhaupt angekauft wurde. Offenbar handelte es sich bei PIM Gold um ein Schneeballsystem. Der Strafprozess könnte hier für Klarheit sorgen.

Immer wieder kommt es in Deutschland zu solchen Schneeballsystemen, man denke etwa an den Containerbetrug bei P&R. Warum sind solche Betrugsformen in dieser Regelmäßigkeit möglich? Werden diese Anlageformen denn gar nicht beaufsichtigt?
Goldkäufe und Direktinvestments unterliegen seit 2015 der Aufsichtspflicht der BaFin [Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Anm.]. Allerdings besteht die Aufsicht der BaFin ausschließlich darin, den Inhalt von Prospekten zu prüfen und festzustellen, ob darin hinreichend auf Risiken hingewiesen wird und ob das Geschäftsmodell prinzipiell plausibel ist. Ob das versprochene Gold dann tatsächlich angekauft wird, zählt nicht zu den Prüfaufsichten der BaFin.

Ist die Wertanlage Gold besonders anfällig für Betrug, weil Anleger sich durch das Edelmetall blenden lassen?
Prinzipiell kann Betrug mit allen Anlageformen erfolgen. Die Besonderheit bei Gold ist, dass es allgemein als Krisenwährung anerkannt ist und eine gewisse Wertstabilität besitzt. Gerade in Krisenzeiten decken sich daher viele Menschen verstärkt mit Gold ein. Diese Nachfrage lockt dann natürlich auch Betrüger an. Aber theoretisch kann ein Betrug genauso gut mit Silber, Kupfer oder eben Containern stattfinden. Dass Gold und dessen Vorteile so tief in den Köpfen der Menschen verankert sind, macht es Betrügern aber sicher etwas einfacher als bei anderen Edelmetallen.

Worauf muss man beim Goldkauf achten?
Wer sicher in Gold investieren will, sollte das selbst tun und es nicht Dritten überlassen. Anleger sollten also am besten selbst bei einer Bank oder einem zertifizierten Edelmetallhändler das Gold kaufen und es dann auch selbst oder in einem Bankschließfach einlagern. Wer sich auf Firmen verlässt, die Gold für Anleger ankaufen oder einlagern, geht immer ein gewisses Risiko ein. Dieses Risiko sinkt, wenn diese Goldankäufer mit Banken kooperieren. Das Risiko ist am höchsten bei Firmen, die das Gold ohne externe Kontrolle ankaufen und einlagern.

Mehr zum Thema: Gold ist bei Anlegern beliebt wie lange nicht. Doch auch dubiose Anbieter werben um Käufer. Besonders Sparpläne, für die Gold in kleiner Stückelung verkauft wird, entpuppen sich oft als Fallen.

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