Anlegerschutz Wie die Regierung den grauen Kapitalmarkt austrocknen will

Seite 2/2

Verkaufsbroschüre ohne Wertpapierprospekt

Wer sucht, wird schnell fündig – etwa bei Nachrangdarlehen, über die Anleger in verschiedene Bereiche wie Start-ups, Immobilienprojekte und sogar Fußballspieler investieren können. So verspricht das „Hanseatische Fußball Kontor“ bis zu 9,74 Prozent Zinsen mit „Spieler-Transferrechten“, die „aufgrund der hohen Wechselhäufigkeit insbesondere junger Spieler extrem hohe Renditechancen bei sehr kurzer Laufzeit“ böten. Klingt gut. Der Beleg steht noch aus: Der Verkauf der Papiere mit einem bis fünf Jahren Laufzeit begann im August; Ausschüttungen soll es erst am Laufzeitende geben. Im Internet finden Interessenten eine „Verkaufsbroschüre“, aber keinen Wertpapierprospekt. Der ist bei Nachrangdarlehen nicht vorgeschrieben.

Die neue Macht der BaFin

Das soll sich bald ändern – mit dem „Kleinanlegerschutzgesetz“, das im November vom Bundeskabinett verabschiedet wurde und in einigen Monaten in Kraft treten soll. Wann genau, steht noch nicht fest.

Welchen Staaten der niedrige Ölpreis besonders schadet
Erdölförderung Quelle: dpa
Ölförderung in Saudi-Arabien Quelle: REUTERS
Ölförderung in Russland Quelle: REUTERS
Oman Ölpreis Quelle: Richard Bartz - eigenes Werk. Lizenziert unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 über Wikimedia Commons
Öl-Leitung im Niger-Delta Quelle: dpa
Ölförderpumpe in Bahrain Quelle: AP
Venezuela Ölförderung Quelle: REUTERS

Laut Entwurf soll die Prospektpflicht ausgeweitet werden. Anbieter sollen zudem künftig auch mehr Infos über sich, ihren Markt und ihr Geschäftsmodell liefern. Und die BaFin soll nicht nur prüfen, ob die Angaben vollständig und widerspruchsfrei sind, sondern auch, ob das Geschäftsmodell langfristig tragfähig scheint.

Bei Ungereimtheiten können die Aufseher Sonderprüfungen anordnen oder Produkte verbieten. Zudem ist Werbung für Finanzprodukte „im öffentlichen Raum“ – etwa in Bus und Bahn – laut Entwurf künftig verboten. Anzeigen in Printmedien sind nur mit Hinweis auf Verlustrisiken erlaubt.

Welchen Staaten der niedrige Ölpreis besonders schadet
Erdölförderung Quelle: dpa
Ölförderung in Saudi-Arabien Quelle: REUTERS
Ölförderung in Russland Quelle: REUTERS
Oman Ölpreis Quelle: Richard Bartz - eigenes Werk. Lizenziert unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 über Wikimedia Commons
Öl-Leitung im Niger-Delta Quelle: dpa
Ölförderpumpe in Bahrain Quelle: AP
Venezuela Ölförderung Quelle: REUTERS

Experten sehen einen Schritt in die richtige Richtung – mehr aber auch nicht. „Endlich wird explizit festgeschrieben, dass die BaFin den Verbraucherinteressen verpflichtet ist“, lobt Julius Reiter von der Kanzlei Baum Reiter & Collegen. Damit könne sie sich nicht mehr – wie bei einigen Skandalen der vergangenen Jahre – darauf berufen, nicht zuständig zu sein. Ob aber Wille und Ressourcen vorhanden sind, tatsächlich genau hinzusehen und streng zu sanktionieren? „Nach den Erfahrungen der letzten Jahre bin ich da nicht übermäßig optimistisch“, sagt Reiter.

Auch BMS-Anwalt Brinkmöller ist skeptisch, gerade was die Prospektprüfung angeht. Für clevere Anbieter sei es „keine große Herausforderung“, die Prospekte so zu verfassen, dass die BaFin sie durchwinkt. Seine Vermutung: Die Regierung hat auf detailliertere Vorgaben verzichtet, damit Anleger die BaFin im Schadensfall nicht in Haftung nehmen können.

Lücken bei Direktinvestments

Außerdem bleibt einiges unreguliert. Zum Beispiel beim „Crowdinvesting“, bei dem Anleger via Internet in junge Unternehmen investieren – oft über partiarische und nachrangige Darlehen. Um Firmengründern den Zugang zur „Crowd“ nicht zu verbauen, müssen sie keinen Prospekt veröffentlichen, wenn sie maximal eine Million Euro – und 10 000 Euro pro Person – einsammeln. Ab 1000 Euro Investition müssen Anleger aber in einer „Selbstauskunft“ erklären, dass sie über 100 000 Euro Vermögen verfügen oder maximal ihr doppeltes Monats-Nettoeinkommen investieren.

Komplett ausgenommen bleiben „Direktinvestments“, bei denen Anleger ohne Umweg über Finanzprodukte Gegenstände kaufen. Für diese Direktinvestments sei die BaFin gemäß Gesetzentwurf auch in Zukunft nicht zuständig, erklärt Anwalt Brinkmöller. Anleger müssen hier also eine gehörige Portion Vertrauen mitbringen.

Ein großes Rad bei Direktinvestments drehen derzeit Firmen wie P&R, Magellan oder Solvium, über die Anleger Container kaufen und vermieten. Mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr fließt schon jetzt in dieses Segment – Tendenz steigend.

Angesichts der Regulierung dürften mehr Anbieter auf Direktinvestments umsteigen. Anleger würden sich dann zum Beispiel nicht an Förderprojekten beteiligen, sondern Geräte zur Ölförderung kaufen und vermieten.

Unseriöse Anbieter und Vermittler dürften sich auch verstärkt dem Wohnungsmarkt zuwenden. „Für Immobilienverkäufer ist die BaFin ebenfalls nicht zuständig“, sagt Anwalt Brinkmöller. Eine Folge der Regulierung könnte somit eine neue Welle von Schrottimmobilien sein, die Kleinverdienern mithilfe überzogener Prognosen angedreht werden.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%