Vorteil der Restrukturierung in der Insolvenz sei, dass eine „Entschuldung der Gesellschaft auch gegen den Willen von Gläubigern und Aktionären möglich“ sei. Eine „Enteignung“ der Altaktionäre, beispielsweise durch die Umwandlung von Schulden in Aktien (Debt to Equity-Swap), sei „denkbar“. Weiterer Vorteil: „In der Regel“ sei ein „höherer Haircut“ möglich. Dürfte heißen: Anleiheanleger müssen auf mehr Geld verzichten als außerhalb der Insolvenz. Gelobt wurde die Schnelligkeit des Verfahrens. Das Risiko, dass Gläubiger sich gerichtlich gegen den Insolvenzplan wehrten, sei „seit ESUG erheblich reduziert“.
Die Idee hinter der Gesetzesreform ist durchaus honorig: Die Bundesregierung wollte es Unternehmern ermöglichen, ihren Betrieb selbst zu sanieren – schon bevor das Unternehmen endgültig zahlungsunfähig ist. Nach altem Recht hielt die Angst, die Kontrolle über die Firma völlig zu verlieren, viele Chefs davon ab, zum Insolvenzgericht zu gehen. Erst wenn die Pleite unabwendbar war, beantragten sie Konkurs – zu spät: Betriebe kollabierten, Jobs gingen verloren. „Wenn wir als Insolvenzverwalter in die Unternehmen kamen, war für die Gläubiger oft nicht mehr viel zu holen“, sagt der erfahrene Berliner Verwalter Rüdiger Wienberg.
Die Reform sollte das ändern: Der Chef kann selbst einen Insolvenzplan zu Papier bringen, in dem steht, wie saniert werden soll. Sein Sachwalter wird zwar vom Gericht benannt, aber er darf ihn vorschlagen. Der Sachwalter hat eine schwächere Position als ein vorläufiger Insolvenzverwalter in herkömmlichen Verfahren: Der Insolvenzverwalter muss Geschäftsentscheidungen zustimmen, der Sachwalter überwacht die Geschäftsführung nur.
Kritik von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger
Dass er denen gegenüber, die ihm diesen Job verschafft haben, nicht allzu streng auftritt, liegt nahe. Wenn in einem Unternehmen die kreditgebenden Banken oder Großaktionäre Schlüsselstellungen besetzt haben, besteht die Gefahr, dass Sachwalter und Management vor allem in deren Sinne handeln.
Banken, Hedgefonds und andere Finanzunternehmen hätten „Insolvenzverfahren als unregulierten Nebenmarkt entdeckt“, warnt der Verband der Insolvenzverwalter VID. „Damit sind neue Player ins Spiel gekommen, die nicht primär an Sanierung interessiert sind, sondern ausschließlich an kurzfristigem Gewinn – zum Schaden der Gläubiger.“ Und Daniel Bauer, Vorstand der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), kritisiert: „Das neue Insolvenzrecht ist nichts anderes als ein gesetzlicher Anreiz, eine Rückzahlung nicht vorzunehmen. Es ist für Unternehmen nun höchst attraktiv, aktiv ein Insolvenzverfahren einzuleiten.“